Alfred Bekker

Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband


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Gesicht blieb hart. Nur ein mattes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Ein Lächeln ohne Herzlichkeit, dessen Härte Susanne erschreckte.

      "Ja, ich habe etwas gegen Ihren Aufenthalt hier... Aber nicht, weil ich irgendetwas gegen Sie hätte, Baroness Susanne!"

      "Aber..."

      "Sie sind gewiss eine herzensgute Person. Und der Grund dafür, dass ich es lieber heute als Morgen sehen würde, wenn Sie Schloss Eichenbach verließen, liegt nicht bei Ihnen..."

      Susanne sah ihr Gegenüber verständnislos an. "Tut mir leid, Christiane, Sie sprechen in Rätseln."

      "Dann muss ich vielleicht etwas deutlicher werden", erklärte Christiane. Sie rieb dabei die Handflächen nervös aneinander. Dann blickte sie Susanne an und hob die Augenbrauen. "Ich muss Sie vor Wilfried warnen, Susanne..."

      "Warnen?", echote Susanne.

      "Er war bereits einmal verlobt."

      "Nun, das weiß ich ja inzwischen!"

      "Aber was Sie noch nicht wissen ist, dass Lisa Reindorf, Wilfrieds erste Verlobte unter mysteriösen Umständen verschwand. Es hatte einen heftigen Streit zwischen den beiden gegeben. Danach tauchte die junge Frau nicht wieder auf. Eine Vermisstenanzeige bei der Polizei blieb ergebnislos..."

      Christiane trat nahe an sie heran. Sie war etwas größer als Susanne, hob das Kinn einige Zentimeter und blickte auf die und Komtesse herab. Dann fuhr sie mit bedeutungsschwerer Stimme fort: "Es gibt in diesem Schloss zahlreiche Geheimgänge und unterirdische Verliese... Sie gleichen einem Labyrinth in dem sich heute kein Mensch mehr wirklich auskennt. Dort hat Wilfried sie hingelockt und umgebracht..."

      Diese Worte waren für Susanne wie ein Schlag vor den Kopf.

      "Das glaube ich nicht!", stieß sie spontan hervor.

      "Es ist die Wahrheit..."

      "Welche Beweise haben Sie dafür!"

      "Beweise?" Christiane lachte. "Glauben Sie, Wilfried hätte nicht dafür gesorgt, dass alle Beweise verschwinden... Und wenn es solche noch gibt, dann tief unter dem Schloss in den grauen Verliesen..."

      Christiane wandte sich zum Gehen.

      Sie hatte die Tür schon erreicht, da hielt Susanne sie am Arm.

      "Warten Sie!", forderte die junge Komtesse.

      "Ich habe schon viel zu viel gesagt", murmelte Christiane.

      "Aber Sie können jetzt nicht einfach so gehen, Christiane!"

      "Gute Nacht, Baronesse..."

      Mit diesen Worten öffnete Christiane die Tür und trat hinaus auf den Flur. Ohne sich noch einmal umzudrehen ging sie davon. Und Susanne blickte ihr mit wild pochendem Herzen nach. Sie war fassungslos.

      5

      In dieser Nacht fand Susanne keinen Schlaf. Immer wieder wälzte sie sich in den Kissen herum, ohne, dass sie wirklich Ruhe finden konnte.

      Christiane ist eine kranke Frau, ging es ihr durch den Kopf. An dem, was sie sagt, kann nichts dran sein!

      Susanne konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Wilfried zu einem Mord fähig gewesen wäre.

      Ich werde ihm morgen von dem Vorfall berichten, sagte sich die junge Baroness. Und dann würde sie ja sehen, wie er darauf reagierte.

      Wahrscheinlich wird sich alles in Wohlgefallen und unbegründeten Zweifel auflösen, dachte sie. Du wirst dir völlig umsonst Sorgen gemacht haben...

      Sie atmete tief durch.

      Wie sehr hoffte sie darauf, dass sich alles nur als die haltlose Anschuldigung einer seelisch Gestörten herausstellte!

      Und im Grunde ihres Herzens war Susanne auch überzeugt davon, dass es so kommen musste.

      Aber ein Rest von Zweifel blieb, nagte an ihrem Inneren und an ihrem Vertrauen zu dem Mann, mit dem sie sich verloben wollte.

      Schließlich fiel die junge Frau doch noch in einen tiefen, traumlosen Schlaf der Erschöpfung, aus dem sie erst durch die Sonnenstrahlen des nächsten Morgens geweckt wurde.

      Viel zu spät, wie sie im Übrigen feststellte.

      Den Wecker hatte sie glatt überhört.

      Beim Frühstück war sie zunächst allein. Kammerdiener Johann servierte es ihr auf dem Balkon des Esszimmers, so dass sie eine Aussicht über die das Schloss umgebenden Parkanlagen und die Ländereien der Eichenbachs hatte. Wälder gehörten ebenso dazu wie Wiesen und ein Pferdegestüt. In der Ferne sah sie die Tiere auf den Weiden herumtollen.

      Von Johann erfuhr sie dann auch, dass Wilfried am Morgen bereits einen Termin in der Winzerei zu erledigen gehabt hätte. "Eigentlich hoffte der junge Herr bis zum Frühstück wieder zurück zu sein, aber offensichtlich hat er sich etwas verspätet..."

      Susanne nahm einen Schluck Kaffee. Dann fragte sie Johann nach den Geheimgängen und unterirdischen Gewölben, die es auf Schloss Eichenbach gab.

      "Nun, es gibt diese Gänge tatsächlich, Baroness Susanne. Auf Geheiß von Fürst Friedrich wurde der Zugang nach Möglichkeit verschlossen, da man sich dort unten leicht verirren kann - und dann gewiss rettungslos verloren wäre!"

      "Waren Sie schon einmal dort unten, Johann?"

      "Einmal - wenn auch nur kurz. Es gibt nichts besonderes dort zu sehen. Und natürlich kursieren in der Umgebung einige Schauergeschichten und Legenden, was die Geheimgänge angeht..."

      Wenig später sah Susanne Wilfrieds Sportwagen die schmale Serpentinen-Straße in Richtung Schloss hinauffahren.

      Als er sich näherte und sie sah, winkte er ihr zu.

      Sie erwiderte den Gruß.

      Nur wenige Minuten später erschien er auf dem Balkon, nahm ihre Hand und begrüßte sie. Sein Blick war voller Zärtlichkeit und Liebe.

      "Entschuldige, dass ich es nicht ganz rechtzeitig geschafft habe..."

      "Das ist nicht so schlimm", fand Susanne. Dann berichtete sie von Christianes Besuch am vergangenen Abend und den Anschuldigungen, die sie vorgebracht hatte.

      Das Gesicht des Fürstensohns verfinsterte sich.

      "Ich kann nur hoffen, dass du nichts von dem, was Christiane gesagt hat, für wahr hältst."

      "Ich vertraue dir, Wilfried."

      "Vielleicht sollte ich dich nun doch in einige Einzelheiten einweihen, was meine frühere Verlobte angeht. Ihr Name war Lisa Reindorf und ich liebte sie sehr. Anfangs hatten meine Eltern Bedenken auf Grund ihrer bürgerlichen Herkunft. Aber das natürliche, freundliche Wesen dieser jungen Frau wischte die Bedenken rasch hinweg. Allerdings fühlte sie sich nie so recht wohl auf Schloss Eichenbach. Ich kann nicht sagen, woran dies eigentlich lag..."

      "Christiane sagte, dass es einen Streit zwischen euch gegeben habe, bevor sie..." Susanne sprach es nicht aus.

      "...bevor sie verschwand", vollendete Wilfried. "Ja, das ist wahr. Ich weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre. Am nächsten Morgen war sie nicht mehr im Schloss. Niemand weiß, wohin sie gegangen ist. Meine Mutter will damals einen Wagen gehört haben, der Lisa möglicherweise abholte. Ich habe nie wieder etwas von ihr gehört. Auch die Untersuchungen der Polizei, die wir eingeschaltet hatten, haben nichts ergeben."

      Susanne sah den gequälten Gesichtsausdruck, der sich nun auf dem Gesicht des Fürstensohnes zeigte.

      Johann erschien nun auf dem Balkon, um auch Wilfried ein Frühstück zu servieren.

      Das Gespräch brach ab.

      "Wie kommt Christiane dazu, dich in so schlimmer Weise zu beschuldigen?", fragte Susanne dann, nach einer längeren Pause des Schweigens.

      "Nun, über