Friederike von Buchner

Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman


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kennst sie, je mehr Druck man ihr macht, desto mehr mauert sie, Lothar! Ich hoffte, sie kommt im Laufe der Woche zur Vernunft und ruft Alban an oder fährt zu ihm nach Waldkogel. Ich habe das Thema bei ihr nicht mehr angesprochen. Aber sie läuft mit einer richtigen Leichenbittermine durch das Haus.«

      »Mitleid kann ich mit ihr nicht haben, Elvira. Sie sagt, sie liebt Alban. Sie muss wissen, wie viel ihm die Heimat bedeutet. Seine Eltern sind neben der Kirche beerdigt. Alban möchte in der Nähe ihrer Gräber seine Braut zum Altar führen. Ich halte das für eine sehr liebevolle und rührende Geste.«

      »Ja, das ist es! Alban ist als Waise aufgewachsen, und Heimat bedeutet ihm alles. Er ist ein guter Mensch. Einen besseren Schwiegersohn hätten wir uns nicht wünschen können, Lothar.«

      »Ja, das stimmt, Elvira. Aber noch ist er nicht unser Schwiegersohn. Alban ist mir richtig ans Herz gewachsen, ich habe das Gefühl, dass wir mit ihm wirklich einen Sohn gewinnen, wenn denn …« Er brach den Satz ab und seufzte. »Aber ich sehe unsere Chancen sinken, dass Alban jemals zu unserer Familie gehören wird. Er hat sich offenbar auch nicht bei Alina gemeldet. Doch irgendwie kann ich es verstehen. Ein Mann wünscht sich, dass seine Familie seine Braut akzeptiert und sie sich gut einfügt, zumindest, dass sie sich darum bemüht. Außer seiner Tante und seinem Onkel hat Alban niemanden. Er hängt vielleicht deshalb besonders an Waldkogel und wünscht sich, dort zum Altar zu gehen. Ich kann ihn verstehen. Ich habe erwartet, dass Alina mehr auf ihn eingeht, da er ihr sonst jeden Wunsch von den Augen abliest. Ihr Verhalten muss ihn sehr getroffen haben.«

      »Das hat es bestimmt. Vielleicht meldet er sich nicht, weil er Alina Zeit zum Nachdenken geben will.«

      »Elvira! Alina hatte jetzt wirklich genug Zeit zum Nachdenken!«

      »Ja, das hatte sie, Lothar. Ich habe viel über Alina nachgedacht. Sie ist zwar nicht mehr so jung, sie ist dreißig. Trotzdem ist sie für eine dauerhafte Verbindung – das Wort ›Ehe‹ scheue ich fast in diesem Zusammenhang in den Mund zu nehmen, vielleicht ist sie noch unreif für eine dauerhafte Beziehung. Eine gute Ehe beruht auf Geben und Nehmen. Sie scheint das nicht begriffen zu haben. Meine Überlegungen gehen so weit, dass ich mich schon bei dem Gedanken ertappe, dass es besser wäre, die beiden würden noch warten. Wir leben in modernen Zeiten. Vielleicht sollten sie einfach erst einmal zusammenziehen und eine Art Probeehe leben. Mir kommen Zweifel, dass sie – und dabei denke ich mehr an Alina, – dass sie den Alltag meistern.«

      Die Eltern schauten sich an und seufzten.

      »Elvira, ich dachte, wir waren Alina ein gutes Vorbild?«

      »Sicher waren wir das! Doch sie ist erwachsen und muss jetzt selbst ihr Leben gestalten. Wir haben ihr viele Ärgernisse und Hindernisse aus dem Weg geräumt. Das war vielleicht nicht so gut. Unbewusst meint sie vielleicht, alle Menschen müssten ihr alles auf dem Silbertablett servieren, ganz nach den Wünschen der Prinzessin.«

      »Stimmt! Sie ist auch über uns ärgerlich, dass wir nicht eindeutig Position für sie bezogen haben. Das hatte sie erwartet.«

      »Sicher hatte sie das! Doch wir sagten ihr, sie müsse sich mit Alban einigen.«

      »Sie hat es in ihrem Sinn ausgelegt! Ich weiß.«

      Elvira schenkte Limonade ein. Es war ein heißer Tag. Sie tranken.

      »Dann sollten wir ihr sagen, dass wir auf Albans Seite sind und sie nicht auf uns zählen kann. Vielleicht bringt sie das zum Nachdenken.«

      Elvira lächelte ihren Mann an.

      »Wie heißt es? Dein Wunsch in Gottes Gehörgang!«

      Alina kam in den Garten. Sie setzte sich zu den Eltern.

      »Du hast telefoniert? Mit wem hast du geredet?«, fragte sie ihre Mutter.

      »Eine Freundin hat angerufen. Sie hat mich eingeladen. Ihr Bruder gibt ein Fest.«

      »Ach, so! Wir hatten die Hoffnung, dass du mit Alban telefoniert hast«, bemerkte ihr Vater.

      »Nein, das habe ich nicht!«

      »Das solltest du aber! Wenn ich an seiner Stelle wäre, würden deine Chancen bei mir sinken.«

      »Seine Chancen sinken auch!« Alina schrie es fast heraus.

      »So? Und wie sollen wir das verstehen?«, fragte ihr Vater.

      »Traditionell ist es doch so, dass die Eltern der Braut die Hochzeit ausrichten. So war es jedenfalls früher einmal. Also wurde am Wohnort der Braut gefeiert. Er hält doch so viel auf Tradition, dann soll er sich unterordnen!«

      »Du verdrehst die Tatsachen, Alina!«

      »Ich? Ich soll Tatsachen verdrehen? Wie kannst du nur so etwas sagen, Vater!«

      »Ja, du siehst die Dinge nur in einem dir angenehmen Licht. Auch wenn es früher so war, dass die Eltern der Braut die Hochzeit ausrichteten, so war damit nicht automatisch festgelegt, dass die Hochzeit am Wohnort der Braut stattfand.«

      »Dein Vater hat Recht! Außerdem findet die Hochzeit doch hier statt. Nach dem Gesetz ist die standesamtliche Trauung die maßgebende Zeremonie. Sie findet hier statt und danach feiern wir. Was ist dabei, wenn du eine Woche darauf mit Alban in Waldkogel in die Kirche gehst?«

      Alinas Augen verengten sich. Sie schaute zwischen ihren Eltern hin und her. »Jetzt wird mir einiges klar! Ihr seid auf Albans Seite!«

      »Ja, das sind wir! Das hast du klar erkannt.«

      »Wie könnt ihr mir so in den Rücken fallen? Dann habt ihr ihm noch Mut gemacht, wie?«, schrie Alina.

      »Nein, das haben wir nicht, du ziehst einen falschen Schluss. Ich sage dir etwas, Alina. Ich und deine Mutter haben lange über dich gesprochen, fast jeden Abend in diesen vergangenen Tagen. Du benimmst dich kindisch. Wir schämen uns für dich. Alban ist so ein wunderbarer Mann und Mensch! Du solltest dich glücklich schätzen.«

      Lothar Fischer schaute seiner Tochter in die Augen. »Alina, deine Mutter und ich wollen dich warnen. Du spielst mit dem Feuer. Wenn du ihn behalten willst, dann solltest du handeln und zwar schnell!«

      »Vater, damit meinst du doch, ich soll zu Kreuze kriechen. Nein, das werde ich nicht tun! Niemals! Ich weiß, dass Alban sehr religiös ist. Aber Kirche ist Kirche und damit Schluss.«

      Alinas Eltern schauten sich an.

      »Gut, Alina! Das ist dein Standpunkt. Den hast du ganz alleine zu verantworten. Wir haben mit dir geredet. Es ist dein Verlobter, deine Hochzeit, dein Leben. Wir möchten nichts mehr davon hören. Wenn er dir den Laufpass gibt, dann komme nicht zu uns und jammere wie ein Kleinkind. In meinen und in den Augen deiner Mutter bist du für eine Ehe zu unreif. Unser letzter Rat an dich ist, vielleicht solltet ihr mit der Hochzeit noch warten.«

      Alina wurde blass. An die Möglichkeit, dass Alban sich von ihr abwenden könnte, hatte sie bisher nicht gedacht. Sie fühlte sich seiner ganz sicher. Sie dachte kurz nach.

      »Ach, auf diese Angstspielchen falle ich nicht herein. Ich bekomme ihn schon dorthin, wo ich ihn haben will. Das war immer so, und so wird es auch in diesem Fall sein. Alban ist eben unter der Oberfläche ein sturer Bauer, das gewöhne ich ihm schon ab. Er muss sich dringend gefühlsmäßig von Waldkogel lösen. Er muss neue Bindungen eingehen, mit meiner Heimat. Wir werden hier leben und nicht in diesem Bergdorf Waldkogel. Außerdem halte ich sein ganzes Getue für ziemlich überzogen. Er redet immer von Heimat. Warum ist er dann nicht dort geblieben und ist Landwirt geworden?«

      Elviras Mutter unternahm einen letzten Versuch. »Fahre zu ihm! Überrasche ihn! Höre dir alles in Ruhe an, schaue dir die Kirche an. Lass dir alles von ihm erklären, wie er es sich gedacht hat. Aber gehe nicht gleich auf Opposition. Bleibe ruhig. Dann denkst du noch einmal in Ruhe darüber nach und ihr redet. Lege ihm – falls du immer noch dagegen bist – ganz ruhig deine Einwände dar. Wir können auch alle deine Freunde eine Woche später zur Feier nach Waldkogel einladen. In Waldkogel gibt es ein großes Hotel, ›Zum Ochsen‹ heißt es. Ich habe mich im Internet informiert. Alina, du bist unser einziges Kind. Wir reisen mit allen Gästen an. Wir mieten einen ganzen