Haltung. Da blieben die beiden erst mal. Wir wollten ihnen ihre Toiletten zeigen, eine unten und eine oben, aber dazu war gar keine Zeit. Sie brauchten wohl erstmal Ruhe und mussten sich orientieren. Nach einer Weile kamen sie raus und haben die Toiletten selbst entdeckt.
Am Abend kurz etwas futtern – wenigstens was probieren, um zu sehen, ob die Grundversorgung beim neuen Servicepersonal auch funktioniert. Es schien alles OK zu sein. Jedenfalls haben sich die Tiger sehr vorsichtig umgesehen. Max schien offene Treppenstufen nicht zu kennen. Mutig ging er rauf und schaute mich von oben ganz verwundert an: „Wie, da soll ich wieder runter?“ Flix hat derweil in weiterhin geduckter Haltung die Lage erkundet. Es schien recht positiv auszufallen. Sie haben sich dann wieder in ihre Rückzugsorte begeben.
Flix war unglaublich schnell, sehr fix fegte er um alle Ecken und so schnell wie irgend möglich wieder in sein Versteck. So wurde aus Felix einfach Flix, bereits am ersten Abend. Es fügte sich so. Max und Flix. Kurz und bündig.
Die erste Nacht im neuen Zuhause stand an. Sagen wir mal so: Richtig geschlafen hat wohl niemand, weder die Zweinoch die Vierbeiner. Unsere lieben Kater waren gefühlte zehn Mal auf den diversen Katzentoiletten. Und wir waren sehr glücklich, die beiden bei uns zu haben und auch recht aufgeregt, dass wir auch ja alles richtig machen würden. Die beiden hatten sich in einem Tag mitten in unsere Herzen geschlichen und da festgesetzt. Wunderbar. Aber auch aufregend. Von nun an waren wir für ihr Leben und ihr Glück verantwortlich.
Eine Routine entwickeln
Die nächsten Tage waren davon geprägt, uns gegenseitig näher kennenzulernen. Die beiden haben in der ersten Woche die meisten Vormittage noch in ihren Verstecken verbracht, kamen zum Frühstück raus und dann erst wieder am frühen Nachmittag. Am Abend hatten sie dann ihre aktivste Phase. Umhergehen, das neue Territorium erkunden und die Menschen kennenlernen. Den Tieren ihre Zeit zu lassen ist sehr wichtig. Sie entscheiden, wann und wie sie auf ihre Menschen zugehen. Wer weiß, was sie alles erlebt haben. Es braucht alles Zeit. Ihre Zeit. Sie ihnen zu geben baut Vertrauen auf.
Es galt, den Fressrhythmus der beiden kennenzulernen, sowie ihre diversen Vorlieben. Max zum Beispiel suchte Nähe und ließ sich anfassen und streicheln. Flix war da vorsichtiger, schüchterner und auch ängstlicher. Er ließ erst Schritt für Schritt zu, dass ich ihn anfassen und streicheln durfte.
Fressen fand in vielen kleinen Etappen statt. Max hat sich immer sofort für sein Futter interessiert, sobald es serviert wurde und gleich ein paar Happen genommen. Er war auf Nierenfutter eingestellt. Dabei sind wir dann auch erst mal geblieben. Es schien ihm zu schmecken. Später haben wir dann hochwertiges Seniorfutter dazu integriert. Er hat von Anfang an recht gut gefressen. Bei Flix war das überhaupt nicht so. Es schien ihn erst mal gar nicht zu interessieren, vor allem sein Nassfutter ließ er immer erstmal stehen. Sobald er jedoch das Geräusch von Trockenfutterstückchen vernahm, gab es kein Halten mehr. Flix, der Trockenfutter Junkie. Es sollte uns viele Monate beschäftigen, bis wir ihn auf hochwertiges Nassfutter umgestellt hatten. Aber dazu mehr im Kapitel „Flix, der Trockenfutter Junkie.“
So unterschiedlich sie beim Fressen waren, so unterschiedlich waren sie in allen anderen Bereichen auch. Max hatte das Sagen. Flix war dankbar, wenn Max Dinge ausgekundschaftet und für gut befunden hat. Dann fühlte er sich sicher und folgte Max‘ Beispiel. Auch in Sachen Spielen waren beide sehr unterschiedlich. Max interessierte das nicht besonders. Einer Schnur nachjagen? „Wenn es sein muss und ich sie dann gleich festhalten kann, dann ja“, schien er zu sagen. Für Max schien das irgendwie unter seiner Würde.
Flix hingegen liebte es von Anfang an zu spielen. Wenn er sich in irgendeiner Weise spielerisch betätigen konnte, lebte er auf. Dann konnte er für einen Moment vergessen, wie ängstlich er war.
Das Tollste für Flix war und blieb es lange Zeit, eine Schnur um ein Stuhlbein herum zu jagen. Was für eine Freude er dann entwickelte. Wunderbar! Da ging uns jedes Mal das Herz auf!
In den ersten zwei Monaten haben sich beide Kater gut eingelebt. Wir haben gemeinsam Routinen entwickelt. Fressen, spielen, kuscheln. Die wichtigen Dinge des Katerlebens eben. Mit der Zeit haben sie sich dann doch ins Schlafzimmer getraut. Erst nur vorsichtig, um zu sehen, ob das Servicepersonal noch am Leben ist und die weitere Versorgung sichergestellt sei. Dann haben sie sich – Max schritt mutig voran – weiter vorgewagt. Die ersten zaghaften Versuche aufs Bett zu springen, wurden dann zu morgendlichen Ritualen, um das Personal aufzuwecken und etwas zu kuscheln. Max mit seinen sechs Kilo war dann schon sehr spürbar, wenn er es sich auf meinem Bauch bequem machte. Er hat sich auch gern in die Mitte des Bettes gelegt und ausgestreckt. Ganz zu Anfang, als er erst lernte, dass Michael unter der Woche nicht da war, hatte er sich angewöhnt, es sich auf seiner Bettseite bequem zu machen. Als er dann am Wochenende kam, saß Max selbstbewusst auf dem Bett und schaute ihn an als wolle er sagen: „Also ich weiß nicht, wo Du so konkret schlafen willst, aber das ist mein Platz.“
Erst als er sehr krank war, hat er sich einfach an meine Seite gekuschelt und oft weite Teile der Nacht in meinen Arm geschlafen. Liebe auftanken. Das was ihm am meisten fehlte in seinem vorigen Leben konnte er ja nun im Übermaß in sich aufnehmen. Und er hat es so sehr genossen – und ich auch.
Im Gegensatz zu Max, der sich für seine Schlafzimmerbesuche immer viel Zeit nahm, machte Flix eher Kurzbesuche. Diese wurden natürlich angekündigt „Ich bin da, hallooooo“, gefolgt von hektischem rechts und links ums Bett rumgehen, auch das verbal begleitet, um sich nach verschiedenen Kriterien, die es anscheinend immer wieder neu abzuwägen galt, zu entscheiden, an welcher Stelle er denn nun aufs Bett springen will. Meist hatten sich beide das Bett als Teil-Territorium gut untereinander aufgeteilt. Dennoch kam es manchmal vor, dass Max den Chef raushängen ließ und Flix vertrieben hat. Kurz und schmerzlos, mit einem Pfotenhieb. Der arme Flix ist dann immer ganz bedröppelt abgezogen. Ich habe stets versucht, beiden zu erklären, dass zum einen genügend Platz und zum anderen noch viel mehr Liebe für beide da sei.
Dann jedoch musste ich für ein paar Tage in die USA und die beiden mussten das erste Mal für zwei Tage betreut werden. Schnell war eine Nachbarin, die selbst Katzen hatte, gefunden. Sie erklärte sich bereit die beiden morgens und abends zu versorgen und auch mit ihnen zu spielen.
Schweren Herzens machte ich mich auf die Reise. Die beiden haben das sehr unterschiedlich aufgenommen. Max hat sich nichts weiter anmerken lassen. Flix fand das aber gar nicht gut. Anscheinend kamen alte Ängste in ihm hoch, jedenfalls hatte er zweimal erbrochen, als ich weg war. Sobald einer von uns wieder da war, war es deutlich besser. Das Erbrechen bei Flix sollte uns das ganze erste Jahr begleiten bis wir die Ursache kannten und diese angehen konnten. Aber dazu kommen wir noch.
Für mich war es sehr schwer, zu gehen. Am Flughafen habe ich meine beiden schon vermisst. Ich saß mit Tränen in den Augen in der Lounge und wartete auf meinen Flug.
Nie hatte ich mich mehr gefreut, wieder nach Hause zu kommen. Max und Flix ging es genauso. Zusammensein war doch am allerbesten.
Kratzbaum mit Aussicht
Kratzbäume und -utensilien sind lebensnotwendig für Katzen. Die Tigerchen müssen aus verschiedenen Gründen kratzen: um ihre Krallen zu pflegen und um ihr Revier zu markieren. Vor allem Wohnungskatzen brauchen unterschiedliche Möglichkeiten, ihren Kratzneigungen nachgehen zu können.
Ganz zu Anfang hatten wir eine schwarze Kratztonne besorgt, die auf drei Etagen verschiedene Einstiegsmöglichkeiten bot. Wir fanden das klasse. Das waren doch tolle Plätze, um sich zu verstecken. Max und Flix jedoch haben die Kratztonne zuerst keines Blickes gewürdigt. Nach einiger Zeit haben sie sie von außen benutzt, um sich der Krallenpflege zu widmen und um sich durchzustrecken. Erst viel später entdeckten beide, dass man sich doch am einfachsten oben draufsetzen konnte. Für Flix war das kein Problem, ganz elegant oben auf die Tonne zu springen. Für Max mit dem nahezu doppelten Gewicht war es das ab und an schon. Nicht weil er das nicht konnte. Nein, aber mehr als einmal hat er die Kratztonne zum Umsturz gebracht und sich selbst und mir auch einen Riesenschrecken eingejagt. Später haben wir sie dann anders platziert und in die Nähe der Anrichte gestellt, sodass Max von dort in zwei Schritten auf die Kratztonne springen konnte. Das war nervenschonender für uns alle.
Dann hatte