Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman


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Tresi hat mich zur Haupterbin eingesetzt«, erwiderte sie leise.

      Frau von Willbrecht strich ihr über das Haar. »Sie hat eben doch immer ihr Schwiegertöchterchen in dir gesehen, Nanni.«

      »Aber wir wissen doch nicht, was gekommen wäre, Mutti«, schluchzte Nanni. »Ich bin nicht glücklich bei diesem Gedanken.«

      »Dann wird sich ein Weg finden, dass du andere damit glücklich machen kannst, mein Kind«, sagte Annemarie von Willbrecht. »Was hast du nun vor? Willst du wieder nach Sophienlust fahren?«

      »Nicht gleich, Mutti. Es gibt so viel zu bedenken.«

      »Rubinchen wird sich schon wohlfühlen in Sophienlust«, meinte ihre Mutter.

      Nanni musste an ihren letzten Besuch bei Tante Tresi denken, und erst jetzt wurden ihr deren Worte voll bewusst. Sie hatte ihr damit etwas sagen wollen, was sich in die Zukunft richtete und nicht in die Vergangenheit. Ja, so hatte Tante Tresi ihre Worte wohl begriffen haben wollen. Dennoch konnte Nanni nicht viel damit anfangen, denn was für sie wichtig war, lag fern und im Ungewissen.

      *

      Jan war an diesem Morgen pünktlich wie immer in seinem Büro, und auch Suliman erschien wenig später. Yasmin war allerdings nicht erschienen.

      »Miss Haman ist sonst eigentlich immer pünktlich«, sagte Jan entschuldigend.

      Suliman sah ihn staunend an. »Miss Haman?«, fragte er. »Doch nicht Yasmin?«

      »Gewiss Yasmin Haman.«

      »Erstaunlich«, erklärte Suliman. »Man hat sie also behalten.«

      »Sie ist eine ausgezeichnete Sekretärin«, stellte Jan fest.

      Das zumindest glaubte er Yasmin schuldig zu sein.

      »Sehr interessant. Gewiss ist sie eine ausgezeichnete Sekretärin, aber auch eine ausgezeichnete Spionin. Sollte das Dr. Peschke unbekannt sein?«

      »Das müsste erst bewiesen werden«, sagte Jan aufgebracht. Das fehlte ihm gerade noch.

      »Keine Erregung, mein Freund«, sagte Suliman gelassen. »Keine Spionin im üblichen Sinn. Eine charmante junge Dame, die ihre Chancen zu nutzen weiß, um sich bei maßgeblichen Stellen Ansehen zu verschaffen. An geheime Dokumente kommt sie wohl auch nicht heran.«

      Blitzschnell überlegte Jan, ob Yasmin während dieser Zeit nicht doch Einblick in manche Dokumente gehabt hatte, die nur für seine Augen bestimmt gewesen waren. In seinem Kopf herrschte aber völliges Durcheinander.

      »Sie wird erfahren haben, dass ich diesen Posten übernehme, und zieht es vor zu verschwinden«, erklärte Suliman. »Verständlich. Ich hatte eine kleine persönliche Reiberei mit ihr. Sie ist sehr empfindlich, wenn sie nicht zum Zuge kommt, um es dezent auszudrücken, aber bei einem Mann wie Ihnen war da wohl ohnehin nichts drin.«

      Alles klang hintergründig, und Jan überlegte, ob man ihn nicht doch auf ein totes Gleis schieben wollte. Und das alles, weil er Yasmin nicht hatte widerstehen können? Das würde dann allerdings eine teure Affäre gewesen sein.

      »Sprechen wir offen miteinander, Herr Campen«, sagte Suliman. »Yasmin war siebzehn, als sie hier anfing. Ich spreche ihr ein gewisses Format nicht ab, und tatsächlich ist es ihr auch gelungen, einigen Direktoren die Hölle heiß zu machen, bis Sie hierherkamen. Auch ich, das gebe ich offen zu, habe mich erst im letzten Augenblick aus der Affäre ziehen können und musste dafür mit mehrjähriger Trennung von meiner Familie bezahlen. Sie haben Glück, dass Sie zurückberufen werden, bevor für Sie Probleme entstanden – oder rief man Sie zurück, weil solche bereits im Gespräch waren?«

      »Das ist wohl meine Angelegenheit«, sagte Jan steif, aber am liebsten hätte er sich selbst geohrfeigt. Was hätte daraus noch entstehen können! Eben diese Intrigantin hätte er Rubinchen als Mutter vor die Nase setzen wollen. Eine fatale Geschichte.

      »Wollen wir uns also um eine neue Sekretärin umsehen«, sagte Suliman mit orientalischer Gleichmütigkeit, die Jan sich selbst jetzt auch gewünscht hätte. »Dann werden wir sehen, dass Sie Ihre Arbeit hier so bald als möglich beenden und sich Ihren neuen Aufgaben zuwenden können. Ihre Tochter wird Sie brauchen. Es ist nicht gut, lange von den Kindern getrennt zu sein. Wofür leben wir schließlich? Wenn wir schon arbeiten und vorankommen wollen, dann doch nur für unsere Familien. Sie werden einiges zu erledigen haben, Herr Campen. Heute komme ich recht gut allein zurecht.«

      Wieder dieses undurchschaubare Lächeln. Er musste unbedingt Yasmin erreichen und mit ihr in aller Offenheit sprechen. Er wollte einfach nicht glauben, dass sie schon jahrelang ein falsches Spiel getrieben hatte, auch mit ihm.

      Er fuhr zu seiner Wohnung, und dort fand er sie zu seiner Überraschung vor. Sie lag in einem Sessel, hielt eine silberne Zigarettenspitze in der Hand und betrachtete ihn mit einem verführerischen Lächeln.

      »Ein schlauer Fuchs, dieser Suliman. Er kann dich wohl nicht schnell genug loswerden, Darling?«, fragte sie. »Ich möchte wissen, was er dir über mich alles erzählt hat. Nein, ich brauche es nicht zu wissen. Ich weiß nur, dass es für dich sehr unangenehm werden kann, wenn ich noch länger hierbleibe, und ich will dir keine Schwierigkeiten bereiten, mein Lieber. Sie wollen den Ast absägen, auf dem du sitzt. Mich natürlich mit, das ist der Sinn des Ganzen. Ich bin reisefertig. Ich habe meinen Eltern gesagt, dass du mich schon jetzt nach Deutschland schicken willst, damit ich mich um deine Tochter kümmere. Ich habe für die Abendmaschine gebucht und hoffe, dass du bald nachkommen wirst.«

      »Yasmin, so geht das doch nicht«, stieß er hervor.

      »O doch, es geht, mein Lieber. Es macht keine Schwierigkeiten. Diese kann uns höchstens noch der raffinierte Mr Suliman machen.«

      »Aber es gibt doch vieles zwischen uns zu klären, Yasmin. Es muss geklärt werden!«

      »Du kannst mir das alles auf dem Weg zum Flugplatz erzählen, Darling. Es eilt nämlich.«

      In einer derartigen Situation hatte Jan sich noch nie befunden. Was sollte er jetzt tun? Hatte Nanni solche Schwierigkeiten nicht vorausgeahnt? Aber von Nanni wusste sie glücklicherweise noch nichts.

      Nur Lilos Adresse kannte sie, und für Lilo konnte das ein gefundenes Fressen werden.

      »Bitte, fahren wir«, sagte Yasmin freundlich. »Ich denke wirklich in erster Linie an dich. Du hast doch hoffentlich so viel Geld, um mein Ticket auszulösen.«

      Er hätte ihr alles Geld, was er besaß, gegeben, wenn er sie damit nur losgeworden wäre. Aber es stellte sich ihm die bange Frage, ob er sie wohl jemals loswürde.

      Er war in sehr niedergedrückter Stimmung, als er Yasmin zum Flugplatz brachte.

      »Was wolltest du mir sagen?«, fragte sie völlig ruhig.

      »Es wird dich vielleicht treffen«, stieß er hervor, »aber ich bin einer Frau begegnet, die ich liebe.«

      »Ach nein«, sagte sie spöttisch. »Ich glaubte, du liebst mich.«

      »Das war ein Irrtum, Yasmin. Diese einsame Zeit hier, deine ständige Nähe – du bist eine begehrenswerte Frau, das leugne ich nicht. Ich möchte auch nicht, dass wir im Groll auseinandergehen. Aber da ist Rubinchen, die dich ablehnt. Das Kind bedeutet mir sehr viel.«

      »Und wahrscheinlich hat diese besagte Frau größere Chancen, ihr Herz zu gewinnen«, erklärte Yasmin sachlich. »Sie scheint sehr geschickt zu sein und ihre Chancen zu nutzen. Handelt es sich um deine Schwägerin Lilo?«

      »Gott bewahre. Durch sie ist doch alles erst entstanden.«

      »Wie dem auch sei, ich will nach Deutschland, und wie du dich dann aus der Affäre ziehst, musst du dir überlegen. In deinem Interesse hoffe ich, dass dir eine für mich annehmbare Lösung einfällt. Den Laufpass lässt man sich hier nicht so einfach geben.«

      »Was verlangst du?«

      Ihre Augen waren eiskalt. »Dass du jetzt mein Ticket auslöst und mich mit so viel Geld versorgst, dass ich über die Runden komme, bis wir uns in deiner