A. F. Morland

Arztroman Sammelband 8 Romane Februar 2020


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sich viele andere Ehepaare ein Beispiel nehmen.“

      „Angeblich reden die meisten Eheleute nach zwanzig Jahren nur noch sieben Minuten pro Tag miteinander“, sagte Dana.

      „Woher hast du das?“, wollte Ben wissen.

      „Stand in einer Illustrierten“, antwortete das Mädchen. „Hat eine große Umfrage in Deutschland ergeben.“

      „Sieben Minuten.“ Ben wiegte den Kopf. „Das ist nicht viel.“

      „Mutti und Paps sind zum Glück die große Ausnahme von der Regel.“

      Ben betrachtete die Schatten seiner Eltern. „Wenn ich mal verheiratet bin, möchte ich auch so eine harmonische Ehe führen.“

      Dana schmunzelte. „Was sollte dich daran hindern?“

      Ben zuckte mit den Schultern. „Meine Partnerin. Wenn sie nicht mitspielt, wird nichts aus dem harmonischen Eheleben.“

      „Ich bin sicher, du wirst die richtige Partnerin finden.“ Dana hob ihre Spielkarten. „Wer ist dran?“

      „Ich“, sagte Ben.

      „Bist du sicher?“ Dana sah ihn zweifelnd an.

      „Denkst du, ich mogle?“, grollte ihr Zwillingsbruder.

      „Auf jeden Fall würde ich nicht meine Hand für dich ins Feuer legen“, erwiderte Dana.

      Ben legte die Karten mit dem „Gesicht“ nach unten auf den Tisch. „Wenn du mir unterstellst, dass ich nicht ehrlich spiele, lassen wir es lieber bleiben.“

      „Meinst du, ich durchschaue dich nicht?“, sagte Dana spitz. „Du legst die Karten weg, weil sie nichts taugen. Wenn du ein besseres Blatt hättest, könnte ich dich nicht so leicht beleidigen. Nimm die Karten wieder in die Hand, und ich spiele aus.“

      Ben nahm die Spielkarten wieder auf und meinte finster: „Wenn man außer Betracht lässt, dass wir Geschwister sind, denke ich, dass wir beide kein ideales Ehepaar abgeben würden.“

      „Da hast du ausnahmsweise mal absolut recht“, pflichtete Dana ihm bei, spielte schmunzelnd aus, und es ärgerte Ben, dass er nicht stechen konnte.

      8

      Dr. Katja Arndt hatte ihrem Mann Wasser mit Senf eingeflößt und damit weiteres Erbrechen provoziert. Anschließend hatte sie ihm ein herzkreislaufstärkendes Mittel injiziert, starken schwarzen Kaffee gekocht, ihm Tasse für Tasse zu trinken gegeben und nicht aufgehört, mit ihm im Wohnzimmer im Kreis zu laufen. Sie hatte ganz kurz überlegt, ihn in die Paracelsus-Klinik zu bringen, war davon aber wieder abgekommen. Es hätte kein gutes Bild gemacht, wenn sie da mit Norbert aufgekreuzt wäre.

      Der Selbstmordversuch ihres Mannes hätte viele Fragen aufgeworfen, die zu beantworten sie begreiflicherweise nicht die geringste Lust hatte.

      Es war besser, wenn niemand davon erfuhr. Sie wusste, was zu tun war. Sie brauchte die Hilfe der Kollegen nicht, um Norbert zu helfen. Er schien die Tabletten noch nicht lange im Magen gehabt zu haben. Hatte er gehofft, dass sie ihn rechtzeitig finden und retten würde? War dieser Selbstmordversuch ein Hilferuf gewesen?

      Katja lief mit ihrem Mann so lange im Kreis, bis sie nicht mehr konnte, dann sank sie mit ihm aufs Sofa und fragte atemlos: „Warum? Warum hast du das getan?“

      Er bedeckte sein blasses Gesicht mit den Händen und weinte.

      „Ich möchte eine Antwort, Norbert!“, sagte die Ärztin energisch.

      „Ich schäme mich ja so …“ Er schluchzte laut.

      „Warum wolltest du dich umbringen?“

      „Verzeih mir, Katja.“ Seine Stimme klang zutiefst verzweifelt. „Ich wollte mich aus der Verantwortung stehlen.“

      „Aus welcher Verantwortung?“

      „Ich bin kein Mann. Ich bin ein Feigling, eine Memme, ein jämmerlicher Waschlappen. Ich verachte mich selbst.“

      „Weswegen? Was ist passiert?“

      Er weinte haltlos.

      Sie begriff. „Du hast wieder gespielt.“

      Er sagte nichts.

      „Hast du wieder gespielt? Sag es! Sag es mir!“ Sie packte ihn und schüttelte ihn.

      „Ja“, gab er kleinlaut zu.

      Diese verdammte Sucht, dachte Katja.

      „Ich wollte es nicht, wirklich nicht“, murmelte Norbert Arndt unglücklich. „Ich wollte standhaft bleiben aber es war stärker. Ich bin kein Mann für dich, Katja. Geh! Verlasse mich! Du verdienst einen besseren als mich. Du kannst mir nicht helfen. Niemand kann das. Ich bin unheilbar krank, werde irgendwann vor die Hunde gehen. Du solltest nicht mehr bei mir sein, wenn es dazu kommt.“

      „Ich muss schon sagen, du hast noch nie größeren Blödsinn dahergeredet. Ich bin deine Frau. Ich habe dich geheiratet, weil ich dich liebe, und ich habe gelobt, in guten wie in schlechten Zeiten zu dir zu halten und bei dir zu bleiben.“

      „Aber aber ich bin dein Untergang.“

      „Du hast also wieder gespielt.“

      „Ja.“

      „Und du hast verloren.“

      „Ja.“

      „Wie viel?“

      „Sehr viel.“

      „Wie viel ist sehr viel?“

      „Zweihunderttausend.“

      „Zwei … O mein Gott.“

      „Es tut mir wahnsinnig leid, Katja. Ich hatte anfangs eine Glückssträhne. Als sie zu Ende ging, wollte ich es nicht wahrhaben. Ich dachte, das Glück würde nur mal kurz Pause machen und sich dann wieder an meine Seite stellen, doch es kam nicht mehr zu mir zurück.“

      „Wem schuldest du das Geld?“, wollte Katja wissen.

      „Der Mann heißt Jan Achberger.“ Norbert Arndt strich sich die schweißnassen dunklen Haarsträhnen aus der Stirn und legte die Hände in den Schoß. „Er lebt davon, Geld zu verleihen. Wenn man nirgendwo mehr Geld bekommt – von Jan Achberger kriegt man welches.“

      „Und dafür verlangt er Wucherzinsen.“

      „Das ist klar.“

      „Wo finde ich diesen Mann?“

      Norbert Arndt sah seine Frau erschrocken an. „Was hast du vor?“

      „Ich werde mit ihm reden.“

      „Was versprichst du dir davon? Dass er meinen Schuldschein zerreißt?“

      Katja schüttelte den Kopf. „Ich werde mit ihm eine Zahlungsvereinbarung treffen.“

      „Ich lasse dich nicht zu ihm gehen. Dieser Mann ist gefährlich.“

      „Er wird mir nichts tun.“

      „Er arbeitet mit Gangstern zusammen. Säumige Zahler werden von seinen Schlägern brutal misshandelt.“

      „Wir sind keine säumigen Zahler“, sagte Katja. „Wir werden die Summe auf Heller und Pfennig zurückzahlen.“

      „Wir haben keine zweihunderttausend Mark, stehen bei der Bank in der Kreide, und unser Haus ist auch belastet.“

      „Ich werde mit Herrn Achberger eine Ratenzahlung vereinbaren. Wir zahlen jeden Monat so viel zurück, wie wir können.“

      „Darauf wird er nicht einsteigen.“

      „Er wird es müssen!“

      9

      Jan