Dezember 2015) keinmal angewandt.
Seit Anfang des 21. Jahrhunderts bemühen sich die Mitgliedstaaten noch intensiver um eine Vergemeinschaftung der Asylpolitik, weshalb im Haager Programm 2004 ein zweistufiger Plan entworfen wird, diese EU-weit zu harmonisieren.
Die Asylaufnahmerichtlinie (2003/9/EG) enthält Mindeststandards für die Aufnahme und Versorgung von Asylbewerbern, die Qualifikationsrichtlinie (2004/83/EG) soll dafür sorgen, dass auch denjenigen Flüchtlingen subsidiärer Schutz geboten wird, die kein Anrecht auf Asyl haben, aber auf Basis der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht dorthin abgeschoben werden dürfen, wo Ihnen Gefahr für Leib und Seele droht. Die Asylverfahrensrichtlinie (2005/85/EG) stellt die Mindestnormen für das Asylverfahren auf.
Das Grünbuch der EU-Kommission vom 6. Juni 2007 und ihr Strategiepapier vom 17. Juni 2008 verstärken noch einmal den gesamteuropäischen Ansatz einer gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik. Die Kommission verdeutlicht den Willen, den Flüchtlingen ein faires Verfahren in jedem Mitgliedstaat der EU zu garantieren. Dies soll eine unverhältnismäßige Verteilung in den EU-Ländern und Sekundärbewegungen verhindern. Die Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU) führt gemeinsame Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ein. Die Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) setzt Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen. Die Verordnung EU Nr. 603/2013 (Eurodacerordnung) zum Abgleich von Fingerabdrücken soll verhindern, dass Asylbewerber in mehreren Mitgliedstaaten Asyl beantragen. Die Nachfolge des Haager Programms stellt das Stockholmer Programm für die Jahre 2010 bis 2014 dar.
Nachdem im Zuge der Flüchtlingskrise in Europa ab 2015 Mitgliedsländer beginnen, bei ihnen in die EU eingereiste Flüchtlinge nicht zu registrieren, um zu verhindern, dass sie bei einer Weiterreise in andere EU-Staaten zu ihnen zurückgeschickt werden können, ist das Dublin-Abkommen faktisch nicht mehr wirksam.
In der öffentlichen Debatte im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 besitzt kein westeuropäischer Politiker den Mut, das europäische Asylsystem mit seinem Zutrittsrecht für jeden Asylbewerber zu reformieren. Wichtiger erscheint es, sich in besonderem Maße ethisch zu zeigen. So wird, obschon kaum Arbeitsmigration benötigt wird, über das Asylrecht den potenziellen Migranten zunächst ein Aufenthalt in der EU ermöglicht. Selbst wenn ein Schutzantrag dann abgelehnt wird, ist die Gefahr einer Abschiebung gering. Da einerseits das Asylrecht nicht verschärft wird, die Länder bis auf wenige Ausnahmen ihre Außengrenzen nicht schließen wollen, andererseits die hohen Zuzugszahlen von Schutzsuchenden aber nicht mehr vertretbar sind, entscheiden sich EU-Funktionäre, die Grenzsicherung gegen Bezahlung an Drittstaaten "auszulagern".
Dazu werden entsprechende Vereinbarungen getroffen, unter anderem 2016 mit der Türkei, 2017 mit Libyen. Die koordinierte Asyl- und Flüchtlingspolitik der Europäischen Union ist somit zusammengebrochen (13).
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Nie, Nem, Ne – müssen nicht alle EU-StaatenFlüchtlinge aufnehmen?
Die Europäische Union gerät in der andauernden Flüchtlingskrise zunehmend unter Druck. Sie plant, die Verteilung der Flüchtlinge anhand eines Verteilungsschlüssels, der unter anderem die Bevölkerungszahl, die Wirtschaftskraft, sowie individuelle Faktoren wie die Familienzusammenführung und Sprachkenntnisse berücksichtigen soll, zu organisieren. Leider jedoch setzen die EU-Staaten die gemeinsame Flüchtlingspolitik sehr unterschiedlich um. Wie wir im letzten Kapitel erfahren haben, gibt es sogar Länder, die angesichts der Flüchtlingskrise ihre Grenzen schließen. Im Krisenverlauf missachten einige EU-Staaten zentrale Vereinbarungen, die aus dem Schengener Abkommen von 1985 und dem Dubliner Übereinkommen von 1990 hervorgegangen sind, und verweigern sich einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge. Die Asylpolitik der Europäischen Union und die europäische Migrationspolitik scheint vorerst gescheitert. Das Soli-
daritätsprinzip, dem sich die EU verschrieben hat, funktioniert nicht, stattdessen betreiben mehrere Länder nationale Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik. Das stellt nicht nur die Integrationsfähigkeit der EU in Frage, sondern führt auch zum Erstarken nationalkonservativer, nationalistischer und rassistischer Kräfte in vielen europäischen Staaten (14).
Es stellt sich die Frage, ob sich weigernde Länder nicht mit Sanktionen in Form von Handelsbeschränkungen bedacht werden sollten, um sie womöglich zum Umdenken zu bewegen. Dem entgegen stehen allerdings oftmals die wirtschaftlichen Interessen der sich EU-konform verhaltenden Länder.
Schauen wir uns die deutschen Wirtschaftsbeziehungen zu drei dieser Länder einmal an.
Ungarn wird zu anno 2015 als Durchgangsstation Richtung Deutschland zum Brennpunkt der Flüchtlingskrise. Die massenhafte Einwanderung erfülle die Menschen in Ungarn "mit Angst", sagt der rechtskonservative Regierungschef Viktor Orban und lässt die Grenzen zu Serbien, Kroatien und Slowenien schließen (15). Im Jahr 2018 exportiert Deutschland Güter im Wert von 26.291.196.000€ nach Ungarn, der Betrag für importierte Waren beläuft sich auf 27.623.194.000. Die wichtigsten Güter dabei sind sowohl im Export wie im Import Maschinen, Kraftwagen und Kraftwagenteile, Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Erzeugnisse, sowie elektrische Ausrüstungen (16).
In Polen hat man Angst, dass die EU massenhaft Muslime in das katholisch geprägte Land schickt. Deshalb steht man auf dem Standpunkt, dass es die souveräne Entscheidung eines jeden Landes sein müsse, wie viele Flüchtlinge es aufnimmt. Wie die Zahlen des deutschen Statistikamtes (Destatis) verdeutlichen, legt der deutsch-polnische Warenaustausch stetig und kräftig zu. Die Exporte steigen 2018 um 6,36% auf 63.322.092.000€, die Importe um 8,14% auf 55.171.620.000€ (17).
Die wichtigsten deutschen Exportgüter nach Polen sind hierbei: Maschinen, Kraftwagen und Kraftwagenteile, Chemische Erzeugnisse, Datenverarbeitungsgeräte, zudem elektronische und optische Erzeugnisse.
Die bedeutendsten deutschen Importgüter aus Polen sind:
Kraftwagen und Kraftwagenteile, sonstige Waren, Nahrungsmittel und Futtermittel, Maschinen. Polen hat anno 2018 seine Position als siebtwichtigster Handelspartner Deutschlands erneut unterstrichen und liegt damit im Ranking vor der Schweiz, Spanien und Russland. Deutschland wiederum ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Polens: Mehr als 28% der Exporte gingen 2017 nach Deutschland und fast 23% der polnischen Importe kamen aus Deutschland. Michael Kern, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Polen, erwartet, dass der Handel zwischen Deutschland und Polen weiter zulegen wird: „Aufgrund der guten wirtschaftlichen Beziehungen, der zuletzt getätigten Investitionen deutscher Unternehmen in Polen, aber auch durch die zunehmenden Aktivitäten polnischer Unternehmen auf dem deutschen Markt, gehen wir davon aus, dass sich der Warenaustausch zwischen Deutschland und Polen weiter intensivieren wird (18)“.
Tschechien lehnt Flüchtlingsquoten gleichfalls von Beginn der Flüchtlingskrise an ab.
"Die Tschechen haben Angst vor dem Unbekannten", sagt der Soziologin Yana Leontiyeva von der Prager Wissenschaftsakademie.
Präsident Milos Zeman warnt vor "einer künstlichen Vermischung der Nationen, Kulturen und verschiedenen Religionen".
Nach Tschechien exportiert Deutschland im Jahr 2018 Güter im Gesamtwert von 44.224.732.000€ und importiert im Gegenzug Sachwerte in Höhe von 47.739.352.000€. Die bedeutendsten deutschen Ex- und Importgüter im Handel mit der Tschechischen Republik sind Kraftwagen und -wagenteile, Maschinen, sonstige Waren, Datenverarbeitungsgeräte, sowie elektronische und optische Erzeugnisse.
Neben den erwähnten Staaten gibt es noch weitere Länder, die die Aufnahme von Flüchtlingen verweigern. Die Slowakei mit dem Verweis darauf, keinerlei Erfahrung mit der Integration fremder Kulturen zu haben, Rumänien und Bulgarien verstärken ihre Grenzen, Estland, Lettland und Litauen fordern eine Verteilung nur auf freiwilliger Basis (19).
Im Jahr 2018 exportiert Deutschland Produkte im Wert von insgesamt 1317,93 Milliarden €. Davon entfallen auf Ungarn 27.623.194.000, auf Polen 55.171.620.000 und auf Tschechien 47.739.352.000€.
Mit einem Gesamtwert von 130.534.166.000€