Dr. Ekkehard Baron von Knorring

Volkswirtschaft


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       1.2.3 Das gesamtwirtschaftliche Produktionskonto und die volkswirtschaftlichen Leistungsgrößen

      Konsolidierung der Produktionskonten

      Werden alle einzelwirtschaftlichen (privaten und staatlichen) Produktionskonten zusammengefasst (konsolidiert), so erhalten wir das gesamtwirtschaftliche Produktionskonto. Dabei lassen sich gleichartige Größen gegeneinander aufrechnen, wie z. B. der Ex- und Import und die Vorleistungen, oder mit einem umgekehrten Vorzeichen auf die andere Seite des Kontos buchen, wie z. B. die Produktions- und Importabgaben bzw. indirekte Steuern (Tind) und die Subventionen (Z).

      Das gesamtwirtschaftliche Produktionskonto hat die folgende Gestalt:

      Was die Vorleistungen betrifft, so müssen sie unter gesamtwirtschaftlichem Blickwinkel aufgrund ihres Begriffsinhaltes auf der Input- und Outputseite einander entsprechen. Der Grund dafür, sie im gesamtwirtschaftlichen Produktionskonto als eigenständige Größen wegzulassen, liegt jedoch darin, dass sie im Endwert der Konsum-, Investitions- und Exportgüter enthalten sind (z. B. die im Laufe eines Jahres von der Zulieferindustrie produzierten Reifen eines Pkws). Ihre nochmalige Auflistung würde demnach zu einer Mehrfachzählung führen, wenn wir an der volkswirtschaftlichen Gesamtleistung interessiert sind und nach entsprechenden Messgrößen suchen. Es reicht also aus, wenn wir den Wert der Endprodukte ermitteln, da in ihm die Vorleistungen bereits enthalten sind.

      Aus dem gesamtwirtschaftlichen Produktionskonto lassen sich die folgenden volkswirtschaftlichen Leistungsgrößen ermitteln:

      Inlands- und Sozialprodukt

      Bruttoinlandsprodukt (BIP) = Summe der Endprodukte (Sachgüter und Dienstleistungen), die im Inland von Inländern und Ausländern während einer Periode (z. B. Kalenderjahr) produziert worden sind. Inland ist das Gebiet, das sich innerhalb der hoheitlichen Grenzen eines Landes befindet. Inländer sind diejenigen Personen, die ihren Hauptwohnsitz als „Lebensmittelpunkt“ im Inland haben. Nicht die Staatsangehörigkeit ist also entscheidend, sondern der Wohnsitz. Ausländer haben dementsprechend ihren Hauptwohnsitz im Ausland. Zum Inlandsprodukt zählen also auch die im Inland von Ausländern produzierten Güter bzw. die daraus entstandenen Faktoreinkommen (z. B. der Betriebsüberschuss von IBM-Deutschland oder das Selbstständigeneinkommen eines Ausländers in Gestalt der Zinsen auf seinem Konto bei einer deutschen Geschäftsbank). Nicht zum BIP zählen demnach die von Inländern im Ausland produzierten Güter bzw. die daraus entstandenen Faktoreinkommen (z. B. der Betriebsüberschuss von VW-Brasilien oder die Zinsen eines deutschen Inländers als Selbstständigeneinkommen auf seinem Bankkonto in Luxemburg). Sie wären Teil eines Bruttoinländerprodukts. Das Inländerprodukt wurde früher (vor 1995) Sozialprodukt (SP) genannt, wird aber heute als Nationaleinkommen (NE) bezeichnet.

      In Symbolen ausgedrückt lautet die Definitionsgleichung für das BIP:

      BIP = Cpr + Cst + Ibpr + Ibst + Ex − Im

      Unter Berücksichtigung der Definition für die Nettoinvestitionen (In = Ib − D) gelten weiterhin folgende Definitionen:

      Nettoinlandsprodukt (NIP) = Cpr + Cst + Inpr + Inst + Ex − Im = BIP − D

      Bei den staatlichen Nettoinvestitionen (Inst) ist zu beachten, dass Abschreibungen (D) sie zwar negativ beeinflussen, aber größtenteils zu den Herstellungskosten bei der Produktion öffentlicher Güter zählen und damit zum Staatskonsum (Cst) werden (vgl. Abschnitt 1.2.2). Sie werden daher in ihrer Wirkung auf das Nettoinlandsprodukt (NIP) neutralisiert, denn der Cst wirkt sich positiv auf das NIP aus.

      Nettowertschöpfung = Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten = NIP − (Tind − Z)

      Die aktuellen Werte für die wichtigsten volkswirtschaftlichen Leistungsgrößen in Deutschland können der folgenden Übersicht entnommen werden:

      Eine ständige Aktualisierung der Werte erfolgt in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes (www.destatis.de) und dabei in der Fachserie 18, Reihe 1.4.

      Situationsbezogene Antwort 3

      Die Ausdehnung der Produktionsleistung von Installationsmeister Röhrl durch die vermehrte Installation von Pelletheizungen in einem bestimmten Jahr ist für sich betrachtet natürlich nur ein winziger Beitrag zur Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktionsleistung. Für die Gesamtheit aller Installationsbetriebe oder gar berufs- und betriebsübergreifend für den gesamten Handwerksbereich ergeben sich volkswirtschaftlich aber durchaus relevante Beiträge. Unabhängig aber von der absoluten Höhe des volkswirtschaftlichen Leistungsbeitrages geht es um die volkswirtschaftliche und damit auch die gesellschaftliche „Ortsbestimmung“ des einzelnen Handwerksbetriebes, letztlich also um das Selbstverständnis seines Eigentümers, in diesem Fall von Installationsmeister Röhrl.

      Konkret kann sich die Ausdehnung der Produktionsleistung von Installationsmeister Röhrl je nach Kundengruppe auf allen Ebenen der volkswirtschaftlichen Produktionsleistung, wie sie z. B. mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen wird, niedergeschlagen haben. Sie kann einen direkten oder indirekten Einfluss gehabt haben.

      Ein direkter volkswirtschaftlicher Produktionseinfluss durch Installationsmeister Röhrl kann zunächst über die private Konsum- und Investitionsgüterproduktion erfolgt sein. Wurden Pelletheizungen vermehrt in privaten Haushalten z. B. zur Heizung der Wohnräume installiert, so wurde dadurch die volkswirtschaftliche Produktion privater Konsumgüter ausgedehnt. Die Installation von Heizungen in privaten Unternehmen hat dagegen die Produktion der privaten Investitionsgüter gesteigert. Auf alle Investitionsgüter bezogen sind dadurch die privaten Bruttoinvestitionen gestiegen, unter Abzug der bereits im Installationsjahr angefallenen Abschreibungen aber auch die Nettoinvestitionen, die zum Ende des betreffenden Jahres in der Bilanz der Unternehmenskunden den Sachkapitalbestand erhöht haben. Der Auftrag der Stadt München hat zu entsprechenden Veränderungen bei den staatlichen Investitionen geführt. Da annahmegemäß neben den Bruttoinvestitionen auch die Nettoinvestitionen gestiegen sind, erhöhte sich neben dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch das Nettoinlandsprodukt (NIP). Und letztlich hat auch der Auftrag aus Österreich über einen gestiegenen Export das BIP wie auch das NIP positiv beeinflusst. Da der Betrieb von Installationsmeister Röhrl in München ansässig ist, gilt er als Inländer. Die von ihm ausgehende Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktionsleistung hat demnach auch das Nettonationaleinkommen (NNE) (das alte „Nettosozialprodukt“) erhöht. Unterschiede im Beitrag zum NIP und NNE würden sich künftig erst dann ergeben, wenn Installationsmeister Röhrl einen Zweigbetrieb in Österreich errichten würde, um gestiegenen Aufträgen aus Österreich besser nachkommen zu können.

      Ein indirekter volkswirtschaftlicher Produktionseinfluss durch Installationsmeister Röhrl kann grundsätzlich über die von ihm produzierten Investitionsgüter erfolgen. Im Unterschied zu Konsumgütern dienen sie nämlich wieder der Produktion, d. h., es kann ein weiterer positiver Beitrag zur volkswirtschaftlichen Produktionsleistung entstehen. Er könnte sich z. B. in einer höheren Produktionsleistung der Unternehmen äußern, in denen die Heizungen installiert wurden. Auch deren zwangsläufig gestiegener Bedarf an Pellets wirkt sich positiv auf die volkswirtschaftliche Produktionsleistung aus. Ähnliches gilt für die in einer Schule installierten Heizungen, deren Abschreibungen die Herstellungskosten der staatlichen Produktion (z. B. die Produktion von Bildungsleistungen) und damit – bei Nichtausschluss, also öffentlichen Gütern – den Staatskonsum erhöhen. Wir werden uns mit solchen Zusatzeffekten (Multiplikatoreffekten)