A. F. Morland

Todesspiel ohne Skrupel - Zwei Thriller


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dann pirschte ich mich zu dem unverputzten Gemäuer hin, presste mich an die Wand und blickte mich um. Die P 226 hatte ich dabei stets schussbereit im Anschlag.

      Wenige Augenblicke später stand ich an der Ecke und konnte die Rückfront der Ruine überblicken. Ein asphaltierter Platz befand sich dort.

      Ein Motorengeräusch heulte auf.

      Ich sah gerade noch, wie jemand in einen weißen Porsche stieg, dessen Fahrer das Gas voll durchzutreten schien.

      Der Porsche raste los.

      Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich das Gesicht des Fahrers.

      Ein G-man muss ein Gedächtnis für Gesichter haben, sonst ist man in unserem Job aufgeschmissen. Alles kann einem der Computer nicht abnehmen.

      Dieses Gesicht erkannte ich sofort wieder.

      Es gehörte Alberto Marias, dem jungen Kerl, den ich in der Nähe des Hauses gesehen hatte, in dem die Borinsky-Brüder erschossen worden waren.

      Unsere Blicke begegneten sich für einen winzigen Moment und ich wusste, dass auch er mich wiedererkannt hatte. Ich hob die P 226.

      Alberto riss das Steuer des Porsche herum. Der Wagen drehte sich mit quietschenden Reifen und fuhr davon. Quer über einen schlecht gepflegten Grünstreifen, der inzwischen nur noch eine Mischung aus Unkraut-Ökotop und Abfallhaufen war.

      Aus dem Fenster der Beifahrertür ragte ein Gewehrlauf. Im nächsten Moment wurde gefeuert. Ich ging in Deckung. Als der schlecht gezielte Feuerstoß verebbt war, tauchte ich wieder hinter der Ecke hervor und versuchte mein Glück.

      Zwei gezielte Schüsse auf den rechten Hinterreifen.

      Der Fahrer war ein Profi.

      Er ließ den Porsche einen Haken schlagen. Die Schüsse kratzten am Asphalt und im nächsten Moment hatte der Sportwagen eine Lücke zwischen zwei Blocks durchfahren und eine Hecke niedergemäht. Dann war er auf der Hauptstraße.

      Unerreichbar für mich. Der Porsche brauste davon.

      Ich trat etwas vor und sah mich um. Es war niemand in der Umgebung zu sehen. Ich war mir nicht sicher, ob das wirklich ein beruhigendes Zeichen war. Mein Blick glitt hoch, die langen Reihen der Fensterlöcher entlang.

      Ich fragte mich, ob der Junge mit den Locken hier noch irgendwo war. Im Porsche hätte er keinen Platz gehabt.

      Der Junge hatte zweifellos die Bombe mit dem Zeitzünder an unserem Wagen befestigt.

      Auf dem Boden sah ich dann wenig später etwas Dunkelrotes.

      Blut.

      Frisches Blut. Eine richtige Spur führte aus der Bauruine bis zu jener Stelle, an der ich einen Mann in den Porsche hatte einsteigen sehen über den Asphalt. Offenbar war der Schütze verletzt. Aus den Augenwinkel heraus nahm ich dann eine Bewegung war. Sie kam aus der Bauruine. In der Nähe einer Türöffnung war irgend etwas.

      Jemand.

      Ich wirbelte herum, riss die Pistole hoch.

      In der nächsten Sekunde ließ ich sie wieder sinken. Milos Gestalt zeichnete sich im Halbdunkel ab, das im Inneren der Ruine herrschte.

      "Alles in Ordnung, Jesse?"

      Ich zuckte die Achseln.

      "Wie man's nimmt!"

      In der Ferne waren bereits die Sirenen der City Police-Einheiten zu hören, die man uns hier her geschickt hatte. Unsere eigenen Leute würden etwas länger brauchen, um uns zu erreichen. Aber immerhin brauchten wir nicht zu Fuß zur Federal Plaza zurücklaufen.

      11

      "Er braucht einen Arzt!", stellte Alberto Marias fest, dessen Gesicht dunkelrot angelaufen war.

      Es herrschte Halbdunkel im Raum. Die Vorhänge waren zugezogen. Durch die Tür drang Licht herein. Der Verletzte lag quer über ein Doppelbett. Sein Stöhnen hatte etwas nachgelassen, nachdem Killer-Joe ihm etwas Stoff verabreicht hatte. Die Wunde an der Schulter war notdürftig verbunden.

      Viel Blut hatte seine Kleider rot getränkt. Aber Joe hatte gleich gesehen, dass es nicht ganz so schlimm war, wie es aussah.

      Er drehte sich zu Alberto um.

      "Wie stellst du dir das vor, Al?", sagte er leise. Seine Stimme hatten einen wispernden Ton. "Wir können nicht einfach in irgend ein Krankenhaus gehen und ihn behandeln lassen. Dann haben wir in zwanzig Minuten den FBI vor der Haustür stehen." Er bedachte Alberto mit einem kühlen Blick. "Zu dumm, dass ihr diese neugierigen G-men nicht erledigt habt..."

      "Ich konnte nichts dafür", sagte Alberto. "Ich habe schließlich nur den Wagen gefahren..."

      Joe nickte.

      "Ich weiß", sagte er. Er klopfte Alberto auf die Schulter.

      "Du hättest es besser gemacht, Al."

      "Schon möglich", knirschte Alberto Marias zischen den Zähnen hindurch.

      "Ich bin sicher!"

      "Ach, was!"

      "Du wirst Gelegenheit bekommen, es unter Beweis zu stellen. Es gibt eine Menge Arbeit..."

      Alberto war mit den Gedanken nicht so ganz bei der Sache.

      Bilder vermischten sich vor seinem inneren Auge. Er sah Teresas hübsches Gesicht mit der Zornesfalte mitten zwischen den Augen. Sie war wütend gewesen, als sie ihn an der Kreuzung verlassen hatte.

      Es war nicht das erste Mal, dass sie so war. Und er war sich immer sicher gewesen, die Sache wieder hinzubiegen. Aber diesmal wusste er es nicht.

      Das Bild von Teresas Gesicht vermischte sich mit dem des Crack Dealers, dem er eine Kugel in den Schädel gejagt hatte.

      Er schloss die Augen.

      "Alles in Ordnung?", fragte Joe.

      Alberto nickte.

      Joe sah ihn nachdenklich an. "Ich brauche jetzt Leute, auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann. Verstehst du das?"

      "Klar."

      "Die Sache beim Lincoln- Tunnel hat große Wellen geschlagen... Wir haben ja schon darüber geredet. Ein paar wichtige Leute sind sehr nervös geworden - und die Cops wollen wir nicht vergessen. Wie man heute gesehen hat, gibt es die ja auch noch."

      Alberto wusste nicht, worauf Killer-Joe hinauswollte.

      Joe ging zum Nachttisch und machte eine Lampe an. Es wurde etwas heller.

      Er sah auf den Verletzten, der in tiefer Bewusstlosigkeit dalag.

      "Er würde uns in der jetzigen Situation nur Ärger machen", sagte er.

      "Was soll das heißen?"

      "Es gibt wichtigere Dinge, als den Einzelnen, Al. Hat dir das noch keiner gesagt?"

      Alberto wollte etwas erwidern. Aber er konnte nicht. Er war unfähig auch nur einen Ton herauszubringen. Joe deutete mit dem Finger auf den Verletzten und sagte: "Er wird nicht wieder aufwachen, Al! Ich habe ihm genug Stoff gegeben, dass er friedlich ins Reich der ewigen Träume hinübergleitet... Aber für die anderen brauchen