A. F. Morland

Krimi-Sammlung Tod im Leuchtturm und 7 andere Krimis


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       Zu Bruce Wallabys Gunsten nahm Reiniger an, dass es sich bei ihm wirklich nur um einen faschistischen Idioten handelte, dem seine Machtfülle als County Sheriff zusätzlich zu Kopf gestiegen war. Ferner nahm er an, dass Wallaby nicht auf Mord aus gewesen war, als er diesen Kretin auf ihn ansetzte. Vermutlich hatte er nur zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollen: ihm, Bount Reiniger, eine Abreibung verpassen lassen, und Mel Ferrer dann auf der Flucht erschießen.

       Sheriff Wallaby rettet Private Eye!

       Eine hübsche Schlagzeile, die er hier vermutlich ausgebrütet hatte. Wobei der Privatdetektiv, dieses Würstchen aus dem angeberischen New York, freilich ein paar Schrammen abbekommen habe.

       Doch Mel Ferrer war auch so noch während der Nacht verstorben. »Innere Verblutung«, diagnostizierten die Ärzte als endgültige Todesursache. Bount konnte nicht behaupten, dass er Mel Ferrers Ableben bedauerte. Nicht mehr nach diesen tödlichen Schwingern.

       Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Eines der wenigen Sprichwörter, die schon allein aus technischen Gründen stimmen müssen, und nur an solche hielt sich Reiniger. Jedenfalls war Sheriff Bruce Wallaby, was sein Verhalten ihm gegenüber betraf, vom Wolf zum Schoßhund konvertiert. Er fraß ihm nun aus der Hand. Und er hatte auch keinerlei Schwierigkeiten gehabt, den Mann zu überzeugen, dass der Fundort von Jerome Kellys Leiche nochmals überprüft werden müsse. Von den besten Spurensicherungsleuten, die er nur auftreiben konnte. Und wenn er ein paar von den wenigen übriggebliebenen Pajutes zu Hilfe nehmen müsse.

       Währenddessen verbrachte Bount nach einem reichlichen Frühstück einen angenehmen Vormittag an einem der drei riesigen Swimmingpools des All America Hotels, von würzigem Wüstenwind umfächelt, von Sonne und Service-Hostessen in brasilianisch knappen Tangas sowie diversen fruchtigen Long Drinks mit nur wenig Alkohol verwöhnt.

       Die Reisegruppe aus Hongkong wurde erst für den späten Abend erwartet.

       Gegen elf stieß Captain Toby zu ihm, und er war fast so sehenswert wie die Tanga-Hostessen, wenngleich auf reichlich andere Weise: Er trug geblümte Bermuda-Shorts, Plastiksandalen aus dem Souvenir-Shop, ein Handtuch aus seinem Badezimmer, ein sich keck vorwölbendes, käsebleiches Brauereientsorgungs-Depot, ein paar kümmerliche Härchen auf der Brust, die sich verschämt kräuselten. Und über dem ganzen Ensemble ein hochroter, massiger Nero-Kopf, auf dem die Frisur sich bereits gefährlich lichtete.

       »Du lässt es dir gutgehen, eh?«, knurrte er ungnädig.

       Den »Wolf«-Rogers würde nie jemand zähmen. Und heute war er anscheinend auch noch schlechter Laune. Aber vielleicht störte ihn auch nur, dass zwischen seiner und Bount Reinigers Figur ein so kolossaler Unterschied bestand. Zugeben würde er das allerdings nie.

       Und es sprach für seinen enormen Mut und seine Tapferkeit, dass er sich überhaupt in Badehosen zeigte, obwohl er mit seinem breitangelegten pyknischen Körperbau am Rand dieses azurblauen Pools absolut nicht allein stand. Nur sehr selten gehören Leute mit viel Geld auch zu den Adonissen dieser Welt. Doch gerade sie waren es, die eine Stadt wie Las Vegas zur Hauptsache bevölkerten.

       »Sei friedlich, Junge«, sagte Bount, »und leg dich hin. Etwas Farbe könnte dir nicht schaden. Wie oft wird man schon zur Erholung nach Las Vegas eingeladen? Und du hast schließlich Urlaub, im Gegensatz zu mir.«

       Rogers grunzte etwas Unverständliches, während er sich im Liegestuhl neben Reiniger niederließ.

       »Schöner Urlaub«, fügte er im selben Sound hinzu. Beim Niederlegen ächzte er.

       »Schlecht geschlafen, old Boy? Na ja. Möglicherweise erheitert dich Folgendes.«

       Bount erzählte dem Freund von seiner ebenso kurzen wie effektiven Unterredung mit Sheriff Bruce Wallaby, und welche Ergebnisse er dabei erzielt hatte.

       Rogers' Stimmung jedoch blieb düster, und Bount wusste auch den Grund. Toby war eifersüchtig. Hinter seinem polternden Erscheinungsbild und seinem cholerischen Temperament versteckte sich ein mimosenhaft empfindliches Seelchen.

       »Du kommst also weiter?«, fragte er erwartet giftig.

       »Kann man sagen«, meinte Bount. Er hatte auch noch nicht ganz verwunden, dass Rogers ihn in dieses vertrackte Abenteuer gestürzt hatte. Überdies bekriegten sie sich auch sonst mit Leidenschaft, wenn auch nur verbal. Das gehörte mit zum Wesen ihrer Freundschaft. »Vor dieser Keilerei mit Ferrer gewann ich noch dreitausend Dollar beim Roulette.«

       Rogers wurde steif auf seiner Liege. Er starrte stur in den Himmel.

       »Geier wirst du da keine finden.« Bount grinste. »Ich lebe ja noch.«

       »Ach was. Lass mich wütend sein, verdammt noch mal! Du kennst mich doch! Müssen wir groß Worte darüber verlieren?«

       Nicht, dass Bount Reiniger jetzt verblüfft gewesen wäre. Sprach es doch nur für die Seelentiefe seines Freundes, dass er seine Mängel so offen zugab. Wenn auch nur verschlüsselt. Und es war kein Trostpflaster, wenn Reiniger anschließend und nach kurzem Nachdenken behauptete: »Sei froh, wenn du ausgeruht bist, wenn der Zauber hier erst wirklich losgeht. Du wirst noch ganz dringend gebraucht. Ich habe das im Urin.«

       Das nun wiederum war eine Sprache, die dem Captain trotz jenes in diesem Zusammenhang wohl etwas unpassenden Ausdrucks wie Honig ins Gehirn floss.

       »Glaubst du?«

       Seine Stimme klang schon viel weniger brummig.

       »Aber sicher. Als ob das unser erster gemeinsamer Einsatz wäre!«

       Toby überlegte. Dann wälzte er seinen knallweißen Walrosskörper zur Seite und grinste Reiniger an.

       »Warum bestellst du mir dann nicht endlich ein eiskaltes Bier?«

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