Uniformierten schien diese Bemerkung überhaupt nicht zu gefallen. Sein Gesicht wurde finster. „Ich habe schon von Ihnen gehört, Ladberger.”
„Nur Gutes, hoffe ich.”
„Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass Sie von Hauptkommissar Gustavv dringend erwartet werden.”
„Was Sie nicht sagen.”
Ladberger ließ den Polizeimeister stehen und ging weiter. Hauptkommissar Gustavv fand er neben dem Toten, über den sich gerade der Gerichtsmediziner beugte.
„Was wollen Sie denn hier, Ladberger?”, fragte Gustavv, der korpulente Chef der Mordkommission. Ladberger und Gustavv hatten in derselben Abteilung angefangen, später hatten sich ihre Wege getrennt.
„Ich bin hier, um Ihnen den Fall aus der Hand zu nehmen, Herr Gustavv.”
„Ich habe gehört, Sie machen das immer noch.”
„Was?”
„Alles an sich ziehen und nichts richtig beenden. Aber dafür ab und zu mal in der Zeitung stehen. Damit macht man sich nicht unbedingt bei den Kollegen beliebt.”
Maik Ladberger hörte den bissigen Worten seines Kollegen Gustavv überhaupt nicht zu. Seine Konzentration galt voll und ganz dem Toten, der auf dem Pflaster ausgestreckt dalag. Die Nase war so rot wie bei einem Zirkusclown. Das kam bei Leuten, die Kokain schnupften, häufig vor. Nach einer gewissen Zeit wurden die Nasenschleimhäute stark in Mitleidenschaft gezogen. Ständige Entzündungen waren dann die Folge.
„Kann man schon irgendetwas sagen?”, fragte Ladberger an den Gerichtsmediziner gewandt.
„Sieht nach einer Überdosis aus. Er hatte sich wohl gerade eine ziemlich große Portion bei einem Dealer gekauft. Das meiste ist noch in seiner Manteltasche. Allerdings…”
„Ja?”
„Ich werde ihn erst untersuchen müssen.”
„Ich will, dass zuerst das Rauschgift analysiert wird”, sagte Ladberger. „Doktor, sichern Sie jedes einzelne Pulverkörnchen, das Sie an der Nase finden. Ich brauche die Analyse vorgestern.”
Hauptkommissar Gustavv wandte sich an den Gerichtsmediziner. „Das ist Maik Ladberger, der Kerl mit der schlechtesten Laune im ganzen Frankfurter Polizeipräsidium. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er hier auftaucht, sonst hätte ich Sie vorgewarnt.”
Der Gerichtsmediziner runzelte die Stirn. Er war ziemlich jung. Gerade mit dem Examen fertig, schätzte Ladberger. Und darüber hinaus wirkte er aufgrund seiner weichen Gesichtszüge, die noch von seinen Naturlocken betont wurden, ohnehin sehr jungenhaft.
Er sah Ladberger offen an.
„Ich bin übrigens Dr. Johannes Elraman”, sagte der Gerichtsmediziner ruhig. „Ich gebe zu, dass ich neu hier bin, aber können Sie mir mal sagen, weshalb dieser Aspekt für so wichtig ist?”
„Machen Sie einfach Ihren Job und berichten Sie mir. Dann kann nichts schiefgehen”, sagte Ladberger.
„Aber wenn jemand Rauschgift schnupft, ist das in der Regel immer Kokain - mal mit mehr und mal mit weniger Zusätzen.”
„Ja, aber in diesem Fall ist es das vielleicht nicht”, gab Ladberger zurück. „Dieser Fall könnte zu unserer Serie gehören. Jemand verkauft Heroin-Pulver als Kokain. Kein Junkie kann das so ohne Weiteres auseinanderhalten aber…”
„...wer Heroin schnupft ist kurz danach tot”, stellte Elraman fest.
„Na wenigstens das wissen Sie”, knurrte Ladberger.
Elraman sah auf den Toten. „Ich dachte, das wäre eine normale Überdosis gewesen oder Tod infolge starker Vorschädigungen des gesamten Organsystems durch andauernden Drogenkonsum.”
„Na gut, das Sie den Totenschein noch nicht unterschrieben haben”, gab Ladberger gallig zurück. „Wahrscheinlich hätten Sie sich auch eine Obduktion erspart.”
„Wir sind gehalten, auf die Kosten zu achten”, sagte Elraman.
„Klugscheißer”, murmelte Ladberger.
„Wie wär’s mal mit der Teilnahme an einem dieser Anti-Aggressionskurse, die unsere Behörde anbietet, Ladberger?”, mischte sich Hauptkommissar Gustavv ein. „Vielleicht noch mit dem Zusatzangebot ‘Wie mache ich meine Kollegen froh? Tipps und Tricks für gute Zusammenarbeit’?”
Ladberger wandte das regungslose Gesicht in Gustavvs Richtung.
Er sagte kein Wort, aber sein Blick zeigte die Geringschätzung, die er in diesem Moment empfand.
„Sehen Sie, Dr. Elraman, das meinte ich: Ladberger versteht absolut keinen Spaß.”
„Wer war der Tote?”, fragt Maik Ladberger ungerührt als hätte er nichts von dem mitbekommen, was Hauptkommissar Gustavv gesagt hatte.
„Er heißt Friedhelm Nöllemeyer und arbeitet als Creative Director in einer Werbe-Agentur am anderen Ende der Stadt”, gab Hauptkommissar Gustavv Auskunft.
„Hat er Familie?”, fragte Ladberger.
„Frau und zwei Kinder.”
„Wissen Sie schon Bescheid?”
„Ein Kollege ist unterwegs. Und die Agentur weiß auch Bescheid. Man hat ihn da schon vermisst.”
Maik Ladberger nickte langsam. „Da fährt dieser feine Herr Nöllemeyer durch die halbe Stadt, um in dieser miesen Gegend ein paar Gramm Kokain zu kaufen und ist wenig später tot”, stellte Maik Ladberger fest.
„Wie wollen Sie vorgehen, Herr Ladberger?”, fragte Hauptkommissar Gustavv.
„Ich will, dass alle bekannten Dealer, die in der Gegend bekannt sind, einkassiert und verhört werden.”
„Sie wollen herausfinden, wer Herr Nöllemeyer den Stoff verkauft hat?”
„Ja. Oder ob einer von denen was beobachtet hat. Ich halte es für ausgeschlossen, dass das ein Fremder war. Schließlich achten die Dealer peinlich genau darauf, dass keine Konkurrenz in ihrem Gebiet Kasse zu machen versucht.”
5
„Ich bin BKA Kriminalinspektor Harry Kubinke - und dies ist mein Kollege Kriminalinspektor Rudi Meier”, stellte ich uns vor. „Und Sie müssen Maik Ladberger von der Abteilung gegen organisiertes Verbrechen vom Frankfurt Polizeipräsidium sein.”
„Bin ich”, sagte der Mann, der uns vom Flughafen abholte.
Wir hatten anderthalb Stunden vorher in Berlin eingecheckt und spätestens jetzt begann die Arbeit an dem Fall, den wir in Frankfurt zu bearbeiten hatten.
Unser Gegenüber ließ keinen Zweifel daran, dass er keine Zeit verlieren wollte. Und ich hatte dafür volles Verständnis.
„Das Hotel, in dem Sie beide untergebracht wurden, ist nicht unbedingt Luxusklasse oder dergleichen”, eröffnete Maik Ladberger. „Aber es hat den Vorteil, dass es direkt neben dem Frankfurter Polizeipräsidium liegt. So verlieren Sie nicht unnötig Zeit.”
„Wir wissen kurze Wege zu schätzen”, sagte Rudi.
„Sie sind ja auch nicht hier, um einen Erholungsurlaub zu machen”, sagte Ladberger.
„Auf diesen Gedanken wäre ich auch nie gekommen”, bekannte ich.
„Die Initiative dafür, dass Sie eingeschaltet wurden, ging übrigens von mir aus - auch wenn Ihr Chef nur mit meinem Chef gesprochen hat und ich erst eine Menge Wind machen musste, damit es dazu gekommen ist.”
„Wir sind hier, um Ihnen zu helfen”, sagte ich.
Maik Ladberger musterte uns kurz und abschätzig. „Ehrlich gesagt bin ich etwas enttäuscht. Sie kommen mit ultra-sparsamen Aufgebot,