hat einen Gerichtstermin. Ich kann ihn nicht erreichen, deshalb habe ich dich angerufen, um deine Meinung zu hören. Du rätst mir also dazu.“
„Unbedingt“, sagte der Klinikchef. „Und ich werde in der ersten Reihe sitzen und dir stolz applaudieren, wenn du über den Catwalk gehst.“
„Das war eine Ansicht“, sagte Trix Lassow. „Ich werde auch noch andere einholen.“
12
„Jana?“, sagte Sören Härtlings Schwester zehn Minuten später am Telefon zu ihrer Schwägerin. „Hier ist Trixi.“
„Hallo, Trixi.“
„Störe ich dich bei irgendetwas Wichtigem?“
„Überhaupt nicht“, antwortete Jana Härtling.
„Hör zu, ich habe ein Problem und bin an deinem ehrlichen Urteil interessiert.“
„In Ordnung. Schieß los.“
Trix Lassow erzählte der Schwägerin von Wolf-Dietrich Bockmayers Angebot und fragte abschließend: „Würdest du dich für so etwas hergeben?“
„Was heißt für so etwas hergeben? Schicke Kleider vorzuführen ist nichts Unanständiges. Du hast nach wie vor eine Traumfigur.“
„Du auch. Und du bist genauso hübsch wie ich.“
„Bockmayer will aber nicht mich, sondern dich haben“, sagte Jana Härtling.
„Wenn er dich gefragt hätte, was hättest du getan?“, wollte Trix Lassow wissen.
„Ich hätte mich mit meiner Familie beraten.“
„Das tue ich heute Abend“, sagte die Frau des Rechtsanwalts. „Versetz dich für einen Moment mal bitte in meine Lage, Jana. Angenommen, deine Familie würde sich dafür aussprechen – würdest du Bockmayer dann zusagen?“
„Kann sein.“
Trix Lassow lachte. „Ich liebe einfache, klare Antworten“, sagte sie ironisch. „Damit kann ich wirklich sehr viel anfangen. Du erleichterst mir meine Entscheidung ungemein.“
„Jemandem einen Rat zu geben ist eine Sache“, erwiderte Jana. „Etwas für sich selbst entscheiden ist jedoch was ganz anderes.“
13
„Was hat er gesagt?“ Diese Frage platzte aus Norbert Arndt heraus, kaum dass seine Frau das Haus betreten hatte.
„Wir dürfen die zweihunderttausend Mark abstottern.“
Norbert stand mit wirrem Haar und bis zum Nabel offenen Hemd vor ihr. Sein Atem roch nach Cognac, und sein Blick war glasig. „Ich habe noch nie gehört, dass er sich schon mal auf Ratenzahlung eingelassen hat“, sagte er. „Wie hast du ihn dazu gebracht? Was musstest du ihm dafür geben? Was hat er für dieses Entgegenkommen verlangt?“
„Nichts.“
Norbert Arndt schüttelte ungläubig den Kopf. „Jan Achberger ist kein Philanthrop. Hat er dich … Was musstest du tun, um … Grundgütiger, ich hätte dich nicht zu ihm gehen lassen sollen. Das war ein Fehler, den ich mir nie verzeihen werde. Dieser Mistkerl! Ich bringe ihn um!“
„Wieso hörst du mir nicht zu?“, fragte die Ärztin ärgerlich. „Ich sagte, er hat nichts verlangt, und er hat nichts bekommen!“
Norbert schlug immer wieder mit den Fäusten gegen seine Schläfen.
„Hör auf damit!“, sagte Katja. Norbert machte weiter.
„Hör auf damit!“, wiederholte seine Frau scharf. „Bitte!“
Er ließ die Fäuste sinken.
„Er berechnet uns ein Prozent pro Tag“, sagte Katja.
„Dieser Blutsauger.“ Norbert zog verächtlich die Mundwinkel nach unten.
Katja nannte die Höhe der von Achberger festgesetzten Raten.
Norbert sah sie entgeistert an. „Darauf hast du dich eingelassen? Wie sollen wir denn das bezahlen? Da bleibt uns ja nichts mehr zum Leben.“
„Wir kriegen das schon irgendwie hin“, meinte Katja optimistisch.
„Wie denn? Wie? Meine Geschäfte gehen schlecht …“
„Sie werden auch mal wieder besser gehen.“
„O mein Gott“, stöhnte Norbert Arndt verzweifelt, „in was hat meine Krankheit uns da bloß hineingeritten.“
Die Ärztin zuckte mit den Schultern. „Jetzt heißt es, Zähne zusammenbeißen und durch. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht.“
„Nie mehr!“ Norbert Arndt ballte die Hände zu Fäusten und schüttelte mit grimmiger Miene den Kopf. „Nie mehr rühre ich auch nur eine einzige Spielkarte an!“
Katja winkte ab. „Ach, Norbert, wie oft hast du das schon gesagt.“
„Es war mir noch nie so ernst wie diesmal“, beteuerte er seiner schönen Frau, „und ich werde mich auch, wie versprochen, therapieren lassen. Ich muss von diesem teuflischen Zwang loskommen, sonst macht er dich und mich kaputt.“
14
Am Abend erzählte Dr. Härtling nach dem Essen von Trix Lassows Anruf in der Paracelsus-Klinik. Jana schmunzelte. „Dich hat sie auch angerufen?“
„Dich etwa auch?“, staunte der Klinikchef.
„Wozu hast du ihr geraten?“, wollte seine Frau wissen.
„Sie soll es machen.“
Jana nickte. „Das habe ich auch gesagt.“
Dana Härtling seufzte. „Wieso fragt mich keiner? Ich wäre sofort dabei.“
„Ich auch“, meldete sich die zehnjährige Josee.
„Du.“ Der hochaufgeschossene vierzehnjährige Tom lachte. „Was willst du Bohnenstange denn auf einem Laufsteg?“
Josee warf ihm einen erbosten Blick zu. „Ich bin keine Bohnenstange.“
„Ich würde mal in einen Spiegel gucken“, empfahl Tom seiner kleinen Schwester.
„Wieso hackst du immer auf mir ’rum?“
„Tu’ ich ja gar nicht.“
„Klar tust du das.“
„Ich bitte euch, seid friedlich, Kinder“, ging Jana Härtling dazwischen.
Josee zeigte zornig auf Tom. „Er hat kein Recht, mich zu beleidigen.“
„Stimmt, hat er nicht“, gab Jana Härtling ihrer jüngsten Tochter recht, „und nun will ich kein unfreundliches Wort mehr hören. Von niemandem, klar?“
Dr. Härtling lächelte. „Ich bin gespannt, wie meine Schwester sich entscheidet.“
„Tante Trixi ist lebhaft, modebewusst, selbstsicher und sehr hübsch“, sagte Ben. „Sie wird den Spaß ganz bestimmt mitmachen.“
15
Dr. Katja Arndt stieg aus ihrem Wagen und staunte. „Ich hab ’ mir ein nettes kleines Häuschen gekauft“, hatte Biggi Ruprecht gesagt, als sie sich auf dem Parkplatz der Paracelsus-Klinik zufällig getroffen hatten. „Es wird dir gefallen.“
Ein nettes kleines Häuschen, dachte die Internistin beeindruckt. Mädchen, das ist die Untertreibung des Jahres. Dieses Haus ist wunderschön und überhaupt nicht klein.
Zwei große