Ehrenfried Heinz

PlanungsPraxis Lüftung in Wohngebäuden - Planung und Umsetzung nach DIN 1946-6


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bis hin zu akuten und chronischen Schädigungen der Gesundheit auftreten.

Saubere trockene Luft enthält nach [Witthauer93] in Volumen-%
Stickstoff 78,09
Wasserstoff 0,01
Kohlendioxid 0,033
Argon 0,93
Sauerstoff 20,95
sowie Spuren von Helium, Neon, Krypton und Xenon.

      Tab. 1.1: Bestandteile sauberer trockener Luft in Volumen-% [Witthauer93]

      Die Bedeutung der Qualität der Raumluft wird häufig noch unterschätzt. „Die Luft in Innenräumen ist oftmals viel stärker verunreinigt als die Außenluft“ [Rat87]. In Räumen hält sich der Mensch aber bis zu 90 % des Tages auf [Witthauer93] und kann dabei folgenden, die Luft verunreinigenden Bestandteilen ausgesetzt sein:

      image flüchtige organische Komponenten VOC (volatile organic compounds): synthetische und natürliche Luftverunreinigungen, die bereits bei Raumtemperatur aus der Innenausstattung und aus Produkten des täglichen Bedarfs ausgasen (Kohlenwasserstoffe, wie z. B. Alkane oder Alkene als Fettlöser, und Toluol in Klebstoffen, Lacken, Druckerzeugnissen, und natürliche Bestandteile mancher Holzarten, wie z. B. Terpene in Duftstoffen)

      image biologische Luftbeimengungen (Mikroorganismen und Allergene): Bakterien, Viren, Pilzsporen, Pollen, Hausstaubmilben und Tierepithelien

      image anorganische Stoffe (Chemikalien), auch mit toxischer Wirkung

      image Geruchsstoffe

      image Feinstaub

Quelle Stoff-Emissionen (Raumluft-Beimengungen)
Mensch, Haustiere Kohlendioxid (CO2), Wasserdampf (H2O), Mikroorganismen (Keime, Viren), Allergene, Geruchsstoffe
Energieversorgung, häusliche Aktivitäten und Hilfsmittel
(raumluftabhängige) Heizung und Warmwasserbereitung Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2), Stickstoffdioxid (NO2), Aldehyde, Kohlenwasserstoffe, polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Wasserdampf (H2O), Staubpartikel (Feinstaub)
Kochen, Braten, Backen, Grillen Wasserdampf (H2O), Fette, Geruchsstoffe
Pflege- und Reinigungsmittel, Kosmetika Aromastoffe und andere organische Verbindungen und Säuren, teilweise als Aerosol, Konservierungsstoffe, Lösungsmittel, Treibgase, Geruchsstoffe
Produkte des Heimwerker- und Bastelbedarfs Lösungsmittel aus Farben, Lacken und Klebstoffen, Holzschutzmittel, Geruchsstoffe
Mittel zur Ungezieferbekämpfung und Desinfektion sowie für den Schutz von Holz, Textilien und Zimmerpflanzen Pestizide, Insektizide, ausgasende Wirkstoffe und Lösungsmittel, Pyrethroide, Geruchsstoffe
Duschen, Baden, Waschen Wasserdampf (H2O)
Zimmerpflanzen Wasserdampf (H2O), Pilzsporen
Lüftung, Hausarbeiten, brennende Kerzen (Fein-)Staub mit vielfältigen schädlichen Anlagerungen
Rauchen CO, NO2, Acrolein und andere Aldehyde, Nitrosamine, Tabakrauch-Partikel (Feinstaub), PAK, Geruchsstoffe
Gebäude und Raumausstattung
Bau- und Renovierungsmaterial Radon, Asbest, Formaldehyd und andere organische Verbindungen, z. B. Lösungs- und Holzschutzmittel, Klebstoffe, polychlorierte Biphenyle (PCB), Geruchsstoffe
Möbel, Wandbekleidungen, Raumtextilien Lösungsmittel, Formaldehyd und andere organische Verbindungen, (Fein-)Staub, Geruchsstoffe

       Tabelle 1.2: Beispiele für Raumluft-Verunreinigungen und ihre Quellen [Heinz11]

      Bezüglich der bekannten Raumluftverunreinigungen und ihrer Quellen listet allein das europäische Chemikalien-Inventar EINECS (European Inventory of Existing Commercial Chemicals) mehr als hunderttausend chemische Stoffe auf. Das Chemical Abstract Service (CAS) spricht sogar von mehr als 7 Mio. Verbindungen. Allein innerhalb der EU kommen jährlich etwa 1.000 neue hinzu [LANUV09], deren mutmaßliches gesundheitliches Risiko nur schwer oder erst nach längerer Zeit richtig einzuschätzen ist. Eine Auswahl der wichtigsten Raumluftverunreinigungen einschließlich ihrer Quellen kann Tab. 1.2 entnommen werden.

      Welche von den bekannten Luftbeimengungen in welchen Konzentrationen und über welche Expositionszeiträume hinweg zu Irritationen bzw. Schädigungen beim Menschen führen können, lässt sich nur unvollkommen für einige wenige Luftschadstoffe beantworten [Rat87, Witthauer93]. Für diese existieren z. B. MAK-, AGW- und BGW-Werte als Grenz- und Richtwerte. Dabei ist aber zu beachten, dass „solche Werte meist für bestimmte Zwecke oder Anwendungsbereiche erarbeitet werden und dass ihnen daher meist bestimmte Annahmen oder Voraussetzungen zugrunde liegen. Deshalb können diese Werte nur in sehr begrenztem Maße in anderen als den vorgesehenen Bereichen als Beurteilungsgrundlage dienen“ [Heinz11].

      Hinsichtlich MAK-, AGW- und BGW-Werten gilt Folgendes:

      image MAK-(maximale Arbeitsplatzkonzentrations-)Werte dienen dem Schutz der Gesundheit des (definitionsgemäß) gesunden Erwachsenen am Arbeitsplatz, wobei die Aufenthaltsdauer und die Konstitution des Beschäftigten eine entscheidende Rolle spielen. Bei ihrer Einhaltung wird die Gesundheit bei täglicher bzw. wöchentlicher Exposition von 8 bzw. 40 h nicht beeinträchtigt.

      image AGW-(Arbeitsplatzgrenz-)Werte beschreiben nach [TRGS 900] die durchschnittliche Konzentration eines Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz, bei der eine akute oder chronische Schädigung der Gesundheit der Beschäftigten nicht zu erwarten ist. Bei der Festlegung wird von einer i. d. R. achtstündigen Exposition an fünf Tagen in der Woche während der Lebensarbeitszeit ausgegangen.

      image BGW-(biologische Grenz-)Werte geben nach [TRGS 903] an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffs die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.

      Die Aufgabe der Wohnungslüftung ist es, für einen ausreichenden Abtransport der unvermeidbar frei werdenden Schadstoffe zu sorgen.

      Laut Umweltbundesamt sind dafür bzgl. der zugelassenen bzw. empfohlenen unbedenklichen Werte mindestens die nachfolgend aufgeführten Konzentrationen in der Raumluft einzuhalten (Stand Juni 2013):