Thorsten Klein

Omnipotens


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der Augusta

       „Meine erste Berechnung hat sich vollkommen bestätigt.“

       Sophia Demeter atmete nach diesen Worten der Augusta auf. „Dann hat sie doch so geholfen, wie er es von ihr erwartet hat.“

       „Wann hat er sich schon je in einem Menschen getäuscht?“, kam ein Vorwurf der Augusta zurück.

       „Früher hat er das sehr oft. Aber das ist lange her. Er hat sich immer dann in ihm nahestehenden Menschen getäuscht, wenn er sie liebte, sie diese Liebe aber nicht erwiderten, obwohl er es glaubte.“

       „Das war so kompliziert, wie du es ausgedrückt hast. Aber es ist zum Glück lange her. Er weiß jetzt genau, wer ihn liebt. Catarina liebt ihn und das hat ihn gerettet“, erklärte die Augusta.

       „Zumindest seinen Geist“, konkretisierte Sophia Demeter.

       „Anders war es nicht möglich. Die Heilung Alexandras ging nur über den Tod Richard Kummers, den es nur solange geben musste, wie Alexandra krank war. Sein Geist wird einen Körper finden. Ich bin mir sicher, wir werden ihn irgendwann lebendig wiedersehen.“

       „Ich bin froh, dass der gestorben ist.“

       „Ich auch. Aber nur, weil ein toter Richard Kummer auch einen toten Robert Severe einschließt. Und das ist jedes Opfer wert.“

       „Bleibt nur noch il caskar“, erinnerte Sophia. „Seine Mutter bat um ein Gespräch. Aber der schwarze Herzog wollte keine Versammlung des Hohen Rates.“

      Ort: Terra Nostra, Pembroke Castle

       „Mein Gott, müssen wir wirklich wieder so eine langweilige Versammlung abhalten wie früher? Ich dachte, mit Alexandras Heilung wäre das Thema erledigt“, maulte der schwarze Herzog.

       Der Chevalier lächelte. Über den Herzog und über die Zukunft. „Wir haben wieder mehr Zeit, uns um uns selbst zu kümmern. Alles, was nun auf Psyche geschieht, benötigt nur noch unsere Kontrolle, aber nicht mehr unser Eingreifen.“

       „Sag ich doch“, gab der Herzog zurück, „also lassen wir diesen Versammlungsscheiß und überlegen lieber, wie wir es das nächste Mal schaffen, Catarina Velare im Schwertkampf zu besiegen.“

       „Bevor wir uns so wichtigen Überlegungen widmen, Königliche Hoheit, fehlen noch kurze Absprachen zur Zukunft Psyches. Wenn du dich also darauf konzentrieren könntest? Außerdem erwarten wir Besuch, wie du weißt. Ich hätte sie gern offiziell begrüßt. In einer Versammlung des Hohen Rates. Schließlich ist sie ein Gründungsmitglied“, erklärte der Chevalier seine Intentionen.

       „Ich wollte es aber nicht“, erwiderte der Herzog mit einem Unbehagen, das der Chevalier zwar verstand, aber, seiner Miene nach, nicht billigte.

       „Wie wollen wir dann die Absprachen treffen, die notwendig sind? Ohne ihre Zusammenarbeit geht nichts. Ich bin froh, dass sie eingewilligt hat. Auch wegen Sophia.“

       „Ich bin ebenfalls froh. Auch wegen Sophia. Aber das Gespräch möchte ich nicht offiziell machen.“

       „Hast du immer noch Angst vor ihr?“

       „Eher Scheu. Angst habe ich nur davor, dass sie meine schönen Pläne wegen ihrer unberechtigten Sohnesliebe zunichtemacht.“

       „Unberechtigt? Die Liebe zu ihrem Sohn? Lass sie sagen, was sie uns zu sagen hat.“

       „In einer Versammlung? Äußerst ungern. Wir lassen diese Versammlung ausfallen und ich fasse nur die Fakten zusammen. Und das auch nur für das Protokoll im MindNet“, erwiderte der Herzog mit einer Festigkeit, die dem Chevalier die Lust zu weiteren Diskussionen nahm.

      Der Herzog hatte inzwischen mit einem Räuspern die Verbindung zum MindNet hergestellt und sagte: „Huldrich und Gerrich sind beide Magister Militum Per Orientem. Die Ernennung ist schon vor langer Zeit erfolgt. Peta ist Magister Militum Per Occidentem, aber ohne sein Wissen und ohne offiziell ernannt worden zu sein. Es würde ihm nur zu Kopf steigen und er würde nur noch Blödsinn im Westen machen.“

       „Wäre er dann nicht ein noch viel würdigerer Nachfolger für dich, als er es jetzt schön ist?“, unterbrach der Chevalier spöttisch.

       „Ein würdiger Nachfolger? Wenn er Blödsinn macht? Wie kommst du darauf? Ich war berühmt für meine ernsthafte und seriöse Arbeit.“

       „Unbedingt. Ich nehme an, du wirst weiterhin ein Auge auf dein Hätschelkind Peta haben?“

       „Ich verhätschele niemanden. Verhätschelt habt ihr ihn. Ich werde dafür sorgen, dass er sich immer der Schlechtigkeit des Lebens allgemein und der Schlechtigkeit der Menschen im Besonderen bewusst ist. Nur so kann man die zu Besserem bringen.“

       „Gib ihm auch die Möglichkeit, eigene Ideen zu entwickeln.“

       „Deine Ermahnung ist unnötig. Er hat eigene Ideen. Manche davon sind sogar brauchbar. Zum Beispiel die, meinen Sohn Dietrichstein zum neuen Deutschen Kaiser zu machen.“

      Ort: Psyche, Schloss Ehrlichthausen

       „Ich soll wirklich Kaiser werden? Das war kein Scherz?“

       „Natürlich nicht. Wir werden es nur anders nennen müssen. Reichspräsident oder so ähnlich. Der Kaiser sitzt ja noch in seinem Schweizer Exil und hat Anspruch auf seinen Titel ohne Macht. Soll er ihn behalten“, erklärte Peta.

       „Reichspräsident? Ach so. Das ist natürlich etwas Anderes.“

       „Es ist nichts Anderes. Diese Republik hat viele Kinderkrankheiten. Die schwächen sie so, dass sie noch im Kindbett sterben könnte. Aber wir haben sie inzwischen rausgepäppelt. Die paar Räterepubliken und andere Geburtsfehler sind verheilt. Du wirst helfen, die Republik weiter am Leben zu erhalten.“

       „Als Reichspräsident? Indem ich aus dem fahrenden Auto oder vom Balkon runter winke? Danke, ich verzichte auf dieses Amt.“

       „Dann muss ich es dir schmackhafter machen: Der Reichspräsident wird nicht nur winken, sondern weitreichende politische Vollmachten bekommen, welche die des Parlamentes beschneiden können. Das ist notwendig. Der Grundsatz „Teile und Herrsche“ funktioniert immer noch am besten. Du wirst ein Teil der Herrschaft sein. Dafür stelle ich eine einzige Bedingung.“

       „Habe ich das nicht irgendwie geahnt?“

       „Sie wird annehmbar sein. Ich möchte, dass du ab und zu auf meinen guten Rat hörst. Es ist keine schwere Bedingung. Du hast das früher schon getan. Ich möchte, dass du als Staatsoberhaupt weiterhin unser Ziel verfolgst. Schließlich bist du nicht nur Reichspräsident, sondern auch Familienoberhaupt. Dein Vater ist gestorben.“

       „Der schwarze Herzog ist tot?“

       „Doch nicht dein leiblicher Vater. Dein Vater in jure. Du bist ab heute Seine Durchlaucht der Fürst von Dietrichstein. Die Bevölkerung ist immer noch monarchistisch eingestellt. Ein Fürst und General als Staatsoberhaupt, das klingt doch nach was. Oder?“

       „Sag bloß, diese ganzen Ideen sind auf deinem Mist gewachsen. Sie klingen eher danach, als hätte sie der schwarze Herzog ausgebrütet“, zweifelte Dietrichstein.

       „Der? Der kann froh sein, dass ich noch nicht Magister Militum Per Occidentem bin. Ich würde ihn aus dieser Welt hinwegfegen. Denn sie gehört mir.“

      Ort: Terra Nostra, Pembroke Castle

       „Diese Welt gehört weder ihm