Roman Nies

Die Genesis aus biblischer Sicht


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Den Naturwissenschaftlern müsste ihre Begrenztheit bewusst sein, wenn sie wieder einmal zum Essen gerufen werden müssen. Sie haben keine unbegrenzte Verfügbarkeit über ihren Geist, denn der Mensch besteht ja aus Geist, Seele und Leib, oder wie es die Bibel auch nennt „Fleisch“. Den Zerfall des Leibes kann er nicht aufhalten, obwohl sich der Geist mit Dingen beschäftigt, die für den Leib unzugänglich bleiben: die Vergangenheit und die Zukunft. Und nun sagt Paulus auch noch provokant: „Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes.“ (Röm 8,14)

      Was nützt also das ganze Forschen des Messbaren, wenn man doch nicht den Geist Gottes hat? Alle Forschung muss letzten Endes in der Sackgasse münden, wenn sie nicht mit dem Göttlichen rechnet.

      Die Bibel lehrt, dass es neben Gott nichts Absolutes gibt. Gott, der Schöpfer steht für sich. Aber Er steht zugleich mitten in Seiner Schöpfung. Er kann sich jederzeit einmischen, Er hat jederzeit die Elemente im Griff, von Ihm sind sie ausgegangen, zu Ihm gehen Sie zurück, aber mehr noch, Er hat sie nie losgelassen. Ihre Kraftwirkung kommt von Ihm. Bei Jesus klingt das an, wenn Er sagt, dass Gott jedes einzelne Haar von uns kennt (Lk 12,7). Er kennt es von innen heraus.

      Psalm 104, 30-31 stellt den Zusammenhang zwischen dem Geist-Hauch, hebr. Ruach (fem.) her, mit dem Gott das Lebende im wahrsten Sinne des Wortes ins Leben ruft, als Abglanz seiner strahlkräftigen Herrlichkeit, hebr. Kabod (masc.). „Du sendest deinen Lebenshauch aus: Sie werden geschaffen; du erneuerst die Flächen des Ackers. Die Herrlichkeit des HERRN sei ewig! Der HERR freue sich seiner Werke!“

      Der göttliche Lebenshauch Ruach belebt den Menschen. Und wenn Gott Seinen Lebenshauch wieder wegnimmt, so wird es da beschrieben, vergeht der Mensch zum Staub der unbelebten Materie. Aber der Lebenshauch, weiß der Psalmist, ist auch der Schöpfergeist und ist ewig. Das Erschaffene ist jedoch in die Endlichkeit hineingestellt.

      Heute wissen die Naturwissenschaftler, dass weder die Materie, noch Raum oder Zeit verlässliche Größen sind. Es gab aber noch etwas, worauf man anstelle von Gott seine Hoffnung, die eigene Weltanschauung sei belastbar und durchtragend, setzte: der Determinismus, wonach jede physische Folge auch exakt nur eine zugehörige physische Verursachung hat. Auch der Determinismus, dem die Philosophen und Naturforscher vergangener Jahrhunderte große Wertschätzung entgegenbrachten (Hume, LaPlace), ist durch die Ergebnisse der Quantenphysik als ultima ratio der Welterklärung hinfällig geworden. In der Mikrowelt kann man keinem noch so kleinen Teilchen vorausberechnen, wie es sich definitiv verhalten wird. Es besteht nur eine Wahrscheinlichkeit. Statistisch kann man Zustände und Vorgänge beschreiben. Damit läuft der Normalbetrieb des Universums. Aber dieser Normalzustand kann jederzeit unterbrochen werden. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn sich ein Geist am Universum zu schaffen macht.

      Und der Mensch weiß sehr wohl, dass nichts sicher ist, sonst hätten nicht schon ganze Völker Angst davor gehabt, dass die Sonne am nächsten Tag nicht wieder über dem Horizont aufgehen könnte. Und da kommt die Quantenphysik und behauptet, dass Dinge an sich nur existieren, sofern ein Subjekt mit ihnen in Beziehung tritt. Nicht bloß, dass ein Objekt sich verändert, wenn sich das Subjekt ihm auf irgendeine Weise nähert, beispielsweise durch einen Messvorgang, sondern auf eine geheimnisvolle Art und Weise konstituieren sich die Energie- und Elementarteilchenfelder erst dann zu einem Objekt, das sie darzustellen haben, wenn ein Subjekt eine Beziehung zu ihnen eingeht. An jedem Ort, an dem ein Objekt vermutet wird, befinden sich, in dem Augenblick, da man sich ihm zuwendet, wie auch sonst im Universum, Kraftfelder und Energiequanten, die im Innersten nichts Materielles mehr zum Messen anbieten, denn der Kern des Materiellen entzieht sich jeder Messung, ebenso wie die genaue Bestimmung der Örtlichkeit. Erst Subjekte, also Personen, stellen eine phänomenologisch existenzgründende Beziehung zu der Erscheinung her, und lassen es zu einem Objekt werden. Das ist nur möglich, wenn sie auf einer gemeinsamen Ebene miteinander in Verbindung stehen, die materiell-physikalisch nicht erfassbar ist, weil sie offenbar einer anderen Daseinsebene angehört. Es gibt keine unabhängigen Objekte. Objekte treten immer nur dann in Erscheinung, wenn vorher ein Subjekt da war. Die Natur ist also durch und durch von den Willensentscheidungen dazu fähiger Wesen abhängig, wenn sie überhaupt in Erscheinung treten soll. Diese Einsicht kommt nicht etwa von Philosophen oder Theologen, die sich noch dagegen sperren, sie anzuerkennen, weil sie so jenseitig und irrational anmutet, sondern von den Kernphysikern. Was sich in der Schöpfungswoche entfaltet hat, ist, mit den Worten der Quantenphysik gesprochen, die durch Gottes Schöpfergeist bewirkte Hineingabe dessen, was wir als Kosmos wahrnehmen, in die Möglichkeit des Erscheinens. Quantenphysik, das ist nicht wie höhere Mathematik der Physik, sondern das ist wie Metaphysik. Eines Tages werden sich auch die Evolutionstheoretiker mit der Quantenphysik beschäftigen. Und dann werden sie sehen, dass Evolution nicht mit dem Zufall gekoppelt ist, sondern an geistigen Vorgängen hängt, die neue Impulse in die Mikrowelt hineingeben. Wenn aber Determinismus ebenfalls ausscheidet als fester Grund, dem man anstelle von Gott huldigen könnte, was bleibt dann anderes als sich mit dem Faktum auseinanderzusetzen, dass es nur noch eine plausible Erklärung für die Existenz von Materie, Raum, Zeit, Naturgesetzen, Lebewesen, Menschen gibt? Wenn Objekte nicht ohne Subjekte denkbar sind, dann kann am Anfang der Schöpfung nichts Materielles gestanden haben, sondern ein personales Subjekt, das alles in Erscheinung treten ließ. Damit ist aber auch klar, der enge Zusammenhang der Schöpfung mit dem Schöpfer und den Menschen, wie er in der Genesis dargestellt wird, findet in der Quantenphysik eine erstaunliche Bestätigung. Die Quantenphysik hat keine Einwände gegen die biblische Genesis. Gegen die Evolutionstheorie hat hingegen schon die herkömmliche Physik abqualifizierende Einwände. Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gilt, dass In einem geschlossenen, wärmedichten System die Entropie nicht abnehmen kann, sie nimmt in der Regel zu. Zustandsgröße eines physikalischen Systems, das ist die Beschaffenheit eines Systems, die durch eine mehr oder weniger gegebene Ordnung oder Systematik gekennzeichnet ist.

      In einem Gas sind zum Beispiel die Moleküle, je länger man das System abgeschlossen hält, gleichmäßig verteilt. Die Folge davon ist, dass man daran nur etwas in Richtung einer Ordnung ändern kann, wenn man zielgerichtet Energie eingibt. Eine Zielrichtung vorgeben kann aber nur ein Geist. Konkret bedeutet das unter anderem, dass sich Lebewesen nicht höher entwickeln können, weil dazu eine zielgerichtete Verwendung von Energie notwendig wäre. Lebewesen sind hinsichtlich ihrer inneren Ordnung geschlossene Systeme. Die Energie in Form von Nahrung, die sie zu sich nehmen, wird maschinell auf eine verwertbare Ebene gebracht. Der Lebenskreislauf ist geschlossen. Wird er unterbrochen, stirbt das Lebewesen und es setzt der Zerfall sofort ein, weil keine zielgerichtete Information mehr weitergegeben wird, um die vorhandene oder bereit zu stellende Nahrung verarbeiten zu können. Das System als solches kann am Laufen gehalten werden, solange sichergestellt ist, dass die Information in Befehlsform weiter umgesetzt wird.

      Das was die Naturwissenschaft als Naturgesetz oder Naturregel feststellt, *19 sind natürlich nur Wirkungen, die als solches erkannt werden. Das Wirken der Naturgesetze schafft Ordnungen, die das Weltall im Makrokosmos und Mikrokosmos zusammenhält und es nicht zu einem bloßen Chaos werden lässt. Gesetze an sich sind ein Abstraktum, das aber auch so existiert, dass es wahrnehmbare und messbare Wirkungen hinterlässt. Als Ordnung schaffendes Abstraktum verweist es ebenfalls auf die nicht feststellbare, jenseitige Welt und damit auf Gott den Schöpfer und Gesetzgeber. Das sagen auch zahlreiche Bibelstellen aus. *20 Das Chaos in der Welt muss der Ordnung und dem Frieden Gottes weichen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das griechische Eiränä ähnlich wie das hebräische Schalom mehr als nur einen äußeren Frieden bedeutet. Es gibt auch den inneren Frieden und damit einen Seinszustand der Harmonie, der nicht nur die belebte, sondern auch die unbelebte Welt betrifft (1 Kor 14,33). Dieser wird letzten Endes in der Unterordnung von allem unter Christus erreicht werden. *21 So lehrt es die Bibel. Aus Sicht der Naturwissenschaft ist die Bibel richtungsweisend, obwohl doch ihre Verse zweitausend Jahre alt sind und aus einer Zeit stammen, als die Menschen noch nichts von Thermodynamik und Quantenphysik wussten. Wenn aber alles in Gott verankert ist und selbst die kleinsten Wirkungen nicht an Ihm vorbei entstehen können, dann muss zwangsläufig jeder Versuch, eine heile Welt ohne Gott zu schaffen, im Chaos, in vollendeter Entropie enden und die geringste Entfernung von Gott dem Wesen und Ziel der Schöpfung zuwiderlaufen. Das Universum ist kein Perpetuum mobile. Es ist noch nicht einmal ein vorübergehend, unabhängig existierendes mobile. Es ist ja nur ein Objekt,