G.F. Barner

G.F. Barner Staffel 4 – Western


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man es in Ciudas Mexiko hören könnte. Lächle, du Hundesohn, sonst schneide ich dir erst die Zunge heraus, ehe ich mich mit deinen Augen beschäftige!«

      Der Mann vor Felipe zitterte, aber das fiel bei dem Schwanken des Wagens und dem Gerumpel, das ihn erzittern ließ, als er über die groben Steine auf das Tor zufuhr, nicht auf.

      Dort setzte sich jetzt der Wächter in Bewegung. Er öffnete das schwere Bohlentor, das erst seit drei Jahren an Stelle des kunstvollen, schmiedeeisernen Tores hier in der Mauer saß und einen halben, neuen Flügel bekommen hatte. Dann trat der Wächter zur Seite.

      »Eh, Gustavo, fertig? Ihr seid schnell fertig geworden, eh?«

      »Si, si«, versicherte der Peon und würgte, konnte aber von dem Wächter nun nicht mehr gesehen werden. »Wir haben uns beeilt, weißt du? Ich muß noch nach den Hähnen sehen.«

      »Ah, ja, das tue nur, sie müssen Calicos wilde Hähne schlagen können!«

      Wie viele Mexikaner züchteten die Peones der Hazienda Kampfhähne. Dieser sonntägliche Sport lockte dann Männer, Frauen und Kinder an.

      Felipes breiter, kaulquappenähnlicher Mund verzog sich zu einem Grinsen. Es würde keinen Hahnenkampf an diesem Sonntag geben, das wußte er genau.

      »Gut so«, zischelte es in Gustavos Rücken. »Fahr nur weiter, Brüderchen, mach ein freundliches Gesicht. Jetzt zur Scheune… und hineinfahren, verstehst du?«

      Er verstummte, als einige Kinder, die im Innenhof gespielt hatten, auf den Wagen zugerannt kamen und ihr Geschrei ihn gezwungen hätte, lauter zu reden.

      Unter den Kindern war Gustavos vierjähriger Sohn. Er beklagte sich, daß die anderen seinen Stoffball entzweigemacht hätten. Felipe stieß Gustavo die Gewehrmündung heftig in den Rücken.

      »Papa… Papa, es war Ignacio… Ignacio! Mein schöner Ball…!«

      In der Mitte des Wagens, in der Mulde, brach Garcia der Schweiß doppelt so stark aus. Die Kinder rannten neben dem Wagen her. Kamen sie bis in die Scheune mit, konnte alles verdorben sein. Garcia wälzte sich, so gut es ging, herum. Dann kroch er zu Felipe.

      »Valgame dios«, knirschte Garcia. »Der Hundesohn soll diese Brut wegjagen, Felipe!«

      Der nickte nur. Er hatte längst erkannt, was ihnen drohte, und schob sich, so nahe es ging, an Gustavo heran.

      »Sag ihnen, daß sie verschwinden sollen!« zischte er. »Los, schick sie weg, sonst…«

      »Manuel!« schimpfte Gustavo in seiner Wut und Verzweiflung. »Manuel, ich mache dir einen neuen Ball. Verschwinde jetzt, die Pferde sind unruhig. Verschwinde, Junge, ich komme schon!«

      »Papa, Papa… er hat mich gestoßen, er hat mich…«

      »Diablo, du sollst verschwinden, Chiquito, sonst verprügel ich dicht!« schrie Gustavo heiser vor Furcht. »Du bekommst einen neuen Ball. Hast du nicht gehört?«

      Sie waren mittlerweile kaum zwanzig Schritt von der Scheune entfernt. Das Scheunentor stand offen. Die Scheune lag rechts, etwa dreißig Schritt vom Haupthaus entfernt. Und wenn es hier auch einige Bäume gab – der Raum zwischen Scheune und Haus war frei. Es gab kaum Deckungen für vierzehn Männer, die zuerst zum Haus mußten.

      Felipes Bruder Pacco saß hinten auf dem Wagen. Er konnte nicht sehen, was vorn geschah, hörte nur Gustavos Gefluche und das Geschrei seines Sohnes. Tatsächlich blieb Gustavos kleiner Sohn zurück.

      Gustavo duckte sich, als er unter dem Torbalken durchfuhr.

      Im nächsten Moment mußte Gustavo halten. Er brachte den Wagen zum Stehen, wendete langsam den Kopf und sah seinen Sohn etwa fünf zehn Schritt vor dem Scheunentor warten. Der Junge blickte zu seinem Vater.

      »Manolito!« schrie Gustavo in seiner Furcht schrill. Er hob drohend die Peitsche und sah seinen Sohn an. »Verschwinde, du kleiner Teufel, hau ab! Lauf zu deiner Mutter! Wirst du wohl verschwinden, du nichtsnutziger kleiner Teufel? Ah, ich prügel dich windelweich! Warte, ich komme!«

      Gustavo sah das sperrangelweit offene Tor. Er brauchte nur acht Schritt weit zu rennen und dann hinauszuspringen, aber er zitterte vor Angst, daß die erste Kugel dann seinen Sohn töten würde. Drohend die Peitsche schwingend, blieb er stehen. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, ehe sein Manolito kehrtmachte und davonlief.

      Kaum waren die Kinder verschwunden, als Felipe blitzschnell vom Wagen sprang.

      »Mach das Tor zu!« fauchte er scharf. »Los, schnell, du Schurke, schließ das Tor!«

      Felipe hetzte an der Wand entlang nach vorn. Er drückte sich neben dem Tor an das Heu und hob drohend die Gewehrmündung an. Sein kalter, mitleidloser Blick traf Gustavo, dem der Schweiß in kleinen Bächen über das hagere Gesicht rieselte. Dem Peon zitterten die Knie so heftig, daß er kaum gehen konnte. Schwankend näherte er sich dem schweren Torflügel und hob den Riegel an. Mit dem Zuschwingen des Flügels kam auch Felipe herum. Er verfolgte den Peon und kam ihm immer näher. Als der Flügel zufiel, glitten und sprangen die anderen Männer vom Wagen herunter. Augenblicklich drängten sie sich an das Heu und warteten, bis der Peon auch den zweiten Torflügel zuschob.

      »Bueno«, sagte Garcia. Jetzt, da er sein Ziel erreicht hatte, fiel die Anspannung von ihm ab, und der Hohn, gepaart mit seiner Wildheit und Rachsucht, brach aus seinen Augen. Er war nie ein Freund der Fiorentes gewesen, da sein Vater und Don Sebastiano politische Gegner gewesen waren. Die Entscheidung Don Sebastianos, des Republikaners, war richtig gewesen – er hatte sein Eigentum behalten, während die Garcias fast alles verloren hatten. Neid und Haß vereinigten sich in Garcia zum wilden Grimm. Er besaß fast nichts mehr, während es diesem verfluchten Don Sebastiano kaum schlechter ging als vor der Revolution.

      »Gut«, knirschte er bissig. Er kam auf den zitternden, an die Wand zurückweichenden Peon zu. »Du hast getan, was ich dir befohlen hatte, du Wurm. Gehörst du auch zu denen, die von Don Sebastiano ein eigenes Stück Land erhalten haben?«

      »Si«, würgte Gustavo ängstlich. »Wir haben alle…«

      »Ja, ich weiß«, zischte Garcia. »Dieser schlaue Schurke – er hat nur Freunde unter den Juaristas, eh! Und sein Sohn dient diesem dreckigen Indio auch noch als Kommandant eines Bataillons, eh? Felipe…«

      Felipe hielt das Gewehr schon bereit. Er holte blitzschnell aus, dann schmetterte er dem zitternden Mann den Gewehrkolben an den Kopf, und Gustavo brach blutend zusammen.

      »Bindet diesen Hohlkopf und werft ihn in das Heu!« bestimmte Garcia voller grausamer Freude. »Wenn wir es später anstecken, kann er dort braten!«

      Er sah sich um, trat an das kleine Seitentor der Scheune und starrte aus dem halbblinden Fenster über den Hof. Sein Blick fiel auf den von vier Säulen getragenen Baldachin über dem Eingang des Haupthauses. Rechts und links des Baldachins lief ein Balkon nach beiden Seiten fort. Die Fensterläden mit ihren schräg angebrachten Sprossen waren wegen der Sonne vorgelegt, nur eine Zimmertür zum Balkon stand offen. Auch die Haustür war geöffnet, und eine dicke, barfüßige Dienerin trug in einer Kanne Milch ins Haus.

      Vor Jahren war Garcia einmal hiergewesen. Es war ein kurzer Besuch gewesen, und Garcia erinnerte sich, daß es hinter dem Haus eine große Freiterrasse mit einem glasüberdachten Teil gegeben hatte, der zum Seitenflügel hin von einer Pergola eingefaßt war. Damals hatte sich Don Sebastiano an einem Tisch unter der Pergola aufgehalten und die Goldfische in einen Wasserbecken gefüttert. Die Wirtschaftsräume der Hazienda lagen vornheraus im unteren Geschoß. Ein breiter Gang durchzog das Haus bis zum Garten.

      »Felipe«, zischte Garcia. »Komm her!«

      Felipe erschien wie ein Schatten. »Don Felice?«

      »Nimm dir acht Mann. Du dringst von vorn in das Haus ein. Vergiß nicht das erste Zimmer links, in dem die Waffen liegen. Zwei Mann läßt du im Hauseingang zurück. Alles, was zum Haus laufen will, wird erschossen, verstanden?«

      »Si, Don Felice!« erwiderte der Mischling grinsend. »Wir haben die Waffen – und sie werden alle erschossen.«

      Die