Offenbar handelte es sich um Bodyguards jener mysteriösen Person, die wir schützen sollten.
Hinter uns wurde das Tor geschlossen.
Meine FBI-Kollegen waren mir natürlich auf den Fersen.
Aber sie mussten sich in einen gebührenden Abstand halten.
Auf das Gelände des Yachthafens konnten meine Kollegen wohl kaum vordringen.
Das Risiko war einfach zu groß.
Am Hemdkragen trug ich ein winziges Mikro. Unter den zahlreichen Nieten und Aufnähern meiner Lederjacke befand sich gut getarnt außerdem eine Mini-Videokamera, deren Objektiv etwa Daumenagelgröße hatte. Die Kamera arbeitete mit einem sogenannten Restlichtverstärker, der auch in Nachtsichtgeräten eingesetzt wurde. So waren Aufnahmen bei Dunkelheit im Freien kein Problem. Allenfalls bei einem völlig abgedunkelten Innenraum blieb der Monitor am Ende schwarz.
Der Yachthafen war zwar nachts nicht ganz so üppig beleuchtet, wie ich das aus den Straßenschluchten Manhattans gewohnt war, aber es war ausreichend.
Die Videoaufnahmen, die mit der Kamera an meiner Jacke entstanden, wurden direkt an meine Kollegen gefunkt.
Ein als Lieferwagen getarntes Spezialeinsatzfahrzeug unserer Fahrbereitschaft befand sich in dem "Begleit-Tross", der mir folgte. Von dort aus konnte das Geschehen quasi live auf dem Monitor verfolgt werden.
Wir knatterten mit unseren Maschinen den breiten Weg entlang, der quer über das Hafengelände führte. Vorbei an mehreren Bootshäusern und einigen auf großen Trailern aufgebockten Yachten.
Bootsstege ragten weit hinaus ins Meer.
Die gut vertäuten Yachten drängelten sich dort. Der Großteil der Liegeplätze war belegt.
Ein wellenbrechender Damm schützte den Hafen vor den Gewalten des Atlantiks. Er grenzte das Hafenbecken bis auf einen etwa zehn Meter breiten Ausgang zum offenen Meer ab.
Zwei dunkle, überlange Mercedeslimousinen befanden sich auf dem Vorplatz.
Ein paar Bodyguards in dunklen Anzügen wirkten ziemlich hektisch.
Zu den Devvilish Demons bildeten sie einen eigenartigen Kontrast.
Wir bremsten die Maschinen.
King Ghost stieg von seinem Trike herunter, als einer der Schwarzgekleideten ihn zu sich rief.
Der Anführer der Devvilish Demons trat an eine der beiden Limousinen heran. Die getönte Seitenscheibe hinten links wurde heruntergelassen.
Ich hatte mich günstig postiert, sodass ich hinein sehen konnte.
Das Licht der Laternen fiel in das hagere Gesicht eines Mannes in den Fünfzigern. Hervorspringende Wangenknochen, schwarzer, exakt rasierter Knebelbart und mit Gel zurückgekämmte Haare kennzeichneten ihn.
Ich konnte nicht verstehen, was King Ghost mit dem Bärtigen besprach.
Während die Zwei miteinander redeten, zermarterte ich mir das Hirn darüber, ob ich dieses Gesicht schon einmal in einer unserer Fahndungsdateien gesehen hatte. Ich konnte mich nicht erinnern.
King Ghost kehrte zurück, wandte sich an uns.
"Hier läuft gleich eine Riesenyacht ein. Wer an Bord ist, braucht euch nicht zu interessieren. Ihr müsst nur wissen, dass es jemand ist, der für Mister Taylor da drüben sehr wichtig ist. Ihr sollt seine Gäste etwas beeindrucken..."
King Ghost grinste.
"Hat dieser Mister Taylor so wenig Gorillas zur Verfügung, dass er auf uns angewiesen ist?", fragte ich.
Der Anführer der Devvilish Demons verzog das Gesicht. "Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du zu viel fragst, Jesse!"
"Ich möchte eigentlich nur wissen, wie weit wir den Typen von der Yacht trauen können."
"Überhaupt nicht. Haltet die Augen offen. Falls ihr etwas Ungewöhnliches bemerkt, ballert sofort los. Es ist nämlich noch gar nicht lange her, da wollte der Yachtbesitzer Mister Taylor umbringen..."
Ich kannte keinen großen Gangster mit dem Namen Taylor.
Entweder dieser Mann war ein Licht der zweiten Reihe oder er hatte es bisher geschafft, sich aus dem Focus der Justiz erfolgreich herauszuhalten.
Einer der Gorillas öffnete jetzt die Tür.
Taylor stieg aus, zupfte sich sein Lederjackett zurecht.
Eine Rolex blitzte im Mondlicht.
Er bedachte die Phalanx der Devvilish Demons mit einem abschätzigen Blick.
In der Ferne tauchte jetzt eine Yacht auf. Ein gewaltiges Gefährt, offenbar hochseetauglich. Sie kam vom offenen Atlantik her und steuerte genau auf die Einfahrt des Yachthafens zu.
Bei der Hafeneinfahrt hatte Taylor einen seiner Bodyguards postiert. Die Hafeneinfahrt war gut beleuchtet, so konnte man den Kerl mit seinem Walkie-Talkie gut sehen.
Wir warteten ab.
Die Yacht näherte sich schnell der Hafeneinfahrt, passierte sie schließlich.
Der Motor brummte leise.
Gute zwanzig Meter war dieses Boot lang.
An der Kaimauer legte die Yacht an. Ein Mann sprang mit einem Tau in der Hand an Land und machte sie fest.
"Princess" stand da in roten Buchstaben auf weißem Grund.
Ein Fallreep wurde herabgelassen.
Etwa ein Dutzend Bodyguards stürmten an Land. Sie wirkten wie Angehörige einer Elite-Truppe. Sturmhauben verdeckten die Gesichter. Splitterwesten schützten den Oberkörper. Die Bewaffnung bestand aus MPis und automatischen Pistolen.
Die SIG Sauer P226 erkannte ich bei einigen der Männer.
Diese Waffe war die Standardbewaffnung des FBI und der City Police. Offenbar hatten sich die Vorzüge dieses Sechzehn-Schüssers inzwischen auch anderswo herumgesprochen.
"Waffen raus!", befahl King Ghost an uns gewandt.
Die Devvilish Demons zogen ihre Pistolen, Pumpguns und abgesägten Schrotgewehre hervor. MPis waren auf dieser Seite weniger häufig anzutreffen.
Ich hielt die SIG mit beiden Händen, den Lauf allerdings nach unten gesenkt.
"Was die Feuerkraft angeht, sind die uns überlegen!", knurrte King Ghost. "Aber ich finde, wir haben das coolere Outfit!"
Einige seiner Männer lachten.
Wahrscheinlich um ihre Anspannung zu überdecken.
Ein Mann im braunen Kaschmir-Jackett schritt über das Fallreep. Ich schätzte ihn auf Ende fünfzig. Das Jackett saß ziemlich eng. Ich vermutete, dass er unter seiner Kleidung eine kugelsichere Weste trug. Zwei der maskierten Bodyguards schirmten ihn ab.
Taylor versuchte lässig zu wirken.
Mit zwei seiner in schwarze Anzüge gekleideten Leibwächter ging er auf seinen Gesprächspartner zu.
Der Mann im Kaschmir-Jackett zeigte ein Raubtierlächeln.
Die Beiden gaben sich die Hand.
Ich bedauerte es, kein Richtmikro dabei zu haben. Die Entfernung zwischen mir und den beiden Bossen war einfach zu groß, als dass ich hoffen konnte, irgendetwas von ihrem Gespräch mir später auf Band anhören zu können.
Und unauffällig etwas näher an das Geschehen heranzukommen war in dieser Situation vollkommen unmöglich.
Die Devvilish Demons hatten die Anweisung, sofort zu feuern, wenn irgendjemand eine falsche Bewegung machte. Ich ging davon aus, dass die maskierten Waffenträger auf der anderen Seite ähnliche Befehle hatten. Der geringste Funke reichte aus, um dieses Pulverfass in die Luft gehen zu lassen.
Die beiden Männer