her warf.
„Temperament hat sie ja“, stellte Larry fest.
„Der Himmel bewahre mich vor so einer Frau“, brummte ich. „Ich warte noch, bis sie Stellcass bringen, dann kannst du mich in die Stadt fahren. Ich schlafe jeden Augenblick im Stehen ein.“
„Häuptling, Häuptling, ich bin enttäuscht‟, meinte Larry kess. „Im Film halten die G-men tagelang und nächtelang ohne Schlaf aus, und du bist schon nach einer schlaflosen Nacht müde. Dabei ist es erst Nachmittag.“
„Ich hatte noch nie Talent zum Filmstar. Sag mal, was steckt da in deiner Seitentasche? Schleppst du da deine Campingausrüstung mit?“ Ich wies auf seine ausgebeulte Jackentasche.
Er grinste. „Nicht ganz. Aber zwei Sandwiches sind drin.“
Ich musste es gerochen haben. Mein Magen befand sich sozusagen haarscharf über den Zehenspitzen, so hungrig war ich. „Spendier mal einen davon“, sagte ich.
Er zog sie heraus. Als er auspackte, sah ich, dass das Weißbrot mit einer scharfen Knoblauchwurst belegt war, Larrys neueste Leidenschaft, die ich nicht teilte. Die Wurst war scharf wie Höllenfeuer, und trotzdem war mein Hunger größer als die Abneigung.
„Auch das noch“, stöhnte ich. „Diese Teufelspaste wird mir den Schlund ätzen. Aber gib schon her!“
Er lachte und reichte mir eines der Sandwiches. Ich biss herzhaft hinein und zunächst merkte ich gar nicht viel. Doch dann hätte ich einen Sprengwagen austrinken können. Mir war, als hätte ich Salzsäure genossen.
Larry, der das andere Stück aß, zeigte keine Regung. „Das legt sich bald, Rex“, meinte er tröstend. „Nur trinken darfst du nicht. Das macht es nur schlimmer.“ Der hatte Nerven.
15
Gegen 23 Uhr stand ich auf. Zwar fühlte ich mich zunächst wie gerädert, doch nach einer kühlen Dusche wurde mir besser. Ich hatte ein paar Stunden im Hotel geschlafen. Wie es hieß, wusste ich nicht einmal, denn Larry hatte mich bis in den Hof gefahren und zum Zimmer gebracht, das seit gestern für mich reserviert war. Nun hatte ich es wenigstens auch mal benutzt.
Nach dem Rasieren sah die Welt erheblich freundlicher aus. Ich warf mich in den Anzug und fuhr im Lift nach unten. Dort widmete ich mich erst einmal intensiv einem ausgiebigen Abendessen, das — man höre und staune — durch niemanden und nichts gestört wurde.
Das dicke Ende kommt immer zuletzt, heißt es. Ich steckte mir gerade eine Camel an, da erschien der Sachverständige für Sprengungen, Martin Harper. Er kam direkt auf mich zu, nachdem er sich umgesehen und mich entdeckt hatte.
Es war offenbar ein besseres Hotel mit befrackten Kellnern und einem Service, der zusätzlich viel Geld kostet. In diesem Falle nicht das meine. Desto mehr aber fiel Harper in seinem verblichenen Trenchcoat auf, dem von Wetter und Sturm zerbeulten Hut.
Diesen Hut schlenkerte er nonchalant auf einen Stuhl, und der Kellner, der in der Nähe stand, wandte sich indigniert ab. Dann drehte er sich wieder um und strafte Harper mit einem Blick tiefster Verachtung.
Harper bemerkte das alles offenbar nicht. Er ließ sich schnaufend neben mir nieder, drückte mir einen Brief in die Hand und sagte: „Inspektor, da ist etwas, das mir in den Händen brennt. Lesen Sie!“
Ich schlug den Bogen auf. Es war ein Zusatzbericht zu seinem Gutachten. Nachdem ich die übliche Einführung überflogen hatte, las ich:
„Bei den Aufräumungsarbeiten, denen ich beiwohnte, fanden sich zwei in Packpapier eingewickelte Päckchen. Sie wurden geöffnet, und folgende Gegenstände wurden gefunden:
1 Klischee, Rotplatte für Geldnotendruck 10-Dollarnote.
1 Klischee, Blauplatte für Geldnotendruck 10-Dollarnote.
1 Farbskale für rot und blau dieser Druckplatten.
1 Bogen 10 x 25 inch Seidenpapier mit dem Wasserzeichen HS — State Island (Papierfabriken Henderson & Sons, Newark).
2 Umschlagbogen dunkelblau als Verpackung der Päckchen, Herkunft unbekannt.“
„Und wo sind die Sachen? Sind sie echt?“, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, eben nicht. Unser Labor hat die Platten an Ihr Hauptquartier nach Washington geschickt. Hier ist das Fernschreiben.“ Er zog es aus der Innentasche und legte es mir vor.
Es war die Bestätigung von FBI, dass es sich um Fälscherplatten handelte, die unzweifelhaft aus der Werkstatt von Stellcass stammten. Man betonte, dass es sich um äußerst gute Kopien handele. Die Platten hatte FBI zur Sicherheit gleich eingezogen.
Bevor ich weitere Fragen stellen konnte, kam der Kellner.
„Sir“, sagte er, „Sie werden am Telefon verlangt.“
Ich bat Harper zu warten und ging in die Zelle am anderen Ende des Hauses. Es war ein Ferngespräch von Washington. Mein Chef Colonel Hagerty war an der Strippe.
„Hallo, Rex, wie sieht es bei Ihnen aus?“, fragte er.
Weil ich seine Stimme kannte, auch die Untertöne darin, ließ ich mich von der freundschaftlichen Anrede nicht irritieren. Der Boss war besorgt. Und er wollte wissen, wann wir hier fertig sein würden. Das hörte ich schon aus dem ersten Satz heraus. Ich irrte mich nicht.
„Es geht voran, im Augenblick sogar recht schnell.“ Ich gab mir Mühe, es ihm überzeugend darzulegen.
„Hören Sie mal, Rex, diese Bahn fällt mir mit ihrem Gedrängel auf die Nerven. Ich habe vor einer Stunde mit Larry Blackwell gesprochen. Über Dienstleitung. Ich würde Ihnen nach alldem raten, sich um die Girltruppe zu kümmern. Da besteht doch zweifellos eine Verbindung zur Collins, nicht wahr?“
Ich bemühte mich um Fassung. Natürlich hatte er recht, aber im Augenblick lagen die Dinge doch ganz anders. Und er kannte natürlich diese neuesten Umstände noch gar nicht.
„Sir“, sagte ich, „ich kann im Augenblick noch keine Prognosen stellen. Ich werde mich selbstverständlich um die Girls kümmern.“
„Also dann beeilt euch mal. Wenn die Bahn zu nervös wird, und die Presse verrückt spielt, geht der große Krach los. Ich möchte morgen ein Resultat sehen, Rex. Morgen kommt mittags der Aufsichtsratsvorsitzende von der A.P. & N.Y. zu mir.“
„Ich verstehe, Sir.“
„Also, dann macht es gut!“
Ich dankte und legte auf.
Als ich zu Harper zurückkam, war auch Larry dort. Er grüßte und fragte: „Hast du mit dem Häuptling gesprochen?“
Ich nickte.
„Ich vorhin auch. Zufrieden scheint er nicht zu sein.“
„Das bin ich auch nicht, Larry. Er hat etwas gegen Girls.“ Ich wandte mich Harper zu. „Und sonst hat sich nichts gefunden?“
Er schüttelte den Kopf.
Aber bei mir hatte sich das Bild abgerundet. Ich glaubte, dem Ziel sehr nahe zu sein.
16
Der Briefbogen war nicht beschrieben, er war beklebt mit Zeitungsausschnitten. Jeder enthielt nur ein Wort. Alle möglichen Schriftarten gaben sich ein Stelldichein. Doch so lustig, wie es aussah, war es keineswegs.
Da stand zu lesen:
„FBI auf falscher Spur — Stellcass sofort entlassen — Wenn morgen Mittwoch 12 Uhr mittags noch in Haft, sprengen wir Diamond-Brücke.
Freunde von Stellcass.“
Ich hatte diesen „Brief“ vor einer Stunde vom Staatsanwalt erhalten und nachher sorgfältige Untersuchungen angestellt. Jetzt saß ich dem Staatsanwalt wieder gegenüber. Um diese Unterredung