Die „kleine Eiszeit“ wurde ohne ersichtliche Ursache durch das Hitzejahr 1540 unterbrochen. In Spanien hielten die Menschen Bittprozessionen für Regen ab und im Winter war es in Italien trocken und „warm wie im Juli", heißt es in einer Wetterchronik. Es war nur ein kurzes Intervall. Denn die Eiszeit meldete sich zurück. Der Rhein fror regelmäßig vollständig zu, die Chronisten verzeichneten ab 1700 vierzehnmal eine rheinische Eiszeit. Napoleons Armee ging 1812 im bitterkalten russischen Winter unter, bis diese Kältephase ab 1850 von einer wärmeren Phase abgelöst wurde, die in den 1940er und 1950er Jahren von besonders kalten Wintern in Mitteleuropa unterbrochen wurde. Erneut zwang ein ungewöhnlich kalter „sibirischer“ Winter eine Armee zum Rückzug aus Russland: Die Wehrmacht war Temperaturen von minus 40 Grad hilflos ausgeliefert.
Anschließend fielen die Temperaturen weltweit bis etwa 1975 ab. Der „Hungerwinter 1946/47“ wurde einer der kältesten Winter des 20. Jahrhunderts in Europa. Im „Lawinenwinter 1951“ starben im Alpenraum 265 Menschen an den direkten Folgen der durch die extremen Wetterereignisse ausgelösten Lawinen, während der Winter der Jahre 1962/1963 sich bemühte, mit einer ungewöhnlich langen Frostdauer Nachfolger des „Hungerwinters 1946/47“ zu werden. 1978/1979 wurde im Rahmen einer Schneekatastrophe mit schweren Behinderungen in weiten Gebieten Norddeutschlands die Bundeswehr zur Hilfe gerufen, 1985, 1987 und 1992 folgten Kältewellen in Zentraleuropa, 1996/1997 in Osteuropa. Niemand sprach damals von CO2 oder anthropogenen Ursachen einer Erderwärmung und alle Welt meinte, die starken Temperaturschwankungen hätten natürliche Ursachen.
2003 wurde Europa durch eine Hitzewelle heimgesucht, die als eine der schwersten Naturkatastrophen des Kontinents der letzten hundert Jahre eingeschätzt wurde. Diese Hitzewelle wurde 2006 durch eine Schneekatastrophe in Zentraleuropa abgelöst, drei Jahre später bescherte Tief Vincent Mitteleuropa eine Kältewelle mit Schneefall, so dass die Eurostar-Züge im Kanaltunnel stecken blieben. Aber der „Klimaforscher“ Mojib Latif verkündete unverdrossen: „Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor 20 Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben“ (01.April 2000).
Aber einmal mehr kümmerte sich das Wetter wenig um Vorhersagen und machte im Winter 2017/2018 mit einer modernen „kleinen Eiszeit" richtig Ärger. In Mecklenburg-Vorpommern waren Eisbrecher unterwegs, um den Peene-Strom vom Eis freizumachen und nach Temperaturen um minus 20 Grad, nach Schneeverwehungen, zugefrorenen Häfen und vom Festland abgeschnittenen Inseln, nach geborstenen Wasserrohren und Bibbern in Bad Schwartau bei minus 15 Grad sehnte sich Norddeutschland nach höheren Temperaturen. Die ließen nicht lange auf sich warten: Der Sommer 2018 war in Deutschland der wärmste seit der Aufzeichnung, während im folgenden Winter die Menschen in den USA bei minus 40 Grad Celsius um ihr Leben fürchteten und in Europa die Alpendörfer im Schnee versanken. Der Winter 2018/2019 machte mit gewaltigen, meterhohen Schneemengen in den Alpen und Voralpen von sich reden, so dass in einigen Regionen der Notstand ausgerufen wurde. Und niemand fragte den immer noch in Talkshows auftretenden Klimaforscher Mojib Latif, was es denn auf sich habe mit seinem Orakel „Einen Winter mit starkem Frost und viel Schnee wird es in unseren Breiten nicht mehr geben“.
Kölner Dom unter Wasser, Brüssel eine Hafenstadt
Die Liste der falschen Prognosen ist ebenso lang wie die Liste mittelalterlicher Prognosen über den Weltuntergang. In den 1980-Jahren propagierten die Leitmedien das Abschmelzen der Polkappen und sämtlicher Gletscher. Der Meeresspiegel sollte innerhalb von dreißig Jahren um mehr als sieben Meter ansteigen und im SPIEGEL erschien ein Leitartikel mit dem Thema „Das Weltklima gerät aus den Fugen“. Das Titelbild zeigte den im Schmelzwasser der Polkappen versinkenden Kölner Dom. Am 26. September 1988 warnte die australische Tageszeitung „The Canberra Times“: Ein allmählicher Anstieg des Meeresspiegels drohe die 1.196 Inseln der Malediven und die Fidschi-Inseln innerhalb der nächsten dreißig Jahre vollständig zu verschlucken. Deutsche Klimaretter meinten, der Meeresspiegel werde um 3,5 Meter steigen, weite Teile Schleswig-Holsteins und der Niederlande würden im Meer versinken, Brüssel werde eine Hafenstadt.
Inzwischen sind fast vierzig Jahre vergangen und die Bewohner Borkums warten noch immer auf einen Anstieg des Meeresspiegels. Zwar hat sich der Meeresspiegel seit 1880, also innerhalb von 140 Jahren, um etwas mehr als zwanzig Zentimeter gehoben, aber bis zum Jahr 2050 wird lediglich ein Anstieg um etwa vier bis zehn Zentimeter erwartet und in Köln kann man immer noch am Ufer des Rheins trockenen Fußes spazieren gehen. Auch die Malediven sind noch da, alle 1.196 Inseln. Sie haben an Fläche zugenommen und zur Freude der Inselbewohner konnte der schwedische Ozeanograph Nils-Axel Mörner, von 1999 bis 2003 Präsident der Inqua-Kommission für Meeresspiegel-Veränderung und Küstenentwicklung, nachweisen, dass der Meeresspiegel der Fidschi bis 1700 siebzig Zentimeter höher lag als heute, danach absank, anschließend auf das heutige Niveau stieg und während der letzten 50 bis 70 Jahre absolut stabil blieb (International Journal of Earth & Environmental Sciences, Basler Zeitung 01. Februar 2018). Nach dem neuesten Bericht des IPCC könnte der Meeresspiegel im Jahr 2100 um 0,29 bis 1,1 Meter höher liegen als im Jahr 2005 mit einem mittleren Wert von 60 cm. Ein Wert, der keinerlei apokalyptischen Vorhersagen rechtfertigt.
Mit noch größerer Leidenschaft schloss man sich dem nächsten Kreuzzug an. Es ging wieder um Polar-Eis, ergänzt mit Kanada-Gletschern und sterbenden Eisbären. Und wieder einmal war es „fünf vor zwölf“. Ein Team internationaler Klimaforscher meinte 2007, der Nordpol werde in fünf Jahren eisfrei sein (Welt, 13.12.2007). Schauerlich abgemagerte Eisbären geisterten durch den Blätterwald, bis Gabriel Nirlungayuk von der Inuit-Organisation Tunngavik klarstellte, vor 50 Jahren habe es in Nunavut gut 8.000 Eisbären gegeben, heute seien es 15.000, und Tierschützer aufklärten, dass die meisten Raubtiere am Hungertod stürben, da sie im Alter nicht mehr in der Lage seien, Beute zu machen.
Zur gleichen Zeit boomte in den Schlagzeilen der Medien das Ozonloch über dem Südpol. Als Ursache für eine bedrohliche Rückbildung des Ozons, das die Erde vor den krebserregenden UV-Strahlen der Sonne schützt, wurde der „Ozonkiller“ Fluorchlorkohlenwassserstoff (FCKW) identifiziert, dessen industrielle Anwendung 1987 von allen Mitgliedern der Vereinten Nationen in einem internationalen Abkommen verboten wurde (Montrealer Protokoll). Im September 2014 gab die Weltorganisation für Meteorologie Entwarnung: Das antarktische Ozonloch werde spätestens im Jahr 2050 kein Thema mehr sein. Zudem wurde ab 1998 beobachtet, dass die Ozonkonzentration zwischen dem 60. Breitengrad Nord und dem 60. Breitengrad Süd, also über den dicht besiedelten mittleren Breiten, in denen auch Deutschland liegt, abnimmt. Das führte allerdings nicht zum erleichterten Seufzer, das antarktische Ozonloch schließe sich, aus welchen Gründen auch immer, auch nicht zur Besinnung über die Unvollkommenheit, universale Einflüsse richtig einschätzen zu können, sondern zu neuen Kassandrarufen: Damit sei der Klimawandel nicht gestoppt. Denn die Alternativen, die statt FCKW entwickelt worden seien, verursachten andere Umweltprobleme. Die Ersatzstoffe wirkten zwar nicht ozonschädlich, aber verstärkten als Treibhausgase die Erderwärmung.
Der FCKW-Diskussion folgte die Diskussion um das „besonders schädliche Methan“ und die Frage, wie weit die von Kühen produzierten Methangase („Kuhfürze“ und Rülpser) unsere Atmosphäre schädigen. In der Presse sprach man vom „Klimakiller Kuh“, die ein Zehntel aller Treibhausgase erzeuge. Doch eignete sich eine rülpsende Kuh als Feindbild für Klimaretter nicht halb so gut wie ein fetter Mercedes mit giftigen Auspuffgasen. Weshalb die Kampagne gegen den individuellen Fleischkonsum mit deutlich geringerer Umdrehungszahl gefahren wurde als die gegen die Autoindustrie, die ohnehin - nach den Atom-, Kohle-, Chemie- und Energieunternehmen - der Inbegriff allen Bösens geworden ist.
Parallel zu diesen Hiobsbotschaften schien in den 80er Jahren das Schicksal des deutschen Waldes besiegelt zu sei. „Eine Umweltkatastrophe von bisher unvorstellbarem Ausmaß" sei das Sterben des deutschen Waldes, zitierte der SPIEGEL und identifizierte „Schwefeldioxid aus Ölheizungen, Auspufftöpfen und, vor allem, den Schloten von Kraftwerken, Erzhütten und Raffinerien“ als „satanische Substanz“ (SPIEGEL, 19. November 1981). „Über allen Wipfeln ist Gift", schrieb der „Stern“, Und die „Zeit“ kommentierte: „Am Ausmaß des Waldsterbens könnte heute nicht einmal der ungläubige Thomas zweifeln". Die Angst vor dem Tod der Bäume trieb Zehntausende auf die Straße - und ebnete den Grünen, der deutschesten aller Parteien, die große Moral mit großer Angst verbindet, den Weg in die Parlamente.
Doch