Lin Rina

KHAOS


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ein.

      Aber ich machte mir bloß Sorgen über Dinge, die ich nicht wusste. Schlussendlich konnte ich ja noch nicht einmal sagen, ob ich überhaupt eine Möglichkeit finden würde, sie aufzuwecken.

      Ich stieß mich von der Kapsel ab, ohne noch einmal einen Blick darauf zu werfen, aber ich hatte das Gefühl, dass sich dreiundzwanzig Funken in meinen Hinterkopf bohrten.

      An der gegenüberliegenden Wand beginnend, ging ich all meine Geräte durch, die Hitze erzeugen konnten. Ich besaß ein Wundschweißgerät, für Spezies mit dicker Haut oder Panzerplatten. Eine Rotlichtkammer, zum langsamen Aufheizen von Kaltblütern oder sonstigen Unterkühlten. Und einen Sterilisator, der mit Mikrowellen funktionierte.

      Das Wundschweißgerät schloss ich sofort aus. Zu starke, punktuelle Hitze. Allerdings war die Rotlichtkammer auch nicht das Richtige, selbst wenn sie auf den ersten Blick recht nützlich wirkte. Sie erzeugte zu sanfte Wärme, die die Körpertemperatur um nur wenige Grad pro Minute hob.

      Wenn ich es nicht schaffte, die Körper innerhalb von dreißig Sekunden von unter null auf etwa fünfunddreißig Grad Celsius zu erhitzen, dann würde ich das Herz nicht zum Schlagen bewegen und das Blut würde anfangen zu gerinnen.

      Es war zum Haareraufen. Ich konnte ihnen ja schlecht mit Mikrowellen das Gehirn braten.

      Obwohl …

      Ich blinzelte und ließ mir den Gedanken noch mal durch den Kopf gehen. Ich taxierte den Sterilisator. Groß genug wäre er, um einem Menschen darin Platz zu bieten.

      Es war mir ein Rätsel, was das Gefängnis vorgehabt hatte, darin keimfrei zu strahlen. Es gab nur eine Handvoll OP-Besteck und die Verbände. Dafür brauchte ich nur etwa ein Zehntel des Platzes und auch nur, wenn ich alles gleichzeitig hineinlegte.

      Aber das kam mir gerade nur zugute. Wenn ich das Gerät richtig einstellte, dann konnte ich durch die Bewegung der Partikel jede Stelle gleichmäßig erhitzen und so gewährleisten, dass ein Körper innen nicht noch halb gefroren war.

      Nur leider könnte es sein, dass ich das Gehirn dabei wie ein Bula-Ei brutzelte und schließlich zum Platzen brachte.

      Ich presste die Lippen aufeinander und setzte mich langsam auf meine Behandlungsliege.

      Zusätzlich würde das schnelle Erhitzen im Sterilisator eine Menge Wasser verdampfen. Selbst wenn ich es schaffte, sie nicht zu grillen, wusste ich nicht, ob sie die Dehydrierung überleben würden.

      Meine Gedanken wogten noch ein wenig hin und her, während ich mich auf den Rücken legte.

      Es waren keine Geräte vorhanden, um die Leute zu überwachen, solange sie sich im Sterilisator befanden. Doch ich hätte meine Gabe. Vielleicht würde das reichen, um zu sehen, wann die Seele begann, Schaden zu nehmen.

      Aber wenn nicht? Konnte ich damit leben, einem anderen den Schädel zum Explodieren gebracht zu haben? Wahrscheinlich nicht.

      Da drehten sich meine Gedanken im Kreis. Denn wenn ich es nicht wenigstens versuchte, würde man mir den Garaus machen. Wenn ich es versuchte, bestand wenigstens die Möglichkeit, dass alles gut ging.

      Und wenn ich es tun wollte, bevor Boz merkte, dass ich ihm nicht Bescheid gegeben hatte, dann musste ich sehr bald damit anfangen.

      6

      Gefühle

      Ich wartete auf die Nacht, dann schlich ich mich raus und holte mir einen Krebstrolley. Es war ein einfaches Gestell auf Rädern, mit großen Zangen vorne, das es mir ermöglichen würde, die Kapseln allein zu transportieren.

      Zuerst nahm ich mir den Mann vor, um den Boz explizit gebeten hatte. Ein Soldat mit starkem Kinn und grimmigen Zügen. Er war so gut wie jede andere Testperson und ich konnte nur hoffen, dass es funktionierte.

      Natürlich musste ich mir eingestehen, dass meine Wahl anders ausgefallen wäre, hätte ich eine Hitzedruckkammer gehabt. Sicher hätte ich erst Ihn zurückgeholt. Schon allein um zu sehen, was seine Seele noch alles versteckt hielt.

      Doch wenn die Möglichkeit bestand, dass ich hier jemandem das Gehirn briet, dann sicher nicht Ihm.

      In meinem Bauch bildete sich trotzdem ein fieser, Übelkeit erregender Knoten, wenn ich daran dachte, was ich hier vorhatte.

      Ich rollte die Kapsel mithilfe des Krebstrolleys zum Sterilisator, legte sie auf die große Ablage davor und brauchte eine Weile, den Sicherheitsverschluss zu knacken. Es zischte, als ich das Schloss zum Splittern brachte und der Deckel sich hob. Kalte Luft quoll sichtbar in den Raum und verschaffte mir eine Gänsehaut.

      Vor mir lag ein Mann, bekleidet in einem hautengen schwarzen Anzug, der am Halsansatz begann und nur die Hände frei ließ. Seine Füße steckten in schweren Stiefeln.

      Doch ich hatte keine Zeit zu starren. Eilig wendete ich den Krebs­trolley, nahm den Mann vorsichtig auf und legte ihn in den Sterilisator. Die Luke schloss sich und meine Hände zitterten, als ich sie seitlich an das Bedienelement legte.

      Ich konnte nur flehen, dass ich es schaffte und dass die Zeit reichen würde, die Körpertemperatur genug zu erhöhen, bevor das Gehirn Schaden nahm.

      Mein Magen rumorte noch heftiger und mir wurde ganz elend.

      Zu lange konnte ich nicht tatenlos hier stehen. »Tu es!«, sagte ich mir selbst und verharrte noch einen Moment über dem Startknopf.

      Wie oft hatte ich ihn schon so achtlos gedrückt, um alles Mögliche keimfrei zu blitzen. Ich wusste, wie er sich anfühlte, wie schwer er zu drücken war und wie sich das Gerät anhörte, wenn es lief.

      Warum war ich also jetzt so feige, wo ich wusste, dass ich es ja doch tun müsste? Der Mann war aus der Kapsel heraus. Hinein würde ich ihn nicht wieder legen können, da ich den Verschluss beschädigt hatte. Also musste ich es tun oder er starb so oder so.

      Ich schloss die Augen, konzentrierte mich auf die eine Seele vor mir und drückte den Knopf. Ein Summen ertönte, Licht zuckte rot hinter meinen geschlossenen Augenlidern und die Seele kam in Bewegung, genauso wie alle Partikel, die von der Mikrowellenstrahlung erfasst wurden. Sie tanzte erst langsam wie ein Sternenschauer, dann schneller und plötzlich wurde sie an einer Stelle bedenklich dünn.

      Sofort drückte ich den Abbruchknopf, das Licht erstarb und die Schutzklappe hob sich. Ich blinzelte, griff nach dem Thermometer neben mir und drückte es dem Mann an die Stirn.

      34,6°C standen dort die ersehnten Ziffern und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Meine Güte, ich hatte es geschafft!

      Ich schwang den Defibrillator-Gurt über die Brust des blonden Hünen und startete den Automatikmodus für einen menschlichen Sinusrhythmus. Ungeduldig wartete ich, bis das Herz wieder schlug, und sah dabei zu, wie der Mann vor mir seinen ersten Atemzug tat. Sein Brustkorb hob und senkte sich auf beruhigende Weise, es kam mir wie ein Wunder vor.

      Eilig nahm ich meine weiteren Utensilien zur Hand und legte einen Zugang in den linken Unterarm. Ein Beutel mit Kochsalzlösung baumelte bereits an seinem Gestell und ich öffnete den Hahn, nachdem ich den Schlauch am Zugang befestigt hatte.

      Erleichtert atmete ich auf. Ich hatte es tatsächlich geschafft und das auch noch viel leichter, als ich für möglich gehalten hatte.

      Seine Seele bewegte sich, wie es jede tat, wenn sie im Schlaf dahintrieb. Jetzt musste ich nur noch abwarten, bis er erwachte. Was meinen Berechnungen nach eine ganze Weile dauern könnte. Ich erwartete es in frühestens zwölf Stunden.

      Mein Herz schlug bedenklich schnell und trotzdem konnte ich nicht anders, als mich über meinen Erfolg zu freuen. Eine große Last fiel von meinen Schultern, machte mich übermütig und weckte in mir den Wunsch, es gleich noch einmal zu versuchen.

      Der