gab es in Cheyenne unzählige Bordelle und Saloons. Zudem hatten sich in den letzten Jahren zahlreiche Viehbarone in der Gegend angesiedelt.
Für einen Weidenreiter, der knochenharte Sattelarbeit gewohnt war, würde sich dort bestimmt eine Anstellung finden lassen.
Cassidy zügelte sein Pferd. In aller Ruhe zog er seinen Beutel mit dem Tabak hervor und drehte sich eine dünne Zigarette. Er riss ein Streichholz an und führte die kleine Flamme an seinen Glimmstängel. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen inhalierte er den Rauch.
Er stutzte, als er eine Staubwolke am vor Hitze flimmernden Horizont erkannte. Im Juli war es verdammt heiß in der Gegend. Gab es außer ihm noch andere Reiter in dieser verlassenen Einöde?
Nur wenige Augenblicke später konnte er mit seinem geschärften Blick einen Planwagen erkennen, der mit halsbrecherischem Tempo durch die Prärie raste.
Wenn der Wagen über einen Stein rumpelte, konnte ein Rad brechen. Wenn das geschah, würde es einen grauenvollen Unfall geben, den kaum jemand überleben würde.
Kein Mensch, der halbwegs bei Sinnen war, trieb seine Pferde zu solcher Eile an. Cassidy kannte nur einen einzigen Grund für eine dermaßen waghalsige Fahrt: Flucht.
Jetzt war sein Interesse geweckt. Als er die Konturen von drei Verfolgern ausmachte, zögerte er keine Sekunde. Er hatte noch keinem Menschen in Not seine Hilfe verwehrt.
Cassidy nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette. Dann drückte er seinem Schwarzen die Fersen in die Flanken. Sein treuer Begleiter ging auf der Hinterhand hoch. Wenige Augenblicke später näherte er sich seinem Ziel in gestrecktem Galopp.
Cassidy folgte den Reitern ungesehen. Bevor er eingriff, musste er wissen, was die Kerle mit den zerschlissenen Staubmänteln vorhatten.
Als der Planwagen zum Stehen kam, verbarg er sich mit seinem Schwarzen hinter einem großen Felsen. Da er in seinem bisherigen Leben mehr Zeit in der Wildnis als unter Menschen verbracht hatte, verfügte er über ein ausgezeichnetes Gehör. Was ihm nun zu Ohren kam, gefiel ihm aber ganz und gar nicht.
Die Bastarde wollten sich doch tatsächlich mit Gewalt nehmen, was eine Frau nur verschenken konnte: Ihren Körper.
Natürlich hatte Cassidy nichts gegen eine heiße Nummer mit einem rassigen Weib einzuwenden. Schließlich war auch er nur ein Mann, der den sinnlichen Körper einer schönen Frau durchaus zu schätzen wusste. Er hatte schon oft in den Armen – und zwischen den Schenkeln – einer willigen Geliebten gelegen. Aber jede Lady musste selbst entscheiden, mit wem sie die Nacht verbringen wollte!
Als ein Schuss bellte, zog er seinen Peacemaker aus dem Holster. Aus seinem Versteck heraus beobachtete Cassidy, wie ein glatzköpfiger Strolch die Frau in den Wagen zerrte. Ihm folgte ein schlaksiger Kerl, der auf einem Zigarrenstumpen kaute.
Der dritte Reiter blieb auf seinem Pferd sitzen. Mit wachsamen Augen beobachtete er die Gegend.
Einen Moment lang überlegte Cassidy, den Verbrecher mit einem gezielten Schuss einfach aus dem Sattel zu heben. Damit würde er seine Kumpane aber auf sich aufmerksam machen. Wenn die Luft bleihaltig wurde, konnte die Frau verletzt oder sogar getötet werden. Außerdem schoss er niemals jemanden feige in den Rücken.
Das würde er sich niemals verzeihen!
Er musste sich auf seine guten Reflexe verlassen. Bisher hatte Cassidy noch keinen Mann getroffen, der schneller zog als er. Mit zusammengekniffenen Lippen schob er den Peacemaker wieder in das Holster. Dann lenkte er den Rappen aus seinem Versteck und näherte sich dem Planwagen im Schritttempo.
Als ihn der Ganove bemerkte, richtete er den Lauf seiner Waffe auf den Abenteurer. Cassidy ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Er zügelte sein Pferd erst, als er nur noch eine Armlänge von seinem Gegner entfernt war.
Der Schurke sah ihn herausfordernd an. »Was willst du hier?«
Aus dem Inneren des Wagens ertönte plötzlich ein Schrei, der abrupt abbrach.
Cassidy musste schnell handeln, bevor die Mistkerle ihrem Opfer etwas antun konnten.
»Ich habe gehört, dass es hier eine scharfe Braut gibt.« Mit einem Kopfnicken deutete Cassidy auf den Planwagen. »Ich wollte mir die Kleine nur mal ansehen.«
»Das Weib gehört uns. Verschwinde, oder ich ballere dir eine Kugel zwischen die Rippen.«
»Eine Frau gehört niemandem. Hat dir deine Mutter denn keinen Respekt beigebracht? Dann werde ich das wohl übernehmen müssen.«
»Friss Blei, Cowboy!«
Bevor der Ganove einen Schuss abgeben konnte, rutschte Cassidy aus dem Sattel. Im Fallen zog er seinen Peacemaker und schlug den Hahn zurück. Seine Kugel traf den Galgenvogel zwei Fingerbreit über dem Herzen. Mit einem Aufschrei fiel er in den Staub.
Der Abenteurer rollte sich ab. Mit einem Hechtsprung erreichte er den Wagen und verbarg sich darunter.
Gerade noch rechtzeitig, denn schon kam der Glatzkopf aus dem Planwagen gestolpert.
»Was zur Hölle ist passiert?«
Aus seinem Versteck heraus konnte Cassidy sehen, wie er sich neben seinen toten Kumpel kniete. Dann stand er wieder auf und sah sich um. Aus seiner Perspektive konnte er Cassidy unmöglich erkennen. Wahrscheinlich vermutete er ihn hinter einem der Felsen.
»Du bist ein toter Mann«, redete er bewusst laut. »Ich weiß, dass du hier noch irgendwo bist. Wenn du nicht sofort aus deinem Versteck gekrochen kommst, werde ich deinen Gaul erschießen.«
Mit einem mechanischen Klicken schlug er den Hahn seines Colts zurück. Cassidy zögerte keinen Augenblick. Er handelte sofort. Mit seinem scharfen Blick visierte er die staubigen Stiefel seines Widersachers an. Dann zog er den Abzug durch.
Mit einem Aufschrei fiel der Angeschossene zu Boden. Jetzt wusste er, wo Cassidy sich verborgen hatte! Der Glatzkopf sah den Abenteurer hasserfüllt an. Dann richtete er den Lauf seiner Waffe, die er noch immer in der Hand hielt, auf Cassidy.
Sekundenbruchteile später peitschte ein weiterer Schuss auf.
Nachdem er Drifter seinem Feind ein hübsches Loch in die Stirn gestanzt hatte, robbte er unter dem Wagen hervor … und blickte direkt in die Mündung eines Sechsschüssers.
Der Kerl mit dem Zigarrenstumpen im Mund sah ihn verächtlich an. »Du hast meine Freunde gekillt und mich bei einem Date mit einer hübschen Lady gestört. Dafür werde ich dir eine Kugel verpassen.«
Wenn Cassidy sich aus seiner misslichen Lage befreien wollte, musste er sich sofort etwas einfallen lassen. Auch wenn er seinen Peacemaker noch immer in der Hand hielt, würde er den Arm nicht mehr rechtzeitig hochreißen können. Bevor er feuern konnte, hatte ihn dieser Widerling schon mit Blei gespickt wie einen Hasenbraten mit Speckstückchen.
Der Verbrecher schien seine Gedanken erraten zu haben, denn plötzlich verzogen sich seine Mundwinkel zu etwas, das bei freundlichen Menschen wohl ein Lächeln gewesen wäre. »Du wirst deine Waffe nicht mehr rechtzeitig abfeuern können. Du bist ein toter Mann. Wenn ich dich erledigt habe, werde ich mich in Ruhe mit der scharfen Braut vergnügen. Da du meine Begleiter getötet hast, werde ich nun ihr Gefährte sein. Das könnte sogar ganz nett werden. Welcher Mann träumt nicht davon, in seinem Wagen ein rassiges Weib zu haben, mit dem er sich nach Belieben vergnügen kann? Wenn ich es mir recht überlegte, hast du mir sogar einen Gefallen getan. Nun muss ich die hübsche Lady mit niemandem mehr teilen. Leb wohl, Cowboy. Du wirst verstehen, dass ein Gentleman keine Frau warten lässt.«
Mit diesen Worten schlug er den Hahn der Waffe zurück. Dann bellte ein Schuss auf.
*
Als der Glatzkopf Ruth in den Wagen zerrte, wusste sie, dass es vorbei war. In den nächsten Stunden würde sie den Galgenvögeln auf jede Art zu Willen sein müssen.
»Was ist das denn hier für ein Zeug?«
Ihr Peiniger warf sie auf die schmale Pritsche, die ihr als Nachtlager diente. Dann begutachtete er die Gläser und