Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker Staffel 1 – Kriminalroman


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entlockt hat«, vermutete seine Herrin.

      »Falls Mylady gestatten, würde auch meine Wenigkeit sich dieser Annahme anschließen«, pflichtete Parker ihr bei.

      »Natürlich muß ich wissen, wen sie anruft«, fuhr die Detektivin fort.

      »Darf man fragen, wie Mylady sich die gewünschte Information zu beschaffen gedenken?« ließ der Butler sich vernehmen. Da alle Sprechkabinen besetzt waren, hatte Jennifer Burley bisher warten müssen. Doch jetzt schien eine Zelle frei zu werden.

      »Sie wissen doch, daß ich mich mit derartigen Details nicht belasten kann, Mister Parker«, gab die ältere Dame mürrisch zurück.

      »Myladys Wünsche sind meiner bescheidenen Wenigkeit selbstverständlich Befehl«, versicherte Parker und verließ rasch den Wagen. Die Zelle, vor der Jennifer Burley gewartet hatte, war frei geworden.

      Kaum hatte die junge Frau ihm den Rücken zugewandt und den Hörer abgenommen, stand der Butler auch schon vor der gläsernen Tür. Konzentriert folgte er Jennifers Zeigefinger beim Weg über die Wählscheibe.

      Parker prägte sich die Ziffernfolge ein, während er eine Art Stethoskop aus der Tasche zog, wie Ärzte es zum Abhorchen ihrer Patienten verwenden. Sanft drückte er die Gümmimuschel mit dem hochempfindlichen Mikrofon gegen die Scheibe.

      »Hallo Ed? Hier Jenny«, tönte es deutlich aus den Ohrhörern. »Ich konnte dich nicht früher anrufen, weil es den ganzen Tag im Betrieb von Polizisten und Detektiven nur so wimmelte. Ich mußte extra noch zu Longdale fahren, um ihm die Information aus der Nase zu ziehen.«

      »Wo denkst du hin, Ed?« protestierte die junge Frau nach einer kurzen Pause in scherzhafter Entrüstung. »Bist du etwa eifersüchtig?«

      Wieder entstand eine Pause, in der offenbar ihr „Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung redete.

      »Er will mir zwar ständig an die Wäsche«, fuhr Jenny fort. »Aber da ist der Bursche bei mir an der falschen Adresse. Ich lasse ihn einfach zappeln. Da wird er noch am ehesten gesprächig.«

      Unvermittelt brach die junge Frau in Kichern aus. »Sei nicht albern, Ed«, mahnte sie und wurde sofort wieder ernst. »Also zur Sache: Der Prototyp liegt in einem Panzerschrank im Keller unter der Halle, in der die Hochspannungs-Versuchsanlage steht.«

      »Ja, du hast richtig gehört«, antwortete sie auf eine Rückfrage ihres Gesprächspartners. »In einem Panzerschrank. Ist das ein Problem?«

      »Um so besser«, nickte sie nach kurzer Unterbrechung. »Dann sehen wir uns also morgen, Ed.«

      Als Jennifer Burley den Hörer einhängte und aus der Telefonzelle trat, hatte Parker sein Stethoskop längst in die Tasche gleiten lassen. Er stand vor dem Schaufenster eines benachbarten Buchladens und drehte der jungen Frau den Rücken zu.

      In der spiegelnden Scheibe konnte er verfolgen, wie die Agentin eines Unbekannten namens Ed, in ihren Wagen stieg und davonfuhr.

      *

      »Zusätzliche Erkenntnisse dürften auch durch eine weitere Beschattung der jungen Dame nicht zu gewinnen sein, Mylady«, meinte der Butler, nachdem er Agatha Simpson über Jennifer Burleys Telefonat ins Bild gesetzt hatte.

      »Damit geben Sie exakt meine Einschätzung der Situation wieder, Mister Parker«, bestätigte die Lady. »Ich werde deshalb nach Hause zurückkehren, um dort noch einige wichtige Dinge zu erledigen.«

      »Darf man um Aufklärung bitten, welche wichtigen Dinge Mylady zu meinen belieben?«

      »Vor allem sind dringend noch ein paar Studien für meinen Roman fällig, Mister Parker«, gab die ältere Dame Auskunft. »Lange kann ich die Verleger, die sich um das Manuskript reißen, nicht mehr hinhalten.«

      Daß Agatha Simpson seit Jahren an einem Roman arbeitete, der natürlich ein Krimi werden sollte, war dem Butler durchaus geläufig. Aber daß es schon Verleger gab, die dem Manuskript nachjagten, war ihm neu. Mylady sah ihren literarischen Erstling zwar schon an den Spitzen der internationalen Bestsellerlisten; über die ersten Seiten war sie aber trotz unzähliger Anläufe noch nicht hinausgekommen.

      »Demnach planen Mylady, die Ermittlungen im Fall ›Hitec‹ bis morgen auszusetzen?« vergewisserte sich Parker.

      »Warum nicht?« wunderte sich die Detektivin. »Mein taktisches Konzept sieht für den heutigen Abend keine Einsätze mehr vor, Mister Parker.«

      »Mylady könnten den ehrenwerten Mister Pickett telefonisch um eine Gefälligkeit bitten, falls der Vorschlag genehm ist«, entgegnete der Butler. »Mit seiner Hilfe dürfte es am schnellsten möglich sein, die Identität des Unbekannten mit dem Vornamen Ed und der Telefonnummer 7 32 17 65 zu lüften.«

      »Diesen Auftrag wollte ich Ihnen gerade erteilen, Mister Parker«, schwindelte Agatha Simpson. »Bei der Last meiner Verantwortung verlasse ich mich darauf, daß Sie mir Detailarbeiten abnehmen.«

      »Selbstverständlich wird meine Wenigkeit unverzüglich das Notwendige veranlassen, Mylady«, versicherte Parker. »Darüber hinaus wäre aber auch an einen nächtlichen Ausflug zu denken, falls der Hinweis erlaubt ist.«

      »Was für ein nächtlicher Ausflug, Mister Parker?«

      »Zur Firma ›Hitec‹, Mylady.«

      »Aber da war ich doch gerade, Mister Parker.«

      »Sofern man Miß Burleys Äußerungen am Telefon richtig deutet, dürfte heute nacht mit dem Versuch zu rechnen sein, den Prototyp des Lasergerätes aus dem Panzerschrank der Firma ›Hitec‹ zu entwenden, Mylady«, gab der Butler zu bedenken.

      »Unsinn, Mister Parker«, wischte die Detektivin den Einwand beiseite. »Mister Penstick hat mir ausdrücklich versichert, daß der Panzerschrank einbruchsicher ist. Außerdem sagt mir mein untrüglicher Instinkt, daß die Ganoven abwarten, bis sich die Lage wieder beruhigt hat. Heute nacht wird nichts passieren.«

      Inzwischen hatte man die stille Wohnstraße erreicht, an der Myladys Domizil lag: ein zweistöckiges Fachwerkgebäude von repräsentativem Zuschnitt, das auf den Grundmauern einer alten Abtei errichtet war. Das Areal, das sich die reiche Dame im Stadtviertel Shepherd’s Market zusammengekauft hatte, bildete eine Oase der Ruhe mitten im hektischen Getriebe der Millionenstadt.

      Agatha Simpson begab sich unverzüglich in ihre privaten Gemächer im Obergeschoß und ließ sich von ihrem Butler mit den nötigen Stärkungsmitteln in flüssiger Form versorgen. Als Parker wenig später von unten den Fernseher hörte, wurde ihm klar, was seine Herrin mit »Studien« gemeint hatte. Laut Programmzeitschrift mußte es ein Krimi sein, der gerade über die Mattscheibe flimmerte.

      Horace Pickett, den der Butler telefonisch in den Stand der Ermittlungen einweihte, war ein Mann von etwa sechzig Jahren. Seine gepflegte Erscheinung erinnerte an einen pensionierten Offizier. In Wahrheit hatte Pickett einst als »König der Londoner Taschendiebe« seine flinken Finger nach den prallen Brieftaschen wohlbetuchter Mitbürger ausgestreckt.

      Seit Parker ihm in unverschuldeter Notlage das Leben gerettet hatte, stand Pickett auf der richtigen Seite des Gesetzes. Er verfügte aber nach wie vor über intime Kenntnisse der Londoner Unterwelt, die sich schon oft als hilfreich erwiesen hatten.

      »Gleich morgen früh werde ich einen guten Freund anrufen, der bei der Post arbeitet, Mister Parker«, versprach Pickett. »Er kann mit Sicherheit herausfinden, wem die Nummer 7 32 17 65 gehört. Das ist besser, als wenn Sie bei diesem Mister Ed anrufen. Er würde sich ohnehin nicht mit Namen und Anschrift melden.«

      »Ihre freundliche Hilfsbereitschaft verdient aufrichtigen Dank, Mister Pickett«, versicherte Parker, ehe er das Gespräch beendete.

      Die Fernsehtöne aus dem Obergeschoß wurden inzwischen von röhrenden Schnarchgeräuschen überlagert. Rasch steckte Parker noch einige Kleinigkeiten ein und verließ das Haus. Mylady würde ihn so schnell nicht vermissen.

      *

      Bürotrakt und Werkhallen der Firma »Hitec« lagen in tiefer Dunkelheit, als Parker sein hochbeiniges Monstrum