Alfred Bekker

Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser


Скачать книгу

glaubst? Dort werde ich allerdings nur Alexander Hambach genannt, weil ich auf Titel und solche Sachen keinen Wert lege. Meine Mutter ist, weil nie eine Scheidung erfolgte, immer noch die dem Fürsten angetraute Frau.«

      »Die er vor über zwanzig Jahren samt Sohn aus seinem Schloss geekelt hat«, spann Jenny den Faden weiter. »Meine Mutter hat mir diese Geschichte erzählt.« Sie blickte ihn kopfschüttelnd an. »Und du bist wirklich ...«

      »Ja, ich bin es«, bestätigte Alexander noch einmal.

      »Es ist unglaublich.« Jenny konnte es nicht fassen. »Und dein Vater weiß nicht, dass er seinen eigenen Sohn unter falschem Namen eingestellt hat?«

      »Er ahnt es nicht einmal.«

      »Warum hast du das getan?«, wollte Jenny wissen, und Alexander erklärte es ihr mit den Worten, mit denen er es schon seiner Mutter auseinandergesetzt hatte.

      »Das ist vielleicht ein Ding!«. befand Jenny. »Stellt dieser Mensch seinen eigenen Sohn als Verwalter ein und merkt es nicht einmal! Ich könnte mich totlachen!«

      »Bitte nicht!«, widersprach Alexander. »Du wirst noch gebraucht. Ich hoffe nur, dass mein Geständnis nichts an deiner gerade aufkeimenden Liebe zu mir ändert?«

      »Bestimmt nicht«, versicherte Jenny und lehnte ihren Kopf wieder an seine Schulter. »Im Gegenteil. Dein Geständnis beweist mir, dass du Vertrauen zu mir hast und es ehrlich meinst. Ach, Alex, meine innerlichen Konflikte sind damit aber noch lange nicht gelöst.«

      »Tu mir einen Gefallen, Liebes!«, bat Alexander. »Nenne mich weiterhin Thomas, damit du gar nicht erst Gefahr läufst, dich zu verplappern.«

      »Gern, Thomas. Und wie lange gedenkst du dieses gefährliche Spiel mit deinem Vater noch zu treiben?«

      »Das weiß ich selbst noch nicht«, bekannte er. »Wahrscheinlich wird die Bombe platzen, wenn ich dich bitte, meine Frau zu werden. Dann wird es Streit geben, weil nach Meinung des Fürsten, blaues Blut und ein bürgerlicher Verwalter nicht zusammengehören. Also werde ich ihm dann die Wahrheit gestehen müssen.«

      »Woher willst du denn jetzt schon wissen, ob ich überhaupt deine Frau werden möchte?«, erkundigte sich Jenny.

      »Ich hoffe es einfach mal, denn irgendwann wirst du dir über deine Gefühle ja sicher im Klaren sein.«

      »Das bin ich mir eigentlich jetzt schon«, gestand sie leise ein. »Wenn nur dieses schlechte Gewissen wegen Ted nicht wäre. Und die Angst, dass er sich etwas antut, wenn er erfährt, dass es aus ist zwischen uns.«

      »Hat er dir damit etwa gedroht?«

      »Direkt nicht«, erklärte sie. »Er hat nur gesagt, dass er, wenn ich ihn verlasse, nicht mehr leben möchte.«

      »Meine Güte, dass ist so ein Allerweltsspruch, den jeder Verliebte seiner Angebeteten auftischt«, meinte Alexander. »Ich könnte das jetzt genau so zu dir sagen, tu es aber nicht, weil ich es für kindisch halte. Jeder Mensch kann weiterleben, wenn ihm etwas Liebes genommen wird. Er muss es einfach, weil ihm letztlich gar keine andere Wahl bleibt.«

      »Das habe ich ihm ja auch klarzumachen versucht«, entgegnete Jenny. »Er wollte es nicht einsehen und hat mich mit seiner unerträglichen Eifersucht genervt. Ich wurde wütend und habe mich ziemlich kühl von ihm verabschiedet. Und jetzt stellt sich im Nachhinein heraus, dass er mit seiner Eifersucht gar nicht so unrecht hatte. Ich bin auf dem besten Weg, die versprochene Treue zu brechen, habe es eigentlich längst schon getan. Wenn nicht durch Taten, abgesehen von dem Kuss gestern, dann doch in Gedanken.«

      »Du musst ihn anrufen«, schlug Alexander vor. »Du musst ihm sagen, was geschehen ist.«

      »Ja, das werde ich wohl irgendwann tun müssen«, erwiderte Jenny. »Aber nicht jetzt und nicht heute. Heute möchte ich nur noch ein bisschen glücklich sein mit dir.«

      Diese Worte verstand Alexander als Einladung, sie in die Arme zu nehmen und voller Zärtlichkeit zu küssen. Diesmal stieß sie ihn nicht von sich, und es störte sie auch nicht, dass einige Leute stehenblieben und sie verständnisvoll schmunzelnd beobachteten. Sie bekam es gar nicht mit.

      7

      Sie verbrachten auch den Abend in der romantischen Stadt am Neckar. Fürst Boris hatte ihnen kein Limit gesetzt, wann sie zurückzukehren hatten. Er war selbst in geschäftlichen Angelegenheiten unterwegs, die wahrscheinlich auch noch den nächsten Tag beanspruchen würden. So riefen sie lediglich in Schloss Hambach an und informierten den Butler, dass sie auswärts speisen würden. Butler Karl verlor kein Wort darüber, dachte sich aber seinen Teil.

      Es machte Spaß, einen Bummel durch die zum Teil schon recht alten Studentenkneipen zu unternehmen. Alexander und Jenny zogen von Kneipe zu Kneipe, amüsierten sich prächtig und hatten sich viel zu erzählen. So erfuhr das Mädchen unter anderem, dass die Mutter ihres Begleiters in St. Annen ein kleines Hotel betrieb. Dieses Wissen sollte später von großem Nutzen für sie sein.

      Gegen Mitternacht landeten sie dann doch noch in einem sehr ursprünglichen Lokal, das es schon seit Ewigkeiten gab. Hier hockte ein Mann am verstimmten Klavier und sang mit rauchiger Stimme alte Lieder, in die viele der Gäste begeistert einstimmten. Eine bierselige Stimmung, die an den Film und das Musical Alt Heidelberg erinnerte.

      »Es war herrlich«, schwärmte Jenny, als sie später nach Hause fuhren. »Genau so habe ich mir Heidelberg vorgestellt.«

      »Genau so stellen es sich unzählige Amerikaner vor«, meinte Alexander trocken. »Vielleicht ist dir ja aufgefallen, dass in den Straßen fast mehr Englisch als Deutsch gesprochen wurde.«

      »Und Japanisch«, fügte Jenny lächelnd hinzu. »Es ist ja auch wunderschön hier. Die Zeit ist nur so geflogen. Es ist später geworden, als ich dachte. Wesentlich später.«

      »Bist du müde?«, fragte Alexander.

      »Ach was«, winkte Jenny ab. »Aufgekratzt bin ich. Ich könnte noch so richtig einen draufmachen.«

      »Dann tun wir’s doch«, schlug Alexander vor. »Bei mir. Ich habe noch ein gutes Fläschchen Wein im Angebot.«

      »Ich weiß nicht so recht«, zögerte Jenny und blickte ihren Begleiter unsicher von der Seite an. »Wenn jemand mitbekommt, dass du und ich allein ... Schon geht das Getratsche los.«

      »Um diese Zeit ist keiner mehr wach auf Schloss Hambach«, vermutete Alexander. »Außerdem steht mein Haus etwas abseits. Oder hast du etwa Angst vor mir?«

      Jenny lachte, aber es klang nicht besonders fröhlich.

      »Ach was«, verneinte sie. »Ich nehme doch an, dass du ein Gentleman bist?«

      »Aber das ist doch selbstverständlich«, versprach Alexander. »Oder meinst du, ich möchte dich verlieren, bevor ich dich überhaupt für mich gewonnen habe?«

      »Also gut«, willigte Jenny ein.

      »Trinken wir halt noch ein Glas Wein bei dir. Aber höchstens auf ein Stündchen. Schließlich musst du morgen früh pünktlich zum Dienst erscheinen.«

      »Das lass mal meine Sorge sein«, entgegnete er. »Wann, wo und ob ich erscheine, ist allein meine Sache. Außerdem brauche ich nicht viel Schlaf. Zu meiner Studentenzeit - und das ist ja noch nicht so lange her - haben wir oft