Izabella Wentz

Das Hashimoto-Programm


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ein anderer Arzt meine Schilddrüsen-Antikörper bestimmt und festgestellt hatte, dass sie im Bereich von über 2 000 U/ml lagen!

      TPO- und TG-Antikörper

      Zur Feststellung von Hashimoto bestimmt man im Blut am besten die Schilddrüsen-Antikörper, die auf eine Autoimmunreaktion gegenüber der Schilddrüse hinweisen. Die beiden Antikörpertests mit erhöhten Werten bei Hashimoto sind:

      – Schilddrüsen-Peroxidase-Antikörper (TPO-AK)

      – Thyreoglobulin-Antikörper (TG-AK)

      Bei vielen Hashimoto-Patienten sind beide oder auch nur einer erhöht. Und je mehr Antikörper vorhanden sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, eine deutliche Hypothyreose und möglicherweise weitere Autoimmunerkrankungen zu entwickeln. Patienten mit Morbus Basedow (Hyperthyreose) und Schilddrüsenkrebs können ebenfalls erhöhte Antikörper haben, auch gegen TPO und TG sowie gegen die TSH-Rezeptoren (TRAK).

      Bei Menschen ohne Schilddrüsenerkrankung können zwar auch Antikörper in geringen Mengen vorliegen, doch erhöhte Werte sind ein Hinweis darauf, dass das Immunsystem auf die Zerstörung der Schilddrüse abzielt. Sie sind im Wesentlichen für den Krankheitsprozess bezeichnend: je mehr Antikörper, desto aggressiver der Angriff auf die Schilddrüse.

      Schulmediziner lassen – außer bei einem erhöhten TSH-Wert – vielleicht gar keine Antikörper bestimmen, was problematisch ist, denn sie können bereits jahrzehntelang erhöht sein, bevor eine Veränderung des TSH-Wertes zu sehen ist. Bei Menschen, die erhöhte Antikörper, aber noch keinen erhöhten TSH-Wert hatten, zogen Ärzte in der Regel eine dieser beiden Schlussfolgerungen: Wahrscheinlich hatten sie keine entsprechenden Symptome und es gab auch nichts, was man für sie hätte tun können. Heute wissen wir, dass sie in beiderlei Hinsicht falsch lagen. Die neuere Forschung zeigt, dass vorhandene Antikörper zu Symptomen wie Angstzuständen, Müdigkeit und generellen Befindlichkeitsstörungen führen können und Veränderungen in der Lebensweise nachweislich sowohl die Symptome verringern als auch die Antikörper senken.

      Laut aktueller medizinischer Berichte lassen sich bei 80 bis 90 Prozent der Hashimoto-Patienten TPO-Antikörper nachweisen. Allerdings haben Forscher an der Multidisciplinary Thyroid Clinic (Interdisziplinäre Klinik für Schilddrüsenerkrankungen) der University of Wisconsin festgestellt, dass nur die Hälfte der Patienten Schilddrüsen-Antikörper aufwiesen, bei denen eine zytologische Untersuchung (hierzu gleich mehr) in Bezug auf Hashimoto positiv ausfiel. Gegenwärtigen Schätzungen der Volksgesundheit zufolge liegt Hashimoto in den USA zwar im Bereich von 1 bis 2 Prozent, doch Forscher gehen davon aus, dass in Wirklichkeit 13,4 Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind und das mit moderneren Diagnosemethoden auch festgestellt werden könnte.

      Ultraschall der Schilddrüse

      Sind im Blut keine Schilddrüsen-Antikörper nachweisbar, kann ein Ultraschall der Schilddrüse zur Diagnose herangezogen werden. Kliniker haben festgestellt, dass die mit Hashimoto übereinstimmenden Veränderungen (wie winzige Knötchen und charakteristische Veränderungen der Dichte des Schilddrüsengewebes) im Ultraschall sichtbar gemacht werden können, auch wenn der Antikörpersuchtest nicht positiv ausgefallen ist.

      Ja, das bedeutet genau das, was Sie denken – es gibt auch Hashimoto-Patienten, die „Antikörper-negativ“ sind. Forscher waren in der Regel der Annahme, dass 90 Prozent der Hashimoto-Patienten erhöhte TPO- und 80 Prozent erhöhte TG-Antikörper aufweisen. Die neuere Forschung legt aber nahe, dass sich bei 10 bis 50 Prozent eventuell keine Antikörper nachweisen lassen. In diesem Fall könnte bei diesen Menschen eine weniger aggressive Variante vorliegen, der sogenannte Antikörper-negative oder seronegative Hashimoto.

      In vielen Fällen wird Hashimoto auch im Ultraschall entdeckt, wenn ein Antikörpertest nicht positiv ausfällt. Der Ultraschall ist jedoch auch nicht immer eindeutig.

      Zytologie

      Bei einer zytologischen Untersuchung wird zur Entnahme von Zellen eine sehr dünne Nadel durch die Haut am Hals in die Schilddrüse eingeführt. Diese werden unter dem Mikroskop genau untersucht, wobei entdeckt werden kann, ob die Zellen Zeichen von Hashimoto zeigen. Da diese Diagnosemethode viel invasiver ist als eine übliche Blutuntersuchung, ist sie normalerweise zur Bestimmung von Schilddrüsenknoten vorbehalten (gutartig oder kanzerös) und dient nicht zur Diagnose von Hashimoto. Zudem kann selbst durch diese Methode eine Hashimoto-Thyreoiditis übersehen werden, weil dabei nur eine begrenzte Anzahl von Zellen entnommen wird und unter Umständen nicht jede Zelle Anzeichen von Hashimoto zeigt.

      Mein Freund Dr. Alan Christianson, ein angesehener Schilddrüsenarzt, sagt: „Bei allen Tests kann Hashimoto übersehen werden. Man kann die Erkrankung nicht völlig ausschließen, es sei denn, man könnte jede einzelne Schilddrüsenzelle unter einem Mikroskop untersuchen. Deshalb ist es wirklich wichtig, dass man zuhört, was der Patient sagt.“ Also, obwohl Labortests ihren Wert haben, bestärke ich jeden Patienten darin, mit einem Arzt zusammenzuarbeiten, der auch die individuellen Symptome berücksichtigt.

      Freies T3 und freies T4

      Die Schilddrüse bildet verschiedene Hormone, inklusive T1, T2, T3, T4 und Kalzitonin. Die aktivste Form ist Trijodthyronin (T3), danach kommt gleich Thyroxin (T4). Wenn diese Hormone aktiv sind und im Blut kreisen, werden sie als freies T3 und freies T4 bezeichnet und können durch eine Blutuntersuchung bestimmt werden. Sind die Werte niedrig, liegt der TSH aber noch im unteren Normbereich, könnte Ihr Arzt den Verdacht auf eine seltene Art der Schilddrüsenunterfunktion haben, die sogenannte sekundäre (manchmal auch: zentrale) Hypothyreose. (Hier liegt die pathologische Veränderung in der Hypophyse; Anm. d. Übers.) Diese Hormonuntersuchungen sind manchmal hilfreich für die Diagnose und oft hilfreich, um die richtige Dosierung von Schilddrüsenmedikamenten zu bestimmen. Genaueres zur Bedeutung dieser Untersuchungen finden Sie in Kapitel 8.

      Die fünf Stadien von Hashimoto

      Idealerweise würde die Diagnose Hashimoto vor der Diagnose Hypothyreose gestellt werden – dann kennt man das Hypothyreoserisiko und es besteht die Chance, die den Angriffen des Immunsystems auf die Schilddrüse zugrunde liegenden Ursachen festzustellen. Hashimoto entwickelt sich in fünf Stadien, das bedeutet, auf diesem Weg gibt es mehrere Punkte, an denen die Krankheit abgefangen werden kann, bevor es zu einer Unterfunktion kommt. Im Folgenden beschreibe ich die fünf Entwicklungsstadien und die zu erwartende schulmedizinische Behandlung:

      – Stadium 1: Es besteht lediglich die genetische Prädisposition zu Hashimoto, aber es gibt keinerlei Anzeichen der Erkrankung. Es bestand keine Belastung mit den erforderlichen Autoimmunauslösern und daher ist die Schilddrüsenfunktion optimal, ohne Hinweis auf einen Immunangriff auf das Organ. Es gibt keine Schilddrüsensymptome und Hashimoto kann, abgesehen von der genetischen Prädisposition, im Grunde nicht nachgewiesen werden. Gestützt durch Belege, die ich in Kapitel 4 vorstelle, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass bis zu 80 Prozent der Menschen genetisch zur Entwicklung von Hashimoto prädestiniert sind, wenn sie zusätzlich mit den spezifischen Auslösern in Berührung kommen. Obwohl manche der prädisponierenden Gene bereits von der Wissenschaft identifiziert wurden, muss darauf hingewiesen werden, dass der Identifizierungsprozess der krankheitsauslösenden Gene noch nicht abgeschlossen ist und dass die Gene unser Schicksal eben nicht alleine bestimmen.

      – Stadium 2: Das ist das Anfangsstadium des Autoimmunangriffs auf die Schilddrüse. Obwohl die Schilddrüsen-Antikörpersuchtests in diesem Stadium positiv sein können, liegen alle anderen Schilddrüsenwerte noch im Normbereich. Allerdings kann ein Mensch in Stadium 2 bereits hochgradig symptomatisch sein. Ärzte, die nicht mit modernen Testmethoden arbeiten, stellen in diesem Stadium oft Fehldiagnosen wie Angstzustände oder Depressionen oder stempeln Betroffene als Hypochonder ab.

      – Stadium 3: Hier sehen wir den Beginn eines Schilddrüsenversagens; es wird als subklinische Hypothyreose bezeichnet. Die Schilddrüse kann die Autoimmunangriffe nicht mehr kompensieren, also