G.F. Waco

Waco 10 – Western


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verschwunden sind, läßt in wenigen Sekunden die Stimmung der Männer umschlagen. Belmont und Chapman hatten einen bestimmten Auftrag.

      Torpin, nach Maxwell der dritte Mann in Marlons Rudel, erhebt sich mit einem jähen Ruck. Der hagere Mann drängt sich zu Marlon durch und fragt leise: »Was ist passiert, sie müßten doch längst im Camp sein? Captain, man wird sie doch nicht erwischt haben?«

      »Wir werden es herausfinden«, erwidert Marlon gelassen. »Raus mit euch, bezahlt und auf die Pferde. Tragt Patty zu seinem Gaul, wir müssen weg hier.«

      Rollins steht dabei. Er schielt noch stärker als sonst und schiebt sich an Marlon heran.

      »Mr. Marlon, die beiden werden doch nicht über mich reden? Ich meine, wenn man sie erwischt hat und…«

      »Jeder von uns weiß, daß er schweigen muß, wenn er wieder befreit werden will«, antwortet Marlon kühl. »Keine Sorge, Rollins, sie reden schon nicht. Wir müssen mit jeder Möglichkeit rechnen. Ich bin nur vorsichtig. Es gibt keinen Hinweis, daß man sie erwischt haben könnte. Raus mit euch, schnell!«

      In weniger als einer Minute ist der Saloon leer. Von draußen kommt ein Stöhnen Pattys. Marlon verläßt den Saloon durch die Hintertür. Er hat sein Pferd und das Maxwells im Hof abgestellt. Als er die Zügel von einem Haken am Stall löst, tritt Sue Farrow um die Stallecke.

      »Mr. Marlon?«

      »Hallo, Miss«, sagt Marlon leise. »Nun, dies ist kein Platz für ein Mädchen wie Sie. Ich wollte, ich könnte Ihnen helfen.«

      »Das haben Sie schon getan«, antwortet Sue stockend. »Ich bin Ihnen sehr dankbar. Sam Rollins ist mein Vormund, ich kann hier nicht weg, ich wüßte auch nicht wohin. Danke Mr. Marlon, Sie sind ein guter Mensch.«

      Jetzt zeigt sich Rollins, und das Mädchen flüchtet um die Ecke zurück in die Dunkelheit. Rollins sieht seine Nichte nicht. Marlon steigt auf und nimmt das Pferd herum.

      »Keine Panik, Rollins«, brummt er scharf. »Wir werden bald wissen, was passiert ist.«

      »Mir ist etwas eingefallen«, sagt Rollins. »Jake Belmont hat ein Girl in San Carlos. Da gibt es eine Bodega, das Mädchen arbeitet dort. Vielleicht ist er bei ihr?«

      »Woher weißt du von dem Girl, Rollins?«

      »Ich höre viel. Man erfährt immer einige Dinge, Mr. Marlon. Ich wollte es nur gesagt haben.«

      Marlon nickt kurz, reitet aus dem Tor und bemerkt Maxwells Seitenblick.

      »Er ist eine Ratte«, stellt Maxwell finster fest. »Ich möchte ganz gern mal erfahren, was der Kerl alles weiß. John, das Mädchen mag dich, glaube ich.«

      John Marlon sieht weg und spuckt aus.

      »Sie sind ein guter Mensch?« sagt er zweifelnd. »Ich war das nie, Charles, und ich werde es niemals sein können, jetzt nicht mehr. Die Würfel sind gefallen.«

      »Bestimmt?« fragt Maxwell zweifelnd. »John, du hast immer noch eine Chance, aufzuhören. Denke an deinen Bruder Lee, er sucht dich seit Monaten. Lee verdient ein Lebenszeichen von dir, statt nur Steckbriefe lesen zu müssen.«

      »Ich will nicht mehr zurück, ich kann auch nicht mehr«, gibt ihm Marlon zu verstehen. »Kein Versuch, mich umzustimmen, Max. Hallo, Ive, komm her.«

      »Captain?«

      »Ive, wie heißt das Girl in San Carlos?«

      Ive Torpin zuckt zusammen. Zwischen den Männern besteht eine Abmachung, alle privaten Dinge Marlon zu melden. Sein Zusammenzucken beweist Marlon etwas.

      »Nun, ich warte, Ive.«

      »Eh, Serata Morleno, Captain. Ich glaube, Jake kennt sie erst ein paar Wochen. Er wollte nicht, daß du es weißt, weil du ihn damals geschlagen hast. Er dachte, du würdest ihm den Ritt nach San Carlos verbieten, weil es nicht unsere Route ist. Captain, Jake ist manchmal seltsam.«

      »Manchmal?« fragt Marlon scharf. »Wir reden noch darüber, wie es mir gefällt, wenn man Abmachungen bricht, Ive. Mag sein, daß wir ein ziemlich freier Verein sind, aber Disziplin muß auch bei uns sein, sonst bricht alles auseinander. Hast du begriffen, Ive, und du auch, Patty?«

      »Ich war betrunken, ich dachte – ich wollte einen Spaß mit dem Mädchen…«, stottert Patty verlegen. »Captain, es war nur ein Spaß.«

      »Ein verdammt trauriger!« faucht Marlon. »Ive, du führst vorläufig kein Kommando mehr. Vic, du hast das Kommando bis zum Versteck oben.«

      Er wendet sich im Sattel um, mustert seine Männer und Ive Torpins bleiches Gesicht. Entscheidungen wie diese müssen sein, um jedem klarzumachen, daß es kein Ausbrechen gibt.

      »Ich reite mit Max nach San Carlos«, sagt Marlon dann. »Ist Jake dort, kommt er ins Fegefeuer. Ich erwarte für den Abend seinen Bericht. Jetzt ist es gleich Morgen. Verstärkte Sicherungen im Camp, verstanden?«

      Danach zieht er sein Pferd herum und winkt Maxwell. Jeder Mann weiß, was er im Fall einer Entdeckung zu tun hat. Das Versteck der Bande liegt mitten in den Bergen und ist so unzugänglich, daß man es kaum finden kann. Droht den Banditen eine Gefahr, ziehen sie sich sofort über drei Fluchtwege zurück, von denen jeder in eine andere Himmelsrichtung führt.

      Schweigend reitet Marlon auf die Grenze zu. Es ist nicht weit bis dorthin. Und da noch Suchtrupps wegen der gestohlenen Pferde unterwegs sein könnten, beeilt sich Marlon. Erst eine halbe Meile von Black Hill entfernt hüstelt Maxwell heiser.

      »John, was machst du, wenn du ­Belmont dort findest?«

      »Ich jage ihn zum Teufel!«

      »John, er taugte nie etwas. Wenn der Kerl auf hundert Meilen Brandy riecht, ist er nicht mehr zu halten. Aber du müßtest ihn umbringen. Jake Belmont ist gefährlich, er könnte sich rächen.«

      »Nun, vielleicht bringe ich ihn um.«

      Das ist alles, was Marlon noch sagt.

      *

      Belmont steht auf, torkelt zur Luke und blickt hinaus.

      »Oh, verdammt, mein Schädel«, keucht er und hält sich den Kopf. »Was war denn bloß los? Wir kamen her, wir tranken ein paar Gläser, dann hat sie getanzt. Richtig, Serata hat für mich getanzt. Dann haben wir getrunken und ich war doch bei ihr auf dem Zimmer? Verdammt will ich sein, wenn ich nicht bei ihr war.«

      »Ja, du warst nicht hier, als ich schlafen ging, du wolltest gleich kommen, ich erinnere mich dunkel«, antwortet Chapman stockheiser. »Mann, wir wollten gestern um diese Zeit im Camp sein.«

      Belmont nimmt die Hände vom Kopf, wankt zu seinem Lager und läßt sich fallen. Plötzlich erinnert er sich an seine prächtige Idee, einen Abstecher nach San Carlos zu machen. Es sollte nur ein kurzer Besuch werden, er wollte nur einen Drink mit Serata nehmen und gleich wieder aufbrechen. Statt dessen müssen sie sich derart betrunken haben, daß sie wie die Toten geschlafen haben.

      »Hol’s der Satan, passiert ist passiert. Ich kann auch mal meinen Spaß haben, was? Wir reiten jetzt los. Komm, lüfte dich an, Mister.«

      Belmont wankt hoch, klettert dann ächzend und stöhnend die Leiter hinab. Der Schuppen ist ein Hausanbau, und als sie in die Abendsonne treten haben sie das Gefühl, einen Schlag auf den Kopf zu bekommen. Der billige Tequila hat ungeahnte Nebenwirkungen.

      »Hölle und Pest«, gurgelt Belmont finster und hält sich an der Schuppentür fest. »Bin ich denn immer noch besoffen, Mann? Komm mit, wir müssen was essen. Und dann verschwinden wir.«

      Sie taumeln über den Hof, blicken in die Bodegaküche, finden sie aber leer.

      Belmont sieht sich kurz um, dann schneidet er sich ein Stück der knochenharten Eselswurst ab und stopft es zwischen die Zähne. Kauend schiebt er sich durch den Gang hört aus dem Bodegaraum Gelächter und bleibt stehen. Er kann deutlich Seratas Stimme unterscheiden. Nach einem Knurren tappt Belmont vor Chapman her bis an die Tür der Bodega weiter durch den Gang. Dann stößt er die Tür mit einem Ruck auf.