Pete Hackett

Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga


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seine Lippen. »Sie haben recht, Sergeant. Es gefällt mir in der Tat nicht. Wenn Wilburn nach Fort Wingate, sozusagen in die Höhle des Löwen geritten ist, um mir seine Rechnung zu präsentieren, dann wird er auch den Weg nach Tularosa nicht scheuen. Nein, es gefällt mir ganz und gar nicht. Denn nicht ich werde Ort und Zeitpunkt der Abrechnung bestimmen, sondern er. Und das ist für ihn ein großer Vorteil, vielleicht sogar der halbe Sieg.«

      »Sie werden sich doch an den Befehl halten, Lieutenant?«, kam es fast entsetzt von Burmester.

      »Natürlich.«

      Whitlock und der Sergeant hatten angehalten. Bei ihnen verhielt der Bote auf seinem abgetriebenen Pferd. Der Lieutenant hatte befohlen, weiterzumarschieren. Die Fuhrwerke und die sie begleitenden Soldaten zogen über eine weitläufige Ebene. Noch eine knappe Woche, dann würden sie den Rio Grande erreichen und die Hälfte des Weges nach Tularosa hinter sich haben.

      In den vergangenen Tagen war es trocken gewesen. Staub wirbelte zwischen den Hufen der Pferde und den Rädern der Fuhrwerke. Rundherum waren Berge. Schweigend und majestätisch erhoben sie sich.

      Whitlock faltete den Brief zusammen und schob ihn in die Brusttasche seines Uniformmantels. »Bestellen Sie dem Colonel«, sagte er zu dem Boten, »dass ich mich an seine Weisung halten werde. Ich bleibe in Tularosa, bis er meine Abordnung aufhebt. Seinen Brief werde ich dem Kommandanten des Stützpunktes Tularosa zur Kenntnis geben. Es wird sich zeigen müssen, ob er der Abordnung meiner Person in seinen Stützpunkt zustimmt.«

      Der Reiter salutierte. »Ich werde es dem Colonel bestellen, Lieutenant. Viel Glück auf ihrem Weg! Gott sei mit Ihnen.« Er riss mit dem letzten Wort das Pferd herum und setzte ihm die Sporen ein. Das Tier streckte sich.

      Auch Whitlock und Burmester trieben ihre Pferde an und folgten der Kolonne, von der ein Rumoren ausging, das sich aus den unterschiedlichsten Geräuschen zusammensetzte.

      Sie zogen über die Ebene hinweg. Whitlock war in seine nagenden Gedanken versunken. Er war überzeugt davon, dass Wilburn nicht aufgab, nachdem er ihn in Fort Wingate nicht angetroffen hatte. Der Lieutenant erinnerte sich der Worte Wilburns, die er ihm durch das Fenster des Gefängnisses zugerufen hatte: Wir werden uns wiedersehen, Whitlock. Und dann werde ich dich töten. Das ist ein Versprechen. Ich werde dich in die Hölle schicken, Whitlock!

      Sie klangen in Whitlock nach und der Lieutenant wusste, dass Wilburn alles daransetzen würde, sein höllisches Versprechen einzulösen.

      Der Lieutenant wurde abgelenkt. Am südöstlichen Rand der Ebene erschien ein Reiter. Es war einer der Scouts. Er winkte mit beiden Armen, dann drehte er sein Pferd herum und verschwand wieder.

      »Weiter!«, rief Whitlock. »Der Kundschafter hat einen Weg zwischen die Felsen gefunden!«

      Die Gedanken des Lieutenant begannen sich wieder um Scott Wilburn zu drehen. Und er hoffte plötzlich, dass der Scalpjäger nach Tularosa kommen würde. Er wollte klare Verhältnisse schaffen. Solange sie es nicht ausgekämpft hatten, würde er, Tyler Whitlock, keine Ruhe finden. Er hatte keine Angst vor dem Banditen, und er wollte der Sache ein Ende bereiten. Es war nicht gut, abends mit dem Gedanken an Wilburn zu Bett gehen zu müssen und am Morgen mit dem Gedanken an ihn wieder aufzustehen.

      Sie zogen zwischen die Felsen. Die Geräusche veränderten sich, wurden dröhnender und melodiöser. Das Land begann anzusteigen und der Boden wurde felsig. Die Fuhrwerke holperten über die Unebenheiten hinweg. Dann brach ein Rad. Auf dem vierten Wagen, auf dem der Proviant befördert wurde, befanden sich auch zwei Ersatzräder. Das gebrochene Rad wurde ausgewechselt. Die Apachen mussten absitzen und zu Fuß weitergehen. Auch viele der Soldaten stiegen von den Pferden und führten die Tiere.

      Der Weg zum Pass wurde schmaler und steiler, soweit man überhaupt von Weg sprechen konnte. Er wand sich in weiten Windungen empor, bohrte sich zwischen die Felsen, und niemand wusste, ob ihn hinter der nächsten Krümmung nicht herabgestürztes Geröll versperrte.

      Sie zogen an gähnenden Abgründen vorbei, dann hatten sie wieder das Gefühl, die eng zusammenstehenden Felswände erdrückten sie. Hier oben war es kalt und zugig. Weite Flächen glitzernden Firns in den Schattenfeldern der Felsen blendeten die Augen, und der Wind trieb feine, aber scharfe Eiskristalle wie stählerne Nadelspitzen in die Gesichter.

      Tyler Whitlock ritt zusammen mit Sergeant Burmester etwa hundert Yard vor dem Zug. Sie erreichten einen Bergsattel zwischen den abflachenden Felsen. Der Lieutenant drehte seinen Oberkörper und blickte hinunter zu der Kolonne, die nun vor einem steilen Abhang zum Stehen kam. Es war das schwierigste Stück des Passes. Der Soldat auf dem Bock des vordersten Fuhrwerks sprang ab, legte kopfgroße Steine unter die Hinterräder, um ein Zurückrollen zu verhindern, und stieg zu Whitlock hinauf.

      »Wie sollen wir diesen Steilhang heraufkommen, Sir?«, fragte er, als er ziemlich außer Atem oben anlangte, den Lieutenant.

      »Indem wir vor jeden Schoner die doppelte Anzahl Zugtiere spannen«, erwiderte Whitlock. »Und die Männer müssen in die Speichen greifen. Anders geht es nicht.«

      Whitlock zog sein Pferd um die linke Hand und ritt über den Bergsattel, der nach etwa hundert Yards endete und an dessen Ende das Terrain wieder steil abfiel. Der Abstieg würde wohl ebenso beschwerlich werden wie der Aufstieg.

      Vor eines der Fuhrwerke wurden acht Maultiere gespannt. Ein Soldat ging zwischen den beiden vordersten und führte sie an den Kopfgeschirren. Der Kutscher auf dem Wagenbock trieb die Tiere mit der Peitsche an. Mahlend setzten sich die großen Räder in Bewegung. Ein Ächzen ging durch das Gefährt, die Seile strafften sich wie die Saiten einer Gitarre.

      Das Wagengespann bewegte sich schwerfällig bergaufwärts. Je steiler der Abhang wurde, desto mehr verlor es an Tempo. Die Maultiere stemmten sich in die Geschirre. Immer wieder glitten ihre Hufe aus. Einige Soldaten griffen in die Speichen der Räder. In schweißtreibender, mühevoller Arbeit wurde das Fuhrwerk Stück für Stück den Hang hinaufgebracht, oben rollte es ein ganzes Stück über den Bergsattel und das Gespann wurde schließlich angehalten.

      Die Tiere waren feucht vom Schweiß, prusteten und keuchten, und auch den Männern lief der Schweiß über die Gesichter. Sie ließen sich erschöpft und atemlos zu Boden fallen und ruhten aus.

      Dann wurden vier Maultiere ausgespannt und den Abhang hinuntergeführt. Vier Tiere standen unruhig in den Geschirren des nächsten Wagens, der den Hang hinaufgebracht werden sollte, als ahnten sie, dass ihnen eine der größten Strapazen des Trails bevorstand. Die Maultiere wurden mit vor den Wagen gespannt ...

      Die Indianer erklommen den Anstieg. Einige der Soldaten führten ihre Pferde hinauf. Dann kam das zweite Fuhrwerk. Es handelte sich zwar um keine schweren Conestoga-Schoner, aber das Gefälle war steil, und die Bodenunebenheiten, die tiefen Risse und Furchen im felsigen Untergrund, das lose Geröll und der teilweise glatte Felsboden taten ein Übriges, um den Aufstieg zu einer Tortur werden zu lassen, zu einer Anstrengung, die den absoluten Durchhaltewillen eines jeden Soldaten erforderte.

      Schließlich waren die vier Fuhrwerke oben. Whitlock ordnete zwei Stunden Pause an. Einer der Scouts kam. »Wie sieht der Weg ins Tal hinunter aus?«, wollte der Lieutenant wissen.

      »Er ist nicht ganz so steil, wie herauf«, antwortete der Kundschafter. »Wir werden Stangen oder die Gewehrkolben in die Speichen klemmen müssen, damit die Räder blockieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Fuhrwerke die Zugtiere überrollen und in die Tiefe reißen.«

      Nach zwei Stunden ging es weiter. Die Soldaten arbeiteten mit stummer Verbissenheit. Am späten Nachmittag waren sie unten. Der Weg wurde besser. Sie fuhren in das Tal des Rio Puerco hinein und hier wechselte sich felsigen Gebiet mit weiten Ebenen wogenden Büffelgrases ab, über die die Fuhrwerke ungehindert rollen konnten.

      *

      Anfang April waren sie am Ziel. Im Laufe des Monats trafen auch die Familien der Mimbres aus San Carlos ein. Den Indianern wurde Land zur Verfügung gestellt, man gab ihnen Bauholz und die bereits seit längerem in der Reservation