Elizabeth Johns

Schmelzendes Eis


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      Er zuckte mit den Schultern, so gar nicht wie ein Edelmann. Dies war einer der wenigen Orte, an denen er seine herzogliche Maske ablegen konnte.

      „Kennst du überhaupt ihren Namen?“

      Er schüttelte den Kopf.

      „Ich glaube, Hughes sagte, es wäre Ashburys Tochter. Ich bin nicht mit Ashbury bekannt, aber Hughes versichert mir, dass sein Ruf tadellos sei.“ Die ganze Angelegenheit klang geschmacklos, wenn er es jemand anderem erklären musste. Er ärgerte sich und war von sich selbst angewidert. Er war es nicht gewohnt, seine Entscheidungen in Frage zu stellen.

      „Ich verstehe, dass du keine Liebesheirat wünschst, aber es wäre angebracht, dass du ein wenig Zeit für die Brautschau aufbringst. Ich werde vermutlich Olivia mit uns zurück in die Stadt nehmen, von daher kann ich mit dir zusammen leiden, falls du uns begleiten möchtest.“

      „Charlotte sollte ebenfalls in die Stadt gehen. Aber ich weiß nicht, ob ich das noch einmal durchmachen kann. Was ist, wenn mich dieses Mädchen wegen meines Rufes ablehnt? Es wird nicht besser, wenn die Gerüchte wieder aufkochen.“

      „Ich glaube, du machst dir zu viel Gedanken. Deine Einsiedelei schürt die Gerüchte an.“

      „Die Leute sehen den Dukes einiges nach“, bemerkte Andrew.

      „Nicht, dass es etwas gab, was man hätte übersehen müssen. Der Fehler lag nicht bei dir“, fügte Easton hinzu.

      Benedict lachte kurz, zog seinen Mantel und seine Weste aus und rollte sich die Ärmel hoch. „Ich glaube, es gibt keine andere Lösung.“

      Er zog einige Karotten aus seiner Tasche, die er noch von der Reise mit sich trug. Er versuchte sich dem Hengstfohlen zu nähern und hielt ihm das süße Angebot auf seiner Hand entgegen. Das junge Pferd war bei einem Fremden noch panischer. Es trat aus und sprang auf der Koppel umher, bevor es auf das Tor zu galoppierte. Seine Hinterbeine rutschten auf dem schlammigen Fleck aus und besprühten Benedict, der hastig zurücksprang. Kalte, nasse Erde klatschte auf Benedicts Gesicht und seine Vorderseite. Auf welch wunderbare Art er sich vor Elly würde verbeugen müssen!

      Gelächter dröhnte in seinen Ohren. Er zog ein Taschentuch aus der Tasche, wischte sich den Schlamm aus den Augen und sah Easton und Andrew, die laut lachten. Sie waren es gewohnt, ihn immer tadellos gekleidet zu sehen, daher würden sie sich in dieser Situation zweifelsohne auf seine Kosten gründlich amüsieren.

      Er konnte nichts weiter tun, als selbst über den absurden Anblick zu lachen, den er vermutlich gerade bot. Gedemütigt ging er zurück zum Zaun.

      „Nun gut“, er hob die Hände hoch. „Ich habe mein Talent verloren.“

      „Das haben wir auch, mein Freund. Das haben wir auch.“

      „Vielleicht sollten wir Elly um Hilfe bitten. Sie hat ihre eigene Art mit ihnen“, schlug Andrew vor.

      Easton seufzte. „Das werden wir wohl müssen.“

      Die Männer drehten sich um, als sie Hufe auf dem Rasen hörten und sahen, wie Jolie auf Hector heranritt.

      „Wunderschön“, sagte Benedict leise.

      „Das Pferd oder meine Cousine?“, neckte ihn Easton.

      Benedict gab keine Antwort. Er war so von dem Anblick verzaubert, den die Schönheit des Pferdes und seiner Reiterin ihm bot.

      Andrew ging hinüber, um Jolie beim Absteigen zu helfen. Sie lächelte und Benedict konnte noch immer seinen Blick nicht von ihr abwenden. Sie übergab Andrew die Zügel und klopfte sich den Staub ab. Sie ging zu dem Geländer und der schreckhafte Hengst rannte geradewegs auf sie zu. Benedict war auf dem Sprung, da er glaubte, er müsse sie retten, aber der junge Hengst zeigte keinerlei Absicht, sie zu verletzten. Stattdessen tanzte er spielerisch umher und begann sie mit der Nase anzustoßen, um ihre Aufmerksamkeit zu erhalten.

      „Hallo mein Hübscher. Sind diese Männer nicht anständig mit dir umgegangen?“, fragte sie, als sie seinen Hals liebevoll streichelte. Die Männer sahen sie mit offenkundiger Bewunderung an.

      Benedict nutzte die Gelegenheit, sie unauffällig zu beobachten, während sie sich auf das Pferd konzentrierte. Sie war nicht wie eine Lady angezogen und ganz sicher ritt sie nicht wie eine. Vielleicht war sie eine arme Verwandte. Aber sie konnte mit Tieren umgehen. Ihre wunderschönen violetten Augen ertappten ihn dabei, wie er sie anstarrte, und er errötete fast. Er war aus dem Alter heraus, in dem man rot wird, aber er war sichtlich fasziniert. Er sah fort und ärgerte sich darüber, dass er sich zu dieser Frau hingezogen fühlte. Das letzte Mal, als er das zugelassen hatte, wurde er bloßgestellt. Er sah Easton neugierig an.

      „Darf ich dir meine Cousine vorstellen, Jolie Winslow? Jolie, das ist mein alter Schulfreund Benedict Stanton“, sagte Easton beiläufig.

      Jolie knickste kurz. Benedict nickte ihr kurz zu, als ihre Augen sich trafen. Sie scheint meiner Aufmerksamkeit nicht wert genug zu sein, sonst hätte Easton mich mit meinem Titel vorgestellt, dachte er mit einer Spur des Bedauerns, obwohl sie in der Vergangenheit immer ihre Titel ausgelassen hatten, um nicht verkuppelt zu werden.

      Es fiel ihm schwer, seine Augen von ihr abzuwenden, dennoch konnte er sie schlecht anstarren, ohne mit ihr zu sprechen. Er nickte ihr erneut kurz zu und wandte sich dann an Easton. „Dürfte ich die Freude haben und Hector begrüßen?“

      Easton versuchte aus irgendeinem Grund nicht zu lachen. „Natürlich“, antwortete er und wandte sich an Jolie. „Ich gehe davon aus, dass er sich gut benehmen wird.“

      „Ich habe mein Bestes gegeben, damit er erschöpft ist“, antwortete Jolie.

      Jolie wollte am liebsten laut lachen. Mr. Stanton hatte versucht würdevoll zu erscheinen, aber er war so wunderbar von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt, dass sie kaum in der Lage gewesen war, seine bernsteinfarbenen Augen zu erkennen. Sie war sich nicht sicher, ob er ihren eigenen unziemlichen Aufzug anstarrte oder ob er nicht an den Umgang mit Frauen gewöhnt war. Man konnte ihm nicht vorwerfen, dass er geschwätzig war. Vielleicht züchtete er deshalb Pferde, dachte sie. Trotz des Schmutzes war er zweifelsohne gutaussehend. Vermutlich war er der zweitgeborene Sohn, der nicht heiraten wollte und nicht in der Lage war, einer Frau den Lebensstil zu bieten, den sie gewohnt war. Sie erwischte sich dabei, wie sie darüber nachdachte, ob ihr ein einfacheres Leben ohne die Großstadt gefallen würde. Sie liebte die Großstadt, aber auf dem Land gefiel es ihr ebenfalls.

      Sie drehte sich um, als sie Elly und die Kinder hörte. Sie rannten direkt in den Stall für ihre täglichen Übungen.

      „Cousine Jolie!“, riefen ihr die Kinder im Vorbeilaufen zu. Die Stallburschen führten die Ponys für sie nach draußen und sie konnte sehen, wie die Männer die Stute mit Hector bekannt machten.

      „Lass uns beten, dass Hector sich gut benimmt“, bemerkte Elly, als sie die Vorstellung aus der Ferne betrachtete.

      Jolie lachte. „Die Kinder sind viel zu beschäftigt, als dass sie etwas bemerken würden.“

      Lizzie ritt bereits im Kreis um ihre Brüder herum, während diese noch aufsaßen.

      Die Kinder ritten davon, als Elly und Jolie zur Koppel gingen, um die Männer und die Pferde besser beobachten zu können.

      „Wurdest du Mr. Stanton vorgestellt?“, fragte Elly mit einem Zwinkern.

      „Ich nehme an, man kann es als eine Vorstellung bezeichnen. Ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt ein Wort gesagt hat.“

      „Vielleicht ist er ein wenig zurückhaltend“, überlegte Elly.

      „Zurückhaltend? Ist das der Grund? Ich war mir nicht sicher, ob er schüchtern war oder ob ich ihn geschockt hatte. Jedenfalls war er von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt, vielleicht war er sich dessen bewusst.“

      „Benedict war schmutzig?“ Elly hielt ihre Hand hoch, um ihre Augen vor der Sonne zu schützen, damit sie