Baron in Ihrer herrschaftlichen mit Kunstschätzen überhäuften Villa direkt am Luganersee ist wie immer herzlich und unkompliziert, als wären wir Familienmitglieder aus dem Adel. Feinster Dom Perignion Champagner wird zum Apero serviert. Livrierte Diener umsorgen uns ohne aufdringlich zu wirken. Baron Thebben legt einen Arm gönnerhaft um Vanessa und führt uns durch seine Galerie. Erklärt uns voller Stolz seine neuesten Bildereinkäufe. Sein Hobby und seine Leidenschaft, er ist ein international anerkannter Kunstsammler und einer der reichsten Sammler weltweit, in der Villa Borrussima hängen über 200 Bilder mit einem unermesslichen Millionenwert. Zwei neue Picasso, ein Roy Lichtenstein, einige neue Namen von aufstrebenden Künstlern die bestimmt einmal Berühmtheit erlangen werden sind die neuesten Errungenschaften des Barons.
Das anschliessende Diner ist ausgezeichnet. Ein Hummersüppchen mit weissem Trüffel garniert eröffnet den Reigen der erlesendsten Gerichte. Dreifarbene ganz feine Nudeln an dezenter Champagnersauce mit Rahm und Lachsstreifen garniert bilden den Mittelgang. Anschliessend wird ein excellentes Minisorbet mit Minzenblättern serviert. Zum Hauptgang steht ein herrlicher, ganzer grillierter Schwertfisch wie aus Zauberhand geschaffen auf dem eleganten Mahagoniesstisch.
Nach dem Cafe und dem Genuss eines Armaniak, Jahrgang 1911 lädt uns der Baron zu einer nächtlichen Fahrt auf seinem neuen Offshore Abbate Motorboot ein. Ein dunkelblauer Technotraum mit 16 Metern Länge und 1200 PS wird direkt am villaeigenen Anlegeplatz festgezurrt. Natürlich machen wir mit und geniessen die rasante Nachtfahrt über den Luganersee durch die sternenklare, warme Sommernacht. Wir legen beim Casino in Campione an und der Baron kauft für uns alle, auch seinem Skipper je 1000 Euro Spielchips.
Oh, mein Schädel, dies war eindeutig zu viel Alkohol am Vorabend. Vanessa war wie immer viel vernünftiger und hat nur an den Gläsern genippt. Heute wollen wir weiter nach Italien bis Porto-Fino an der ligurischen Küste. Nach dem Genuss eines ausladenden Frühstücks auf unserer Suitenterrasse beschliessen wir noch einige Züge im Hotelpool zu schwimmen.
Vanessa schwimmt wie ein Delphin, sie taucht und prustet, sie krault und schwimmt wie ein Pfeil durch den Pool. Mehrere schwarzhaarige Männer auf ihren Liegen staunen als Vanessa die Pooltreppe emporsteigt. Knallroter Bikini, hell gebräunte Haut, lange Beine, üppiger Busen, lange blonde Haare, das ist eindeutig zu viel für diese Italiener, ich fürchte sie fallen alle in Ohnmacht.
1974, Sommer nach meinemInternatsabgang
Eine elegante, auffalend attraktive braunjahrige Schönheit, mit funkelnden schwarzen Augen steht mir gegenüber. Ich schätze sie auf Anfang 40.
Auch sie hat mich bemerkt und mustert mich jungen Mann mit offensichtlichem Wohlgefallen. Schliesslich bin ich 1,85 Meter lang, schlank und athletisch, trage einen dunkelblauen Blazer, ein blütenweisses Hemd und helle enge Jeans. Auch für eine Dame in den besten Jahren kann ich nicht übersehbar sein. Ich strahle sie mit meinem Winnerlächeln an und nicke ihr leicht zu. Ein verstehendes Lächeln umspielt ihren verführerischen Mund, sie ist eine unnahbare Dame mit Stiel und lässt sich nicht auf ein Abenteuer mit einem Jungspon ein, trotzdem, sie ist mir sehr sympatisch und erscheint mir äusserst begehrendswert.
Plötzlich durschneidet ein explosionsartiger Knall die Ruhe der riesigen USB-Bankschalterhalle. Eine Handgranate wurde in den Bereich der Bankangestellten geworfen und ist dort explodiert. Eine kurze unglaubliche Stille folgt. Unmittelbar darauf der Ausruf in italiensch akzentiertem Deutsch: Überfall, alle hinlegen, Gesicht nach unten, ein Feuerstoss aus einer automatischen Waffe gegen die Stukkaturdecke der Schalterhalle unterstreicht die Forderung der drei ganz in schwarz gekleideten und mit Kopfstrümpfen maskierten Männer.
Aus den Augenwinkeln kann ich beobachten wie einer der drei Bankräuber von einer am Kopf blutenden Bankangestellten Scheine erhällt und in eine Plasticktüte stopft. Ein schrilles Geräusch ertönt, einer der Bankangestellten konnte offensichtlich noch die Alarmanlage auslösen. Panik bricht aus unter den drei Räubern, dies war so sicher nicht eingeplant. Sie wenden sich sofort dem Ausgang zu, einer der Gangster kehrt kurz vor dem Ausgang und kommt genau auf uns zu. Ich realisiere sofort dass er eine Geissel mitnehmen will. Instinktiv lege ich meinen Körper über die zitternde Frauengestalt in meiner unmittelbaren Nähe. Ein peitschender Knall, mich durchzieht ein beissender Schmerz, alles um mich wird Nacht.
Ein Sonnenstrahl blendet mich, blinzelnd schlage ich die Augen auf. Ein Engel schaut mir direkt in die Augen. Also bin ich gestorben, aber im Himmel angekommen bei einem Engel. Nochmals schlage ich meine Augen auf, versuche einen weiteren Blick, wieder diese himmelblauen Augen mit dem leuchtenden Licht und der Klarheit von tiefen Bergseen. Der Engel hält sanft meine Hand und spricht mit mir.
Wie fühlen sie sich, bleiben sie ruhig und entspannt, sie sind in Sicherheit. Ich realisiere langsam das dies kein Engel ist, dies ist Realität und ich lebe noch. Wie aber kann ein Menschenwesen so schön sein, wie kann es einem so in die Augen sehen, mich durchfährt eine wohliges Gefühl von Ruhe und Sicherheit. Ein ganz in weiss gekleideter Mann steht am Fussende des Krankenlagers und spricht leise und trotzdem verständlich zu mir. Sie hatten grosses Glück, das Projektiel hat ihr Herz nur knapp verfehlt. Ein glatter Durchschuss, zwei Narben werden bleiben, weitere Komplikationen können wir jedoch ausschliessen, sie sind jung und gesund und werden das Krankenhaus in drei Tagen verlassen können.
Im Corriere del Ticino lese ich mit grossem Interesse den Ausgang des Banküberfalls der für mich so schmerzvoll endete. Die Gangster haben sich eine Frau die nicht beschützt wurde als Geisel genommen. Mit ihrem schnellen Alfa-Romeo sind sie, verfolgt von der Tessiner Kantonspolizei mit Tempo 200 über die Autobahn Richtung Chiasso gebrettert, der italienischen Grenze entgegen.
Ein Funkspruch der Tessinerpolizei liess die Carabinieri kurz vor Stabio eine Strassensperre mit einem Nagelteppich über die gesammte Breite der Autobahn auslegen. Die Reifen des Alfa platzen alle gleichzeitig, der Alfa überschläg sich mehrmals und bleibt auf dem Dach liegen. Zwei Gangster eröffnen das Feuer aus ihren Kalaschnikovs. Die Überzahl der Carabinieri fakelt nicht lange. Der Alfa samt Inhalt wird förmlich durchsiebt. Der Alfa geht in lodernden Flammen auf. Die junge Geisel war schon beim Überschlag des Wagens durch einen Genickbruch gestorben.
Der blonde Engel mit den wunderschönen blauen Augen und dem Antlitz einer Göttin ist entschwunden. Eine ältere aber sehr freundliche Krankenschwester erklärt mir, dass Schwester Vanessa nur aushilfsweise in der Notfallabteilung gearbeitet habe und das sie eigentlich Säuglingsschwester sei. Sie hat mir aber auch erzählt, dass Schwester Vanessa drei Tage und Nächte lang an meinem Krankenbett gewacht hätte als mein Zustand noch kritisch war.
Vanessa, Vanessa, ich habe mich sofort und total in sie verliebt, ich kann nur noch an sie denken. Eigentlich wollte ich ja jetzt meine Freiheit und die Welt geniessen, mich vergnügen und meine geplante Weltreise unternehmen. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, alles dreht sich in meinem Gedanken nur noch um dieses bezaubernde Wesen, Vanessa. Wie kann ich sie treffen, wird sie mich mögen, kann ich ihr meine Liebe gestehen. Plötzlich bin ich sehr unsicher, eines weiss ich, ich will sie und nur sie und immer sie.
Die Villa Principe Leopoldo, eine historische Villa, ehemalige Residenz eines Prinzen bietet einen wunderbaren Blick auf den Luganersee und den umliegenden Park. Hier habe ich die Suite bezogen um mich zu erholen von den Strapazen, aber insgeheim auch um in Lugano zu bleiben, in der Nähe von Vanessa. Obwohl ich heute eine persönliche Einladung von Baron Thebben erhalten habe kann ich mich nicht konzentrieren. Meine Gedanken umkreisen immer wieder Vanessa, wie kann ich sie kennenlernen, wie kann ich sie wiedersehen.
Die Einladung von Baron Thebben ehrt mich und sicher wird dies ein angenehmer und gesellschaftlich interressanter Abend mit vielen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft werden. Ein verwegener Gedanke keimt in mir auf und ich werde ihn umsetzen, kleine Notlügen die keinen Schaden anrichten sind auch für einen Gentleman erlaubt. Die Telefonistin des Krankenhauses in Lugano verbindet mich augenblicklich mit der freundlichen Schwester Beatrice die mich so informativ über den Wirkungskreis von Vanessa informiert hat. Sie verrät mir auch ohne Umschweife die Direktwahl zur Station in der Vanessa tätig ist, sehr nett, ob sie etwas ahnt. Vanessas angenehme Stimme erkenne ich sofort, hallo, guten Tag hier spricht Schwester Vanessa, was kann ich für sie tun. Mir bleiben die Worte im Halse stecken wie einem kleinen Schuljungen. Oh, oh hallo ich bin der