Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker Staffel 1 – Kriminalroman


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handelte es sich um Seifenlauge, die den Straßenbelag sekundenschnell in eine Rutschbahn verwandelte.

      Der Mann am Steuer konnte sich abmühen, wie er wollte. Sein Wagen reagierte weder auf die Bremsen noch auf die Lenkung, sondern schlitterte eigenwillig geradeaus – mitten in die schwarze Wolke hinein.

      Als die Schwaden vor der Windschutzscheibe sich wieder teilten, ließ Myladys Verfolger das Lenkrad los und schlug entsetzt die Hände vor die Augen. Der Anblick einer ganzen Batterie von Mülltonnen, die in beängstigendem Tempo auf ihn zurasten, war dem Mann unerträglich.

      Mindestens ebenso unerträglich war das Scheppern, mit dem der Mustang die blecherne Barrikade auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig durchbrach. Meterweit flogen die Mülltonnen auseinander, verstreuten ihren unappetitlichen Inhalt und rollten klappernd über die Straße.

      Im selben Moment hatten die blockierten Reifen wieder griffigen Boden unter dem Profil und ließen ein gräßliches Quietschen hören. Die wenigen Meter Gehweg, die vor der Auslage eines großen Spirituosengeschäftes lagen, reichten als Bremsweg allerdings nicht mehr aus.

      Splitternd zerbarst die Schaufensterscheibe, als der Mustang unsanft mit seiner Nase dagegenstieß. Unter ohrenbetäubendem Lärm stürzte die aufwendige Dekoration in sich zusammen, als der Wagen das Schaufenster zum Parkplatz umfunktionierte.

      Ganze Batterien von Flaschen gingen rund um das Fahrzeug in Scherben. Champagner spritzte, Sektkorken flogen.

      Parker, der sein hochbeiniges Monstrum hundert Schritte weiter am Straßenrand abgestellt hatte, verfolgte die Szene aufmerksam im Rückspiegel. Sein Pokergesicht blieb glatt und ausdruckslos.

      Auch Mylady nahm ausnahmsweise die Mühe auf sich, durch das Rückfenster nach ihrem Verfolger zu sehen.

      »Seinen Denkzettel hat der Bursche«, stellte sie befriedigt fest. »Aber Sie hätten wirklich ein anderes Geschäft nehmen sollen, Mister Parker. Wenn ich an alle die guten Tropfen denke, die jetzt in die Gosse rinnen ...«

      *

      »Gleich, wer es ist, Mister Parker. Ich bin nicht zu sprechen. Ich muß dringend eine Stunde der Meditation widmen«, sagte Lady Simpson zu ihrem Butler. Hocherhobenen Hauptes entschwebte die ältere Dame auf der geschwungenen Treppe ins Obergeschoß.

      »Wie Mylady wünschen«, entgegnete Parker und lenkte seine Schritte zum beharrlich läutenden Telefon.

      McWarden war am Apparat. Seine Stimme klang ungehalten.

      »Muß Mylady mir denn immer nur Ärger einbrocken?« fragte er.

      »Möglicherweise darf man daran erinnern, daß Mylady Ihnen gelegentlich auch wertvolle Hilfe bei Ermittlungen leistete, Sir«, gab der Butler zu bedenken.

      »Weiß ich ja, Mister Parker«, räumte der Chief-Superintendent widerwillig ein. »Aber was Ihre Herrin sich bei der Firma ›Hitec‹ geleistet hat, wird mit Sicherheit ein Nachspiel haben.«

      »Darf man um Auskunft darüber bitten, wie diese Äußerung zu verstehen ist, Sir?« tat Parker ahnungslos.

      »Mylady hat dem Firmenchef vorgespiegelt, ich hätte ihr die Ermittlungen übertragen«, empörte sich McWarden. »Das ist Amtsanmaßung, Mister Parker.«

      »Bedauerlicherweise kann meine Wenigkeit sich nicht entsinnen, entsprechende Worte aus Myladys Mund vernommen zu haben, Sir«, erwiderte der Butler.

      »Das glaube ich Ihnen nicht, Mister Parker«, verharrte der hohe Yard-Beamte klipp und klar auf seinem Standpunkt. »Außerdem habe ich mit Ihnen auch noch ein Hühnchen zu rupfen.«

      »Darf man die Vermutung äußern, daß Sie Probleme mit gewissen Handschellen hatten, Sir?«

      »Natürlich«, knurrte McWarden. »Jedesmal, wenn Sie Ihre verdammten Dinger einsetzen, muß ein Spezialunternehmen diesen speziell gehärteten Stahl knacken.«

      »Das ist eine Anforderung, die man gemeinhin an die Qualität von Handschellen stellen sollte, Sir«, merkte Parker gelassen an.

      »Schwamm drüber«, lenkte der Chief-Superintendent ein. »Als ich die am Panzerschrank angeketteten Ganoven sah, war mir natürlich sofort klar, daß kein anderer als Sie dahinterstecken. Das ist eindeutig Ihre Handschrift, Mister Parker.«

      »Meiner Wenigkeit liegt es fern, Ihrer Feststellung zu widersprechen, Sir«, pflichtete der Butler ihm bei.

      »Natürlich bin ich Ihnen dankbar, daß Sie das Trio dingfest gemacht haben, Mister Parker«, fuhr McWarden fort und mühte sich hörbar, seiner Stimme einen versöhnlichen Klang zu geben. »Leider konnten Sie aber auch nicht verhindern, daß der Prototyp später in der Nacht doch noch gestohlen wurde.«

      »Diesen Umstand bedauert meine Wenigkeit außerordentlich, Sir«, versicherte Parker. »Darf man fragen, ob die Vernehmung der drei erfolglosen Einbrecher irgendwelche interessanten Erkenntnisse gebracht hat?«

      »Nicht die Spur, Mister Parker«, gestand der Chief-Superintendent. »Die Kerle behaupten, sie hätten Geld in dem Tresor vermutet.«

      »Eine Einlassung, die nicht sehr wahrscheinlich klingt, aber im Moment nur schwer zu widerlegen sein dürfte, Sir«, stellte der Butler fest.

      »Das ist auch meine Einschätzung«, bestätigte McWarden. »Wir werden den Burschen schon auf die Schliche kommen. Was mir aber im Moment das größte Kopfzerbrechen bereitet, ist die Rolle des Nachtpförtners.«

      »Darf man fragen, worauf Sie mit dieser Äußerung anzuspielen geruhen, Sir?«

      »Warum ging der Kerl noch mal in den Keller zu den drei Ganoven, die Sie dort festgesetzt hatten?« wunderte sich der Yard-Beamte. »Und warum hat er nicht die Polizei eingeschaltet?«

      »Sie können versichert sein, Sir, daß meine Wenigkeit Mister Chickham ausdrücklich bat, die Polizei anzurufen«, warf Parker ein;

      »Ich weiß«, bestätigte McWarden. »Er behauptet ja auch, angerufen zu haben. Nur ist der Anruf nirgends angekommen.«

      »Jedenfalls nicht bei der Polizei, falls die Anmerkung erlaubt ist, Sir.«

      »Genau, Mister Parker. Dieser Chickham ist mir nicht geheuer. Ich glaube ihm kein Wort.«

      Eine kurze Pause entstand. Parker spürte deutlich, wie der Chief-Superintendent mit sich ringen mußte, ehe er seine letzte Frage anbrachte.

      »Unter uns, Mister Parker«, schlug er einen ungewohnt vertraulichen Ton an, »sind Sie denn mit Ihren Ermittlungen schon weitergekommen?«

      »Mylady ist absolut zuversichtlich, in kurzer Zeit die Straftäter festnehmen und das Diebesgut zurückerstatten zu können, Sir«, wich der Butler aus.

      »Das heißt überhaupt nichts«, gab McWarden zurück. »Zuversichtlich ist Mylady immer. Aber ich kann Sie ja leider nicht zwingen, Ihre Karten auf den Tisch zu legen, Mister Parker.«

      »Dieser Feststellung kann meine Wenigkeit nur vorbehaltlos zustimmen, Sir«, ließ Parker sich vernehmen und wollte das Gespräch beenden, doch der Chief-Superintendent hatte noch etwas auf dem Herzen.

      »Wenn Sie schon in dieser Sache mitmischen, was ich nicht verhindern kann«, mahnte er, »bedenken Sie bitte, daß es sich um eine streng vertrauliche und äußerst delikate Angelegenheit handelt, die höchste Regierungsstellen beschäftigt. Deshalb wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie jedes unnötige Aufsehen vermeiden würden, Mister Parker.«

      »Selbstverständlich ist man ständig bemüht, unnötiges Aufsehen zu vermeiden, Sir«, versicherte Parker treuherzig.

      »Manchmal bin ich da nicht so sicher, Mister Parker«, bekannte McWarden lachend. »Vermutlich unterscheiden sich aber auch unsere Auffassungen darüber, was nötig und unnötig ist.«

      »Diese Annahme dürfte einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit besitzen, Sir«, bestätigte der Butler, bevor er sich von McWarden verabschiedete und den Hörer auflegte.

      *

      Josuah Parker wollte gerade in die