Paul Schurr

IM IMMERZU WERDEN


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das Zepter ohne Gewalt,

      Nimmt Fragezeichen aus dem Dasein.

      Sie ist des Guten ganzer Halt.

      Hätt` ich die Liebe nicht, allein die Liebe,

      Was wäre dann mein Leben?

      Und wo sein Sinn, würd` ich die Liebe

      Nicht an die Dinge, Euch weitergeben?

      Schenkt ihr die Macht, in seinem Himmel

      Dies nimmersatte Blau zu sein,

      Gibt ihm die Kraft sie zu erblühen

      Wie feuchtes Moos den feuchten Stein.

      Sie ist der Herbststurm und ist die Stille,

      Wird tief durch Antwort, doch bleibt befreit

      Von allen Rechten, von allen Grenzen,

      Ihr ganzes Licht heißt Ehrlichkeit.

      Hätt` ich die Liebe nicht, allein die Liebe,

      Was wäre dann mein Leben?

      Und wo sein Sinn, würd` ich die Liebe

      Nicht an die Dinge, Euch weitergeben?

      Und sie macht stark und macht verletzlich,

      In ihr ruht Trauer, als auch Glück.

      Vergänglich, ewig, ein letztes Geheimnis.

      Sie kommt von Gott, und wer sie gibt,

      Gibt sie an Gott zurück.

      Allein die Liebe!

      (März 1992)

      E INER

      Einer stirbt

      Und einer singt.

      Einer lacht

      Und einer trinkt,

      Weil er nicht mehr lachen kann.

      Einer kommt von irgendwo

      Und einer geht dorthin.

      Einer fühlt sich pudelwohl,

      Frägt nicht nach dem Sinn.

      Einer macht ´nen dummen Scherz

      Und einer fällt drauf rein.

      Einer sehnt nach Ruhe sich,

      Doch er hört nicht auf zu schrei`n.

      Wir sind, was wir sind,

      Krüppel, Bettler, Sieger.

      Lehrer sind wir, Scharlatan.

      Wir sind keiner und sind jeder,

      Weil sich alles ändern kann.

      Einer springt

      Und einer fällt.

      Einer sucht

      Und einer hält,

      Weil er endlich finden will.

      Einer denkt sich Träume aus

      Und einer nimmt sie ihm.

      Einer, der nur immer stand,

      Beginnt umherzuzieh`n.

      Einer fühlt sich ganz allein,

      Doch einer steht ihm bei,

      Einer, der sich nie gewehrt,

      Wehrt sich und ist plötzlich frei.

      Wir sind, was wir sind,

      Gaukler, Tänzer, Priester.

      Schatten sind wir, Sternenlicht.

      Wir sind das Nichts und sind die Welt,

      Denn das Wort "Niemals" gibt es nicht.

      (August bis Oktober 1992)

      N ACH VIEL ZU VIELEN GROßEN REDEN

      Bowa ko oppolo,

      Oppo mi domo.

      Fita gam quala,

      Salim tu.

      Bowa tuala mata,

      Emba sin pelini.

      Lupa stanza ewola

      Taupo ho.

      Bisweilen klingen Worte

      Hota te kayama

      Ehrlicher und schöner,

      Kowana piko no

      Fehlt Ihnen der Sinn.

      (September 1992)

      D AS SCHACHSPIEL

      (der obdachlosen Männer aus San Francisco)

      Ihr ganzes Sein hat sich im Tun der erste Züge

      So sehr auf jenes Spielbrett konzentriert,

      Dass alles, was daneben, sein Gefüge

      Und damit seine Wirklichkeit verliert.

      Allein ihr Geist bestimmt der Dinge Lauf und Ende,

      Das Hin und Her und wer zuletzt gewinnt,

      Und gibt ihnen mit jedem Griff der Hände

      Eine Gewissheit, dass sie wirklich sind.

      Darauf verschenkt, in seiner Offenheit vollkommen,

      Nach außen sich ein würdevoller Blick,

      Doch kehrt sogleich, von dort nicht wahrgenommen,

      In seine ferne Welt zurück.

      (September 1992)

      I N EINER GRIECHISCHEN ALTSTADT

      Hochgemauert, eng und kühlend

      Sind die weißen Gassen.

      Deine Sinne, rastlos fühlend,

      Wollen sie nicht fassen.

      Doch das Spiel von Licht und Schatten

      Nimmt dich bald geborgen.

      Schon verblassen all die satten,

      Mitgeführten Sorgen.

      Mit dem Geist nach Schönheit tastend,

      Bleibt dein Schritt nicht länger hastend,

      Und vor blauen Türen:

      Alte Frauen, schwarz gekleidet,

      Lassen dich, um nichts beneidet,

      Ihren leisen Frieden spüren.

      (Kreta, August 1992)

      W AS IHR VERERBT

      Gelbes Herbstblatt

      Schwingt seinem Zweig entrissen,

      Schwingt hin und her, sinkt

      Und wehrt sich verbissen.

      Ein letztes mal

      Von einem Wind gehoben,

      Findet es Halt

      Am luftigen Oben.

      Wird Pinselstrich,

      Flink gesetzt ohne Reue

      Auf einen Himmel

      Von endloser Bläue.

      Darüber tanzt

      Ein warmes Licht der Sonne.

      Das Blatt verwandelt

      Die Wärme in Wonne.

      Und stirbt hinab

      Zu laubgefärbter Erde,

      Dass es der Erde

      Neue Nahrung werde.

      Es