Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman


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auf. »Einstweilen werde ich mich ein bisschen umschauen, dank deiner Großzügigkeit.«

      »Lass Lilo aus dem Spiel«, sagte er heiser.

      Sie lachte spöttisch. »Warum? Es ist doch eine Familienangelegenheit.«

      Weil er fürchten musste, dass ihm noch größere Schwierigkeiten entstünden, wenn sie hierbleiben würde, ließ er sie gehen. Es war verrückt, es war völlig absurd, was er da getan hatte, aber für sie schien es selbstverständlich zu sein.

      Sie drehte sich sogar noch einmal um und winkte ihm zu. Aber er sah nicht, dass am Ausgang schon ein Mann mit graumelierten Haaren auf sie wartete.

      »Nun, hat es geklappt?«, fragte er.

      »Bestens. Ich hätte nicht gedacht, dass ich auch noch als Siegerin aus dieser Geschichte hervorgehen würde.«

      »Du bist ganz große Klasse, Yasmin. Wir werden etwas auf die Beine stellen, dass die Welt Mund und Augen aufsperren wird.«

      »Und wenn es schiefgeht, werde ich meinen Eltern sagen können, dass Jan mich in diese Situation gebracht hat. Es ist immer gut, wenn man sich absichert.«

      »Aber es geht nicht schief. Mit dir nicht. Du wirst die Judith in meinem Film. Ich habe es vom ersten Augenblick an gewusst. Nun müssen wir nur noch ein entsprechendes Kind finden, das tänzerische Begabung hat.«

      Yasmin lachte. »Damit kann ich vielleicht auch dienen, aber dazu müssten wir ein paar Tage in Deutschland bleiben, Steve.«

      Steve Kintosh warf ihr einen schrägen Blick zu. »Willst du mich aufs Glatteis führen?«, fragte er.

      »Das vielleicht auch«, erwiderte Yasmin lachend. »Du wirst mir die Füße küssen, Steve. Hast du bis jetzt etwa draufgezahlt bei mir?«

      »Nein, Süße.«

      Wieder lachte sie. »Also vertraue auf mich!«

      Und für sich dachte sie: Wenn Jan wüsste!

      *

      Nanni rüstete sich zur Fahrt nach Sophienlust. Sie hielt es vor Sehnsucht nach Rubinchen einfach nicht mehr aus.

      Am Morgen war ein amtlich aussehender Brief für sie gekommen, in dem sie von der Direktion der Apparatebau-Firma Hugenbald aufgefordert wurde, am 15. des Monats an einer Aufsichtsratsitzung teilzunehmen, um ihre Rechte als Inhaberin der Aktienmehrheit zu klären.

      Plötzlich war sie zur Großaktionärin geworden, doch das war ihr ein schrecklicher Gedanke. Immerhin waren noch fast vierzehn Tage Zeit bis dahin, und ihr Vater hatte sich bereit erklärt, sich entsprechend zu informieren. Friedrich von Willbrecht war nicht gerade guter Laune während dieser Tage. Nicht, dass er etwas gegen die Erbschaft seiner Tochter einzuwenden gehabt hätte, aber im Haus war es ihm plötzlich zu öde.

      »Schau zu, dass du Pipp wieder mitbringst«, sagte er, »und meinetwegen auch Rubinchen. Es ist ja trostlos. Eine Schnapsidee war es, das Kind nach Sophienlust zu schicken«, polterte er weiter, als Nanni das Haus verlassen hatte. »Die haben doch wahrhaftig Kinder genug, und wir sind nun unsere Nanni los und die Kleine auch noch.«

      »Aber gepasst hätte es dir auch nicht, wenn Lilo uns dauernd das Haus eingelaufen hätte«, sagte Annemarie von Willbrecht. »Das wollte uns Herr Campen ersparen.«

      »Ach, mit der wäre ich schon fertig geworden. Hasso hat sie sich doch auch vom Hals gehalten.«

      »Er vermeidet es aber tunlichst, mit Uschi herzukommen, und das sicher nur, um ihr nicht zu begegnen. Es gibt Menschen, die anscheinend nur auf der Welt sind, um Unfrieden zu stiften.«

      »Was Hasso und Lilo auseinanderbrachte, war übel«, sagte Friedrich von Willbrecht. »Erinnerst du dich nicht mehr?«

      »Ich habe überhaupt keine Ahnung. Eines Tages war es aus, wie es bei jungen Leuten nun eben ist.«

      »Ganz so war es doch nicht. Lilo hat gesagt, dass Nanni sich an Jan Campen herangemacht hätte, nachdem Karlheinz gestorben war. Hasso hat es mir erzählt. Deswegen schmeckt mir die ganze Geschichte nicht sehr, Annchen.«

      »Das ist purer Blödsinn. Sie hat ihn doch höchstens flüchtig kennengelernt. Das hat Lilo aus der Luft gegriffen.«

      »Aber merkwürdig ist es doch, dass unsere Nanni sich jetzt ziemlich engagiert hat.«

      »Es ist sieben Jahre her. Jetzt ist sie erwachsen. Sie mag das Kind, sie mag ihn, was ist da schon dabei? Aber früher, nein, das sind böse Gerüchte. Aber typisch für Lilo.«

      »Vielleicht hat sie das sieben Jahre vorausgeahnt«, sagte er mit ironischer Betonung. »Aber wie ich diese Intrigantin kennen, wird sie jetzt womöglich sagen, dass sie erst gewartet hat, bis sie das Erbe von Teresa Hagen in der Tasche hatte, um sich dann doch noch Campen zu angeln.«

      »Paps, du hast eine blühende Phantasie«, stöhnte Annemarie von Willbrecht. »Man denkt wahrhaftig viel, wenn der Tag lang ist.«

      »Darum wird es auch Zeit, dass wieder Leben ins Haus kommt«, brummte er.

      *

      Frohes Leben herrschte in Sophienlust, als Nanni eingetroffen war. Pipp überschlug sich fast. Rubinchens Freude kannte keine Grenzen, und sie wich keinen Schritt mehr von Nannis Seite.

      »Du, Habakuk ruft schon immer Nanni, Nanni«, sprudelte sie hervor.

      »Dann muss ich ihm aber gleich guten Tag sagen«, meinte Nanni. »War Daddy nochmals hier?«

      Betrübt schüttelte Rubinchen den Kopf. »Er musste wohl gleich wieder zurück in die Türkei. Du, Nanni, Nick hat gesagt, da dürfen Männer auch mehrere Frauen haben.«

      »Na, das ist eine schöne Wirtschaft«, sagte Nanni.

      »So was mögen wir nämlich nicht. Wir wollen unseren Daddy allein haben, nicht?«

      Nanni errötete. Rubinchen schien schon weiterzudenken. Sie fuhr auch bereits fort: »Unser Daddy will uns ganz sicher allein haben. Ich habe mir alles überlegt, Nanni. Er hat dich gestreichelt und lieb angeschaut, also hat er dich auch lieb.«

      »Es kommt nicht nur darauf an, Rubinchen«, sagte Nanni leise.

      »Nein, wenn man sich ganz mächtig lieb hat, kriegt man auch Babys«, sagte Rubinchen ernst. »Es wäre natürlich sehr schön gewesen, wenn Daddy dir ein Baby dagelassen hätte, denn dann könnte Yasmin gar nichts mehr machen.«

      »Wir wollen jetzt nicht von Yasmin sprechen, Rubinchen«, sagte Nanni.

      »Nein, das wollen wir beide nicht«, sagte das Kind. »Aber von Babys könnten wir schon sprechen. Möchten wir noch welche?«

      Das waren sehr verfängliche Fragen, doch sie sollten eine Aufklärung finden, die dann doch ein Lachen auf Nannis Gesicht zauberte.

      »Es ist nämlich so, Nanni, der Pipp hat sich in eine Hundedame verguckt. Sie ist viel kleiner als er und ein Setter, aber ganz närrisch sind sie miteinander. Pünktchen hat gesagt, dass die Panja, so heißt sie nämlich, jetzt Hündchen kriegen könnte. Hoffentlich wird Onkel Friedrich nicht sehr verärgert sein und mir die Schuld geben. Ich wusste doch gar nicht, wie das ist. Es ist schon recht schwierig, meinst du nicht auch? Wo Pipp doch so schön ist, so weiß wie Schnee, und Panja ist gescheckt. Was da wohl dabei herauskommt?«

      »Das sind Probleme, nicht wahr, Nanni«, sagte Denise. »Aber kommen Sie bitte. Da ist eben ein Telegramm durchgegeben worden für Sie. Für Sie ganz allein.«

      Nanni folgte ihr ins Büro. Fein säuberlich hatte Denise aufgeschrieben, was man durchgesagt hatte.

      Yasmin auf dem Weg nach Deutschland. Vorsicht! Ich liebe Dich, Nanni, was auch geschehen mag. Du darfst nicht zweifeln. Dein Jan. Nur Dein Jan.

      »Das kostet ein Vermögen«, sagte Denise. »Ich denke, Sie haben nicht den geringsten Grund, so ängstlich zu schauen.«

      »Aber wenn sie hierherkommt?«

      »Hierher? Das glaube ich nicht. Und wenn schon! Dann