G.F. Waco

Waco 10 – Western


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Meilen haben sie noch, Captain«, gibt Torpin heiser zurück. »Sie kommen schnell. Roggers fragt, was werden soll.«

      Marlon winkt den anderen, weiter zu reiten, während er zur Seite lenkt und mit Maxwell hält.

      »Es ist doch immer gut, eine Nachhut als Sicherungsstreife zu haben«, sagt Marlon dann kühl. »Charles, reite mit Torpin zurück. Ihr blockiert den Weg durch das Tal hier.«

      »In Ordnung, John«, antwortet Charles Maxwell knapp. »Ive, haben sie euch gesehen?«

      »Sind wir Narren, uns blicken zu lassen?« erwidert Ive Torpin beleidigt. »Keine Sorge, Graukopf, sie haben nichts von uns erblickt. Captain, sollen wir danach noch sichern? Es ist nicht mehr weit zur Grenze.«

      »Sichern – rechts und links«, brummt Marlon scharf. »Keine Minute schlafen, verstanden?«

      Für Marlon ist die Sache bereits erledigt. Er war geschickt genug, ihre Fährte kurz vor dem Morgengrauen über das Gebiet der kahlen Felsen am Maravillas Canyon führen zu lassen. Dabei ritt er einige Meilen nach Süden, um wieder nach Osten abzubiegen. Dieser Trick hat sich bezahlt gemacht. Von all den ausgeschickten Suchtrupps scheint nur einer die wahre Fluchtrichtung Marlons erkannt zu haben. Der Suchtrupp ist zu klein, um Marlons Bande gefährlich zu werden. Keiner der beiden Vorreiter hat bis jetzt irgendwo Staubwolken gemeldet. Marlons Taktik, im steinigen Gelände zu bleiben, zahlt sich wieder einmal aus. Dennoch macht sich Marlon einige Sorgen wegen der nun notwendigen Schießerei. Das Echo von Schüssen ist meilenweit zu hören. Es könnte andere Suchtrupps, die vielleicht an der Grenze herumstreifen, anlocken.

      »Patty!«

      Marlons scharfer Zuruf gilt einem der Reiter. Der Mann, ein rothaariger, finster blickender Bursche aus Houston, dreht sofort den Gaul.

      »Captain?«

      »Nach vorn, den anderen Bescheid geben. Richtung vom Tal aus steil nach Süden!«

      »Was? Captain, so kurz vor der Grenze…«

      »Die Dämmerung kommt bald. Wenn jemand an der Grenze lauert, wird er bei dem Gekrache von Schüssen herkommen. Wir weichen nach Süden aus und benutzten die Höhen am Reegan Canyon, verstanden? Ich kümmere mich selbst nachher darum. Laß sofort die Richtung ändern, Patty!«

      »In Ordnung, Captain.«

      Er schafft es, sagt sich Patty, als er davonjagt. Wenn nur kein anderer Suchtrupp in der Nähe ist und bei der Knallerei gleich heranjagt. Na, es wird schon gutgehen. Bis jetzt haben wir nie Pech gehabt.

      Hinter ihnen verschwinden Maxwell und Torpin. Sie erreichen hinter dem Hang am Eingang des Tales Vic Roggers. Maxwell steigt hastig ab, wirft einen Blick nach Norden und kraust die Stirn.

      Dort unten im vorletzten Tal zeigt sich eine Staubfahne. Sie ist nur dünn und läßt die vier Verfolger gut sichtbar werden.

      »Sie reiten rechts der Fährte«, stellt Maxwell fest. »Das werden sie auch im Tal hier tun. Lassen wir den Eingang frei und suchen wir uns die breiteste Stelle aus. Sie sollen glauben, daß hier niemand ist und sie ungefährdet einreiten können. Sollte mich wundern, wenn sie nicht den Talausgang umgehen und den Hang drüben hochkommen. Wir müssen sie eher packen. Vic, keinen umbringen, nur die Pferde, verstanden?«

      »Tote reden und beißen nicht mehr!« grimmt der wilde Roggers. »Ich möchte wissen, wozu du bei uns bist. Ach, ja, ich vergesse immer, daß du schon ewig bei Marlon bist.«

      Maxwell antwortet nicht. Er steigt wieder auf sein Pferd und treibt es wortlos an.

      Roggers ist das reinste Gift, denkt der grauhaarige Mann bitter, so jung und so wild, schnell mit dem Colt wie eine Viper beim zubeißen.

      Der alte Charles Maxwell schließt sekundenlang die Augen. In diesem Moment schwört er sich, John Marlon zu erschießen, ehe sie ihn hängen könnten. Nicht die Sucht nach Abenteuern hat Marlon zum Banditen werden lassen. Es waren die Umstände. Ein John Marlon soll nicht hängen.

      *

      Roggers pfeift schon wieder mal den Texas Song – und Torpin flucht bissig: »Hör auf, Mensch! Sollen sie uns hören, wenn sie uns schon nicht sehen können?«

      Vic Roggers schließt die Lippen einen Moment, dann sagt er spottend: »Hast du Nerven, Torpin? Oder hast du was gegen den Song, he?«

      »Gegen den und deine verdammte, künstliche Kaltblütigkeit«, zischt Torpin zurück. »Pfeifen, wenn diese Burschen kommen – und dann dieses verdammte Lied. Ich weiß langsam, daß du Texaner bist, Mister.«

      »Sicher, und du ein Yankee«, stichelt Roggers. »Da hinten kommen deine Brüder, Mann.«

      Torpin will sich wütend aufstemmen, aber in diesem Moment tauchen die vier Reiter am Eingang des Tales auf.

      »Ruhig, ihr Narren«, faucht Maxwell finster. »Streitet euch sonstwann, aber nicht grade jetzt. Da sind sie. Verdammt, sie halten an!«

      Die vier Verfolger reiten plötzlich auseinander. Jeweils zwei Mann nehmen eine Hangseite. Die Verfolger haben ihre Gewehre hoch und reiten vorsichtig zwischen die Felsen.

      »Alle Teufel, die sehen sich ja um«, stottert Roggers überrascht. »Charlie, wenn sie auf unsere Spur stoßen, dann…«

      »Sagte ich dir nicht, sie würden vorsichtig sein?« knurrt Maxwell. »Da haben wir es, sie wittern etwas. Mann, da ist ein Sheriff.«

      »Ein Sheriff«, knirscht Roggers beim Anblick des Sternfunkelns zwischen den Zähnen. »Noch so ein verdammter, schmutziger Yankeesheriff.«

      Für Sekunden vergißt er sogar, daß man sie entdecken könnte. Roggers beobachtet nur, unter einem Felsblock im Schatten liegend und zwischen zwei anderen wie durch eine Schießscharte sehend, daß der Sheriff den anderen Hang entlangreitet. Die beiden anderen Männer nähern sich dem Versteck der drei Banditen schnell.

      »Runter«, sagt Maxwell leise. »Deckung, vorbei lassen, verstanden? Nicht rühren!«

      »Sie sehen die Pferde.«

      »Nein, sie sind zu weit oben«, antwortet Maxwell. »Unsere Pferde stehen unten hinter Felsen, sie sehen sie nicht.«

      Von drüben kommt der scharfe Ruf des Sheriffs. Dann verstummt das Hufgeklapper keine sechzig Yard seitlich der drei Männer. Auch die beiden anderen Burschen des Suchtrupps halten nun an. »He, was gefunden, Carpenter?«

      »Nichts, Sheriff, sie sind glatt durchgeritten mit den Pferden, keine Sicherungen!«

      Die Stimme des einen Reiters auf dem nur sechzig Yard entfernten Hang klingt so deutlich durch die Abendluft, daß Maxwell jedes Wort genau versteht.

      »Also, runter, und sehen wir zu, daß wir sie bald überholen und ihnen den Weg verlegen«, sagt der zweite Mann heiser. »Carpenter, ob noch andere Suchtrupps hier unterwegs sind?«

      »Rechts von uns am Boquillas Canyon müßten welche sein«, erwidert Carpenter laut. »Möchte wissen, wo die anderen stecken. Sieben Suchtrupps in allen Canyons…«

      Das andere verliert sich im donnernden Hufschlag. Die vier Männer reiten wieder aufeinander zu und treffen sich in der Mitte des Tales.

      Die Canyons, denkt Charles Max­well bitter, das also war es, darum haben sie uns gefunden. Sie kontrollieren alle Canyons, weil dort nur jemand sein kann, der schnell verschwinden muß. John hat die richtige Nase gehabt. Wir müssen nachher über Felsen und die Canyonsenke vermeiden. Gut daß ich es weiß.

      »Laßt sie vorbei«, zischt er den beiden anderen zu. »Erst schießen, wenn sie sich wieder sicher fühlen und die Sonne sie anscheint.«

      Einen schnellen Seitenblick wirft Maxwell noch auf Roggers. Der junge Bursche bewegt sich wie eine Raubkatze. Er schiebt sich an den einen Felsen, nimmt das Gewehr hoch und hat ein seltsam dünnes, gefroren wirkendes Lächeln auf den Lippen.

      »Roggers, nur die Pferde«, sagt ­Maxwell leise. »Nur auf die Pferde feuern, verstanden?«

      In diesem Augenblick sind