Alfred Bekker

Thriller-Doppel: Erwürgt/Mördertränen


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      7

      WIR ERREICHTEN EINEN Hinterhof.

      Ein Motorrad heulte auf.

      Die Maschine war aufgebockt. Zwei junge Männer standen daneben. Einer betätigte das Gas, der andere schraubte am Motor herum.

      Die beiden erstarrten, als sie uns sahen. Der Motor wurde abgestellt.

      „Fehlanzeige, Milo. Das sind die Falschen“, murmelte ich.

      Milo suchte auf dem Boden nach Blutspuren. Es lag eigentlich nahe, dass der Flüchtige diesen Weg genommen hatte.

      Wir gingen auf die beiden jungen Männer zu und zogen unsere Ausweise.

      „FBI“, konnte ich gerade noch sagen, bevor der Größere der beiden die Hände hob und damit begann, sich zu verteidigen, noch bevor ihm etwas vorgeworfen worden war.

      „Wir sind sauber, Mann! Keine Drogen! Gar nichts!“

      „Wir haben Sie gar nicht verdächtigt“, erklärte ich. „Wir suchen einen Kerl mit einer Schusswunde am Bein.“ Ich gab ihnen eine kurze Beschreibung. Die äußere Erscheinung des Flüchtigen Killers war eigentlich so prägnant, dass jede Verwechslung ausgeschlossen war.

      „Wir haben hier niemanden gesehen“, versicherten beide unisono.

      „Und von den Schüssen haben Sie wahrscheinlich auch nichts gehört?“

      „Hier in der Gegend haben alle schon mal ein paar Schüsse gehört“, meinte der Größere.

      Und der Andere ergänzte: „Meistens ist das harmlos.“

      „Wieso ist es harmlos, wenn geschossen wird?“, fragte ich.

      „Oft schießt ja doch nur jemand auf ein paar Blechdosen.“

      „Verboten ist es trotzdem.“

      „Wenn Sie hier leben würden, dann würden Sie auch zusehen, nur gut bewaffnet durch die Straßen zu gehen.“

      „Gut bewaffnet oder unter dem Schutz guter Freunde“, ergänzte der Andere.

      Ich verstand, was er meinte. Den Schutz einer Gang.

      Blut konnten wir nirgends entdecken – aber dazu war angesichts des fleckigen, mit Öllachen übersäten Bodens wahrscheinlich ohnehin nur ein Spurensicherer in der Lage.

      Milo ließ den Blick schweifen. „Der Kerl ist auf und davon“, glaubte er.

      Ich wandte mich noch einmal an die beiden jungen Männer. „Sagt Ihnen der Name George Nelson Rizzo etwas? Er handelte mit Crack.“

      „Nein.“

      „Ein Typ mit einem Ledermantel bis zu den Knöcheln.“

      Jetzt klingelte es bei den beiden.

      „Ach, Sie meinen Neo George!“, meinte der Größere.

      „Neo George?“, echote ich.

      „Ja, Sie erwähnten dich gerade seinen Ledermantel. Er sah aus wie Neo aus den Matrix-Filmen. Fand er wohl cool.“

      „Er wurde hier in der Nähe angeschossen, flüchtete anschließend und bekam dann noch mal zwei Kugeln ab.“

      „Kein Wunder“, sagte der Kleinere.

      „Wieso?“, wollte ich wissen.

      „Weil er ein mieses Arschloch war. Er hat gepanschten Stoff verkauft und in seinem Crack war kaum noch Kokain, sondern irgend ein anderes Zeug, dass ziemlich ungesund sein muss!“

      „Quatsch nicht so viel, Ricky!“, wies ihn der Größere zurecht.

      Ricky verzog das Gesicht „Wieso, es weiß doch sowieso jeder, was mit Neo George los war! Die mieseste Ratte der South Bronx! Und Carla würde noch leben, wenn diesem Dreckskerl früher jemand gezeigt hätte, wo die Grenze ist!“

      „Meinen Sie die Grenze des Gang-Territoriums der ‚Spiders’?“, fragte ich.

      Das verschlug beiden erstmal die Sprache. „Jedenfalls dürfte es hier in der Gegend nicht viele geben, die den Tod von Neo George bedauern!“, fuhr er schließlich fort.

      „Wer ist diese Carla?“, hakte ich nach.

      „Carla McGray, starb vor vier Wochen. Ich mochte sie ganz gerne und hatte auch mal was mit ihr, aber wenn sie auf Crack war, hatte sie nichts anderes als den Stoff im Hirn. Dann war sie ungenießbar.“

      „Und ihr nehmt nichts?“, fragte Milo.

      Der Größere grinste. „Unsere Droge heißt Benzin!“

      8

      WIR NAHMEN DIE PERSONALIEN der beiden jungen Männer auf. Sie hießen Ricky Spalding und Jay Beltran.

      „Die Sache mit Carla McGray sollen wir überprüfen“, fand Milo. „Am Ende haben wir es nur mit einem einfachen Rachedrama zu tun - und nicht mit den Ausläufern eines Drogenkriegs um Verteilernetze für Crack.“

      „Du vergisst das Seil, das man Rizzo um den Hals gehängt hat“, gab ich zu bedenken.

      „Das war ein Allerweltsseil, Jesse. Es könnte sich jemand an diese Serie als Trittbrettfahrer drangehängt haben.“

      „Dazu passt Rizzo wiederum zu perfekt ins bisherige Opfer-Profil!“

      „Eben deshalb!“

      „Aber vorher befragen wir noch einmal die Lady, die uns auf den Hof geschickt hat.“

      „Wieso?“

      „Sie hat uns angelogen, Milo und ich möchte wissen, was bei ihr zu Tage kommt, wenn wir etwas nachbohren.“

      „Vielleicht nur, dass sie vor der herrschenden Gang so viel Respekt hat, dass sie lieber mit niemandem spricht, der von der Polizei oder dem FBI kommt!“

      „Und wenn schon! Dann sagt das auch etwas.“

      Wir kehrten in das Haus zurück und suchten im Erdgeschoss nach Apartment 1.01. Der Name Susan Cabanez stand in verblassten Buchstaben auf dem Klingelschild.

      Milo klingelte.

      Zunächst erfolgte keine Reaktion.

      „Mrs Cabanez, hier ist noch mal das FBI. Wir haben noch ein paar Fragen!“

      Erneut warteten wir. Auf der anderen Seite der Tür waren jetzt Geräusche zu hören. Etwas, das wie Schritte klang.

      In diesem Moment tauchte Susan Cabanez im Korridor auf. Offenbar hatte sie in der Zwischenzeit das Haus verlassen und kehrte nun zurück. Sie hielt ein Verbandskissen vor den Bauch gepresst.

      Ihre Augen waren schreckgeweitet.

      „Bitte