davon ausgegangen, einmal eine gute Ehe zu führen und meinen Ehemann zu respektieren. Ich denke, das reicht mir.“
„Würdest du Yardley nicht als passenden Partner in Erwägung ziehen?“, fragte Easton mit erhobenen Augenbrauen. „Es würde schwierig sein, eine noch bessere Position in der Gesellschaft zu erhalten.“
„Du überraschst mich, Cousin. Gerade dir sind Status und Gesellschaft unwichtig. Ich habe den Mann noch nicht einmal getroffen.“
„Durchaus zutreffend. Allerdings, dein Vater ist nicht hier und ich versuche mein Bestes, weise Ratschläge zu erteilen.“
Sie lachte. „Du hast recht. Meine Schwestern würden nicht glauben, dass ich einen Duke abgelehnt habe.“
„Man hat dich verspottet und ich glaube, du weißt, dass du ein Minimum an Respekt verdienst. Selbst der Titel einer Duchess wäre es nicht wert, sich selbst zu erniedrigen.“
„Danke, Easton“, sagte Jolie leise, dankbar, dass ihr Cousin sie unterstützte.
„Du solltest dir dennoch alle Möglichkeiten offenhalten. Wenn Yardley eine Frau braucht, wird er über kurz oder lang in Erscheinung treten. Wenn er dich will, dann sorge dafür, dass er dich anständig fragt.“
„Er hat vermutlich seinen Anwalt schon zu der nächsten, glücklichen Lady auf der Liste geschickt.“
„Vielleicht hat er das. Aber ich denke, du solltest dich darauf vorbereiten, ihn zu treffen. Vielleicht änderst du dann deine Meinung.“
„Niemals.“
Jolie entschuldigte sich, da sie ihre Reitsachen ausziehen wollte. Easton sah auf den Kanal in der Ferne und überlegte, wie er mit dieser unerwarteten Entwicklung umgehen sollte. Und auch, ob er sich auf der Seite seiner Cousine oder der seines Freundes einbringen sollte. Solange ihre Eltern in Schottland weilten, war er für Jolie verantwortlich.
„Bedrückt dich etwas, Liebling?“, fragte Lady Easton, die von ihren engen Freunden Elly genannt wurde, als sie sich zu ihrem Ehemann gesellte und sich auf die Balustrade stützte.
Easton lächelte sie an und beugte sich zu ihr, um sie auf den Kopf zu küssen. „Ich überlege, ob ich Jolie sagen soll, dass Yardley zu Besuch kommen wird oder nicht.“
„Weil er ein Duke ist?“, fragte Elly mit schelmischem Gesichtsausdruck. Sie wusste von Jolies angeblichem Wunsch, eine Duchess zu werden.
„Ja und nein.“ Easton erzählte Elly, auf welche Art und Weise Yardley einen Heiratsantrag über seinen Anwalt geschickt hatte.
„Kennen sie sich überhaupt nicht?“
„Nein. Jolie kennt nur seinen Ruf. Ich habe keine Ahnung, was ihn dazu veranlasst hat, ihr das anzubieten.“
„Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat“, sagte Elly mit gerunzelter Stirn.
„Ich muss gestehen, ich bin auch sehr überrascht. Allerdings, du bist eine der wenigen Frauen, die er toleriert. Er ist einfach nicht mehr derselbe in Gesellschaftskreisen seit seiner ersten Ehe.“
„Ist das der Grund, warum er seinen Anwalt geschickt hat? Ich kann kaum glauben, dass er sich so verhält, nach allem, was ich von ihm kenne. Ich hätte gedacht, dass er und Jolie gut zusammenpassen.“
„Er ist immer noch verbittert und hat eine schlechte Meinung von den meisten Frauen.“
„Aber Jolie ist eine erstklassige Reiterin und liebt Tiere. Von ihrer Schönheit ganz zu schweigen. Er könnte gar nicht anders, als sie lieben. Wenn er sich die Zeit nehmen würde, um sie kennen zu lernen, natürlich.“
„Ich frage mich, warum er Jolie ausgewählt hatte. Eigentlich frage ich mich, warum er sich überhaupt dazu entschieden hat, wieder zu heiraten. Das passt so gar nicht zu ihm.“ Easton schüttelte den Kopf. „Wie dem auch sei. Er wird bald hier sein und kann diese Fragen beantworten. Soll ich ihn darum bitten, bei seiner Mutter unterzukommen? Ihr Landsitz ist nicht weit entfernt.“
„Lass mich darüber nachdenken“, sagte Elly. „Ich möchte erst mit Jolie darüber sprechen. Ich habe allerdings eine Idee.“
„Sollte ich Angst haben?“, neckte Easton sie.
„Natürlich nicht!“ Elly stieß ihn spielerisch mit dem Ellbogen an, wie sie es bei ihrem Bruder tun würde. „Ich werde dir Bescheid sagen, sobald ich sehe, wie aufgebracht sie ist und dann entscheiden, wie wir am besten mit der Situation umgehen.“
„Sehr wohl. Benedict ist einer meiner ältesten Freunde und ich würde ihn gerne wieder glücklich sehen. Jemanden zu verkuppeln ist wiederum eine vollkommen andere Sache.“
„Wir werden niemanden verkuppeln. Wir werden lediglich eine Gelegenheit anbieten.“
Easton schüttelte den Kopf. „Ich bin mir sicher, dass ich das bereuen werde.“
Elly antwortete mit einem Lachen.
Das Abendessen war eine kleinere Angelegenheit als gewöhnlich, da der alte Earl sein Essen in seinen Zimmern einnahm und der Rest der Familie Ashbury abreiste. Die einzigen Gäste beim Abendessen waren Lady Eastons Bruder Andrew und seine Frau Gwen, die nicht als Gäste angesehen wurden, da sie jetzt auf dem Grundstück lebten. Einige Jahre zuvor hatte Lord Easton eine Schule eröffnet, um Waisenkinder in Medizin auszubilden, und sein Cousin Nathaniel, Lord Fairmont, hatte nach Waterloo ein Veteranenheim hinzugefügt. Fairmont hatte in der grauenvollen Schlacht ein Auge und einen Arm verloren.
Sie züchteten ebenfalls Pferde auf dem Anwesen, und es war zu einer Familienangelegenheit für die Familien Loring, Abbott und Trowbridge geworden.
Gwen erwartete im nächsten Monat ein weiteres gesegnetes Ereignis, und sie zog es vor, dass Elly bei ihrer Entbindung bei ihr war. Sie war nicht nur ihre Schwägerin, sondern verfügte auch über medizinisches Wissen.
Aus diesem Grund würde sich Jolies Rückkehr nach London verzögern. Da das Abendessen eine intime Familienangelegenheit war, fühlte sich niemand dazu angehalten, auf seine Wortwahl zu achten. Speziell Elly und Andrew warfen spielerisch mit ihren Wortwitzen um sich und nahmen sich gegenseitig auf den Arm.
„Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, so schrecklich lange warten zu müssen, um nach London zurückzukehren", sagte Gwen zu Jolie. „Ich versichere Ihnen, ich bin genauso ungeduldig wie Sie, dass sich der kleine Abbott der Welt vorstellt."
„Es macht mir nichts aus", beruhigte Jolie sie. „Ich genieße diesen Aufschub eher. Ich bin mir nicht sicher, wie unterhaltsam die Ballsaison ohne meine Schwestern sein wird.“
„Ah. Sie müssen sich der Gesellschaft als Einzelne präsentieren“, scherzte Andrew. „Es ist nicht so einfach, wenn man sich nicht hinter jemandem verstecken kann.“
„Und woher wollen Sie das wissen? Für Männer ist es wohl kaum das Gleiche wie für Frauen. Von uns erwartet man, dass wir still an der Seite stehen, bis wir zum Tanz aufgefordert werden. Bitte versuchen Sie sich daran zu erinnern, wann Sie sich jemals verstecken mussten“, beharrte Elly.
„Ich kann mich an einige Male erinnern, bei denen ich mich vor Müttern auf der Jagd verstecken musste, oder vor Großmutter. Meistens vor Großmutter“, sagte Andrew grinsend.
„Also haben Sie niemanden, zu dem sie ungeduldig zurückkehren wollen?“, fragte Gwen höflich.
Jolie, Easton und Elly sahen zur gleichen Zeit hoch. Andrew entging nicht der Blick, den sie untereinander wechselten.
„Sie können es uns ruhig sagen“, fügte Andrew hinzu. „Früher oder später wird es doch ans Licht kommen.“
„Es tut mir leid, wenn ich ein unpassendes Thema gewählt haben sollte“, sagte Gwen entschuldigend. „Ich bin davon ausgegangen, dass es Jolie nicht an Anwärtern mangelt.“
„Nur dumme oder unerträgliche”, murmelte Jolie.