A. F. Morland

Sammelband 4 Krimis: Mordgeflüster in Venedig und drei andere Krimis


Скачать книгу

Rücken. Was wusste Norbert sonst noch?

      „Wozu brauchst du einen Revolver, Sabrina?“

      Sie hob trotzig den Kopf. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“

      „Es ist dir nicht erlaubt, eine Waffe zu besitzen.“

      „Willst du mir deswegen Schwierigkeiten machen? Denkst du, mich erpressen zu können?“

      „Ich möchte verhindern, dass du in dein Unheil rennst.“

      „Das tat ich, als ich dich heiratete. Noch mal mache ich so einen Fehler bestimmt nicht.“

      „Ich verstehe. Du erschießt ab sofort jeden Mann, der dir gefährlich werden, bei dem du schwach werden könntest.“

      „Spare dir deinen Sarkasmus! Mache, dass du endlich fortkommst!“

      Er nickte. „Sonst rufst du die Polizei. Meine Liebe, wer Butter auf dem Kopf hat, sollte nicht in die Sonne gehen.“

      Sie kniff die Augen zusammen und stemmte die Fäuste gereizt in die Seiten.

      „Sage mal, was willst du eigentlich wirklich von mir?“

      „Das habe ich dir bereits erklärt. Ich möchte dich wiederhaben, weil ich ohne dich nicht leben kann.“

      Warum gibst du ihm die Chance nicht, wenn er es ehrlich meint?, fragte die innere Stimme.

      Ich kann nicht!, schrie es in Sabrina. Der Karren ist völlig verfahren, und Norbert ist schuld daran. Jawohl, Norbert. Hätte er sich mit mir, seiner Ehefrau, begnügt, wäre es zu keiner Scheidung gekommen. Ich hätte Ibn Achbar nicht in St. Moritz kennengelernt und ihm nicht meine Hilfe angeboten. Mir wäre Halef Mudji und all die Dinge, die sich daraus noch entwickeln werden, erspart geblieben. Aber Norbert wollte es nicht anders ... Für eine Umkehr war es zu spät.

      „Geh!“, sagte sie schneidend.

      „Sabrina ...“ Er ging zu ihr, und sie versetzte ihm eine kräftige Ohrfeige. Es schmerzte sie selbst, aber sie musste es tun.

      Norbert griff nach ihren Schultern und zog die Frau an sich. Sie wehrte sich wild, aber er war stärker.

      Es darf nicht geschehen!, schrie es in Sabrina. Es darf nicht! Himmel, steh mir bei!

      Aber hatte sie ein Recht, den Himmel um Hilfe anzuflehen?

      12

      Halef Mudji betrieb seine Lokalstudien mit äußerster Gewissenhaftigkeit. Vor allem die Umgebung der Wiesen-Klinik sah er sich sehr genau an, und er war dabei bestrebt, niemandem aufzufallen. Er wusste schon, wo er sich auf die Lauer legen würde. Sein Plan stand noch nicht in allen Einzelheiten, aber in groben Umrissen wusste er bereits, wie die Tat ablaufen würde.

      Es sollte geschehen, wenn Rashid Achbar die Klinik verließ. Ein Wagen würde davor auf ihn warten, und den durfte der Scheich nicht erreichen. Egal, wie viele Personen ihn umgeben würden, es würde noch Platz für eine Kugel sein. Aufregung, Panik, Hysterie würde der Schuss auslösen, und die Leibwächter des Scheichs würden zu ihren Waffen greifen, sobald sie die Schrecksekunde überwunden hatten, doch bis dahin konnte er seinen eigenen Wagen bereits erreicht haben, und wenn nicht, würden auch die Leibwächter sterben.

      Mudji stieg in den Wagen und fuhr los. Er kam an einem kleinen Park vorbei. Auf dem Spielplatz tollten übermütige Kinder. Ihre Mütter saßen auf Holzbänken und plauderten. Eine friedliche Idylle, an der der lebendig gewordene Tod vorbeifuhr.

      Mudji kehrte zur Villa zurück. Als er diese betrat, sah er Sabrina Arendt mit einem Mann im Wohnzimmer kämpfen. Ohne Verzögerung handelte er. Mit wenigen Schritten war er bei der jungen Frau und dem Mann. Der Revolver befand sich in seiner Hand. Er schlug damit zu, und der Mann brach zusammen.

      Sabrina starrte den Araber entgeistert an. „Was hast du getan?“

      „Du solltest mir dankbar sein, dass ich eingegriffen habe“, sagte Mudji.

      „Du hast ihn niedergeschlagen.“

      „Wer ist das? Kennst du ihn? Was will er in unserer Villa?“

      Sabrina sank neben Norbert Palven auf die Knie. Sie zögerte, ihren Ex-Ehemann anzufassen, tat es aber schließlich doch. Sie schlug ihn leicht auf die Wangen.

      „Wer ist das?“, wollte der Araber ungeduldig wissen. „Rede!“

      „Es ... es ist Norbert. Norbert Palven ...“

      „Dein geschiedener Mann?“

      „Ja.“

      „Wie kommt er hierher? Wieso weiß er von dieser Villa? Hast du es ihm gesagt? Was hast du ihm noch alles verraten?“ Mudji fasste nach ihrem Handgelenk. Sein Griff war schmerzhaft.

      „Du tust mir weh!“, schrie sie mit weinerlicher Stimme.

      „Dann sage mir endlich, was ich wissen will!“, herrschte er sie an.

      „Ich habe nichts verraten. Er bekam heraus, dass ich diese Villa mietete.“

      „Dann warst du also nicht vorsichtig genug. Ich hätte es wissen müssen. Frauen bringen niemals Glück. Es gibt mit ihnen immer wieder Komplikationen. Wie konnte sich Ibn Achbar nur an eine Frau um Hilfe wenden?“

      Sabrina verschwieg den Privatdetektiv, damit Mudji nicht rot sah.

      „Was will Palven hier?“, fragte Mudji.

      „Du wirst es nicht glauben. Er möchte, dass wir noch einmal von vorn anfangen.“

      „Er hat dich betrogen. Vierfach gleich.“

      „Er hat diese Freundinnen nicht mehr.“

      „Der Kater lässt das Mausen nicht. Sagt man das nicht bei euch?“

      „Norbert ist entschlossen, sich zu ändern, hat sich schon geändert.“

      „Das hat er dir gesagt? Und du glaubst ihm? Ich muss dich falsch eingeschätzt haben, Sabrina. Ich dachte, irgendwie wären wir aus dem gleichen Holz geschnitzt, doch nun muss ich erkennen, dass das nicht der Fall ist. Du bist eben doch in erster Linie eine Frau, und wie alle Frauen denkst du nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen - und das ist falsch, denn das kann dir eines Tages zum Verhängnis werden. Du weißt, auf was du dich eingelassen hast, als du dich bereit erklärtest, Ibn Achbar zu helfen. Ein Zurück gibt es nun nicht mehr, das lasse ich nicht zu.“

      „Ich habe nicht behauptet, dass ich mich zurückziehen will.“

      „Du brauchst es mir nicht zu sagen. Ich sehe, was du möchtest.“

      Sabrina Arendt biss sich auf die Unterlippe. Nein, sie war wirklich nicht so hart, kalt und gefühllos wie Halef Mudji. Sie wollte plötzlich nichts mehr mit ihm zu tun haben, aber er hatte ihr unmissverständlich erklärt, dass sie nicht aussteigen konnte.

      Ein Mann wie Halef Mudji löste seine Probleme schnell und eiskalt. Sie bedeutete ihm gar nichts. Sollte sie für ihn zum Risiko werden, würde er sie töten, ohne mit der Wimper zu zucken.

      Sabrina schüttelte Norbert.

      „Weg da!“, sagte der Araber scharf. „Lass ihn!“

      „Er