A. F. Morland

5 lange und 7 kurze Krimis


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      „Glauben Sie das?“, wollte Helen wissen, und sie sah Wyan forschend an.

      Wyan, der wie ein ledergesichtiger Seemann aussah, schüttelte den Kopf.

      „Nein. Denn das erfordert eine reine Bergsteigerarbeit bis hinauf zum Kopf der neun Meter hohen Presse. Dort oben sitzt das Ventil des Ableitungsschlauches. Niemand kann bestätigen, dass es nach dem Unfall jemand geöffnet hätte. Also war es immer offen. Ich kenne da einen Fall in der Lastwagenfabrik für Fahrerhäuser, die kürzlich Dodge angeschlossen wurde. Da steht die gleiche Presse, und dort ist dasselbe vor einiger Zeit passiert. Deshalb meine Meldung an den staatlichen Untersuchungsausschuss.“

      „Danke. Und was sagt der Hersteller der Pressen, der Deburo-Konzern? Immerhin ein weltweites Unternehmen, das riesige Pressenstraßen gebaut hat.“

      Wyan zuckte die Schultern.

      „Es kann mir gleich sein, ob die viele oder wenige Pressen gebaut haben. Für mich ist das Resultat wichtig. Dieser Pressentyp ist gefährlich. Weiter nichts.“

      „Haben Sie von anderen Vorfällen mit diesem Typ gehört, außer der Sache bei Dodge?“

      „Noch nicht“, erwiderte Wyan.

      „Nun, da kann ich Ihnen helfen. Ich weiß von noch drei Fällen, allerdings nicht tödlich. Einem Mann wurden die Arme abgequetscht, einem anderen die Hände, der dritte verlor die Finger einer Hand.“

      „Und woher haben Sie diese Kunde, Sie Tausendsassa?“, fragte Wyan überrascht.

      Sie lächelte.

      „Da sind Sie baff, was? Hätten Sie von einer Frau nicht erwartet, nicht wahr? — Nun, so etwas durfte die staunende Mitwelt vor einigen Monaten einem Bericht des staatlichen Sicherheitskommissars entnehmen, allerdings gab es dazu nur die spärliche Auflage von zehntausend Exemplaren. Doch bereits ein Ingenieur der Harrison Traktoren Werke konnte mir davon berichten und mir ein Heft beschaffen. Und da diese Zeitschrift, die der Sicherheitskommissar alle halben Jahre herausgibt, auch von der Betriebsleitung gehalten wird, dürfte zumindest sicher sein, dass man dort davon Kenntnis haben konnte. Ich sagte: konnte, nicht muss.“

      „Ja, aber das ist gut, dass Sie es sagen. Danke.“ Wyan notierte. „Und wer ist der Ingenieur?“

      „Patterson, ein sehr hilfsbereiter Mensch.“

      „Behalten Sie es für sich, meine Liebe, sonst ist er morgen gekündigt! — Noch Fragen?“

      „Wann kommt die Kommission?“

      „Morgen.“

      „Da bin ich aber gespannt!“, meinte Helen und lächelte Wyan an, dass ihm ganz warm unter dem Hemd wurde.

      3

      „Mein Name ist Helen Teflin, ich komme von der ,Time‘, Mr. Zlanabitnik. Ihr Pressechef war so freundlich, mir dieses Interview mit Ihnen zu arrangieren.“

      Helen sah den großen, an Gregory Peck erinnernden Generalmanager des Deburo-Konzerns mit so viel Schmelz an, dass der gleich ein freundlicheres Gesicht machte, dann sogar sein „Say-Cheese-Lächeln“ zeigte und fragte: „Möchten Sie eine Cola, Kaffee oder so etwas? Warum nehmen Sie nicht Platz? Ich wusste gar nicht, dass es solch charmante Reporterinnen gibt!“

      „Sie sind sehr freundlich. Sicher kennen Sie den Grund meines Besuches.“

      Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

      „Ach so, nach dieser Geschichte in Oaks fragen Sie? Dumme Sache. Armer Kerl. Aber sie machen immer wieder solche Sachen ...“

      „Was für Sachen?“, unterbrach sie ihn. „Dass sie sich totschlagen lassen?“

      „Nein“, erklärte er mit dem Unterton erzwungener Nachsicht einem solch blutigen Laien — wie er glaubte — in Sachen Technik gegenüber. „Nein, dazu müsste ich Ihnen schon einmal erläutern, wie es zu so einem Unfall kommen kann. Um es vorwegzunehmen, liebe Miss ... ah, mir ist der Name ganz entfallen ...“

      „Teflin. Aber Sie wollen mir doch nicht erklären, dass Zamrico bis hinauf zum Kopf des Pressengestells geklettert, dort den Ventilhebel der Abdruckleitung geschlossen hat und dass nach seinem Tod, als ein paar hundert Zeugen herumstanden, jemand hinaufgeklettert ist, um ihn wieder zu öffnen?“

      Zlanabitnik wurde es im schönen dunkelgrauen Anzug heiß. Die Frau, die er eben noch etwas nachsichtig und von oben herab wie eine kleine, wenn auch bildhübsche Idiotin abqualifizieren wollte, wurde ihm mit einem Male unheimlich. Aber dann beruhigte er sich mit dem Gedanken, dass es eingetrichtertes Gerede war, was sie da von sich gab. Natürlich, dachte er, irgendwer hat ihr diese Sache eingebleut. Wie komme ich nur darauf, dass es anders sein könnte? Und er sagte mit gespieltem Spott: „Na, Sie hoffen doch nicht, dass ich auf so etwas eingehe?“

      „Doch“, sagte sie, „das erhoffe ich schon. Denn es gibt praktisch keine andere Möglichkeit, um die Blockierung, die vom Fotowiderstand in dem Moment ausgelöst wird, da man den Lichtstrahl unterbricht, zu lösen oder zu umgehen. Und kein einziger Zeuge von denen, die nach dem Unfall dort waren, hat gesehen, dass dieses bewusste Ventil von irgendwem wieder geöffnet worden ist.“

      „Und wer sagt Ihnen, dass es offen war, als die Sache passierte?“, fragte er längst nicht mehr so höflich, sondern ziemlich gereizt.

      „Die Polizei hat das festgestellt, lieber Mr. Zlanabitnik. — Merkwürdiger Name übrigens den Sie haben? Ist das nicht slowenisch?“

      Diese Frau nahm ihm fast die Luft. Er hatte seine Selbstsicherheit nahezu verloren. Wieso sprach sie auf einmal von seiner Herkunft? Das hörte sich ja an, als hätte sie sich über ihn erkundigt.

      „Wir sprechen von dem Unfall, denke ich“, fauchte er sie an.

      „Ja, und wie ich sehe, hat es Ihnen ziemlich die Argumente verschlagen. Oder haben Sie noch eine Erklärung parat? Womöglich können Sie mir stattdessen sagen, wie es in den nachfolgenden Fällen zu ähnlichen Unfällen kommen konnte. Hier, sehen Sie sich einmal diese Liste an. Das sind alles Pressen dieses Typs, Pressen, die von Ihnen gebaut wurden und bei denen ganz unmotiviert auf einmal die Blockierung versagte, wo sich die Presse auf den Arbeiter stürzte und ihn erschlug, oder ihm Arme, Hände oder Finger abquetschte. Sehen Sie sich die Liste in aller Ruhe an! In allen Fällen war das Ventil offen.“

      Zlanabitnik sah überhaupt nicht auf die Liste. Er starrte Helen an wie etwas, das geradewegs aus der Hölle gekommen zu sein schien.

      „Woher“, keuchte er, „haben Sie die Liste? Woher, zum Teufel? Reden Sie!“ Er streckte die Hand nach ihr aus,

      „Unruhig geworden?“, fragte sie lächelnd. „Es gibt noch viele Kopien dieser Liste. Mr. Zlanabitnik. Hier, nehmen Sie nur!“

      Er riss sie ihr aus der Hand, starrte kurz darauf, warf sie hinter sich auf den Schreibtisch und schloss einen Augenblick die Augen. Sein Gesicht glättete sich, als hätte er sich soweit unter Gewalt, einen Wutausbruch zu verhindern. Gefasst sagte er: „Dreitausend!“

      „Dreitausend was?“, fragte sie und sah ihn verständnislos an.

      „Dreitausend Dollar. Für Sie!“

      „Für mich?“ Sie tat ahnungslos, obgleich sie alles begriff.

      „Natürlich für Sie.“ Er lächelte konziliant, aber es war ein öliges, unechtes Lächeln. „Dreitausend Dollar ist doch eine Stange Geld für jemanden, der wie Sie in einer so kleinen Lokalredaktion ...“

      Sie lachte plötzlich, lachte herzhaft und sagte, während bei ihm wieder die Zornesader anzuschwellen begann: „Ich danke Ihnen, Sir, ich danke Ihnen sehr für die Unterhaltung. Guten Tag, Sir!“ Und dann ging sie.

      Er lief ihr bis zum Lift nach.

      „Fünftausend!“, keuchte er.

      „Machen Sie sich