Dayton Ward

Star Trek - The Next Generation: Vorhandenes Licht


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fuhr Akaar fort. »Also haben Sie und ein paar andere Offiziere beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.«

      »Widerstrebend, aber … Ja.« Obwohl Picard sich sichtlich unwohl fühlte, senkte er keinen Moment lang den Blick. Das hatte Akaar auch nicht erwartet. Allerdings veränderte sich Picards Tonfall: Er wurde förmlicher, zurückhaltender. »Damals schien es so, als sei es das Beste für die Föderation, Präsident Zife zum Rücktritt zu zwingen und ihm zu gestatten, sein Leben im Exil zu beschließen.«

      »Sie haben einen Staatsstreich inszeniert, Picard!«, fuhr Akaar ihn an. »Sie haben ihn mit vorgehaltenem Phaser aus dem Amt gedrängt.« Beinahe gegen seinen Willen brachen die Worte aus ihm hervor; seit die nicht enden wollende Flut furchtbarer Nachrichten ihm über den Kopf gestiegen war, kämpfte er mit seinen Gefühlen. »Ihre Ziele mögen zu rechtfertigen gewesen sein, aber Ihre Mittel? Ihre Mittel waren elend. Und trotz Ihrer Bemühungen ist die ganze Geschichte ans Licht gekommen. Alles ist öffentlich geworden, Picard, verstehen Sie mich? Einschließlich aller Namen. Wenn Sie das nächste Mal Gelegenheit haben, auf den Nachrichtendienst der Föderation zuzugreifen, können Sie nachlesen, wie Sektion 31 Sie zum Narren gehalten hat. Zife ist nicht im Exil, Captain, er ist tot. Er wurde ermordet, sobald er seine Abschiedsrede gehalten hatte.«

      Picards Gesicht spiegelte Schock und Unglauben. »Wie bitte?«

      Also berichtete Akaar ihm von dem Erdbeben, das Granivs Reportage ausgelöst hatte, von der ungeheuren Menge an Informationen aus den Berichten von Sektion 31, die sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte. Erst nach und nach begriff man in der Föderationsregierung und im Sternenflottenkommando, welche Konsequenzen Granivs Enthüllungen haben würden. Akaars unmittelbare Sorge galt dem erschreckend großen Personenkreis, auf den Sektion 31 direkt Einfluss genommen hatte: Individuen, die rekrutiert, korrumpiert oder sogar ermordet worden waren, damit die Geheimorganisation weiterhin ihr einziges Ziel verfolgen konnte, nämlich die Föderation um jeden Preis vor internen sowie externen Bedrohungen zu beschützen.

      »Mitglieder meines eigenen Stabs sind in die Sache verwickelt. Respektierte Offiziere wie Edward Jellico, William Ross, Alynna Nechayev, Owen Paris und Sie.« Akaar schüttelte den Kopf, als ihn erneut Frustration überkam. »Ausgerechnet Sie.«

      »Ich bin nicht stolz auf meine Rolle in dieser Angelegenheit, Admiral«, sagte Picard mit festerer Stimme, »und ich bin bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Aber nie hätte ich Min Zifes Ermordung vorgeschlagen, gebilligt oder tatenlos dabei zugesehen. Davon wusste ich nichts, und es war nicht Teil der Abmachung.«

      Wenigstens das entsprach der Wahrheit. Der Captain der Enterprise hatte weder geholfen, Zifes Hinrichtung zu planen, noch sie durchzuführen. Er war jedoch in die Intrige involviert gewesen, Zife aus dem Amt zu drängen. Unter normalen Umständen hätte das ausgereicht, um Picard vor Gericht zu bringen, ihn zu verurteilen und für eine lange Zeit ins Gefängnis zu schicken.

      Aber die Umstände sind alles andere als normal.

      »Jellico, Nechayev und die anderen sind ein größeres Problem«, sagte Akaar, »aber wenigstens Sie sind weit weg – aus den Augen, aus dem Sinn, hoffe ich. Vielleicht gelingt es mir, den Schaden zu begrenzen.«

      Picard schüttelte den Kopf. »Weitere Vertuschungsversuche sind nicht notwendig, Sir. Ich stelle mich der Gerichtsbarkeit und akzeptiere jede Strafe, die sie für angemessen hält.«

      Akaar glaubte, die Erleichterung des anderen Mannes zu spüren: Picard war froh, dass sein furchtbares Geheimnis aufgeflogen war. Nach so langer Zeit lastete die Entscheidung, eine kriminelle, wenn auch möglicherweise notwendige Tat zu unterstützen, noch schwer auf seiner Seele. Das sprach für ihn, dachte Akaar. Aber warum hatte Picard nicht von sich aus reinen Tisch gemacht? Es lag auf der Hand: Nicht zu Unrecht hatte er wahrscheinlich befürchtet, doch noch die Aufmerksamkeit der Klingonen (und vielleicht anderer Parteien) auf die Tezwa-Affäre zu lenken. Das hatten er und seine Mitverschwörer verhindern wollen.

      Aber es gab noch mehr zu bedenken: Die Folgen des tödlichen Attentats auf Präsidentin Nanietta Bacco im letzten Jahr beschäftigten die Föderation weiterhin – ebenso wie die besorgniserregenden Vorfälle um die Ernennung und ordnungsgemäße Wahl ihrer Nachfolgerin. Kellessar zh’Tarash, die derzeitige Präsidentin, war nun schon beinahe ein Jahr lang im Amt und tat ihr Möglichstes, um die Föderation aus dem Chaos verschiedener politischer und militärischer Skandale zu führen. Sie hatte weder Zeit für einen weiteren Eklat noch für den Umgang mit den Kollateralschäden. Leider war es unmöglich, sie aus der Sache herauszuhalten.

      Es würde leichter sein, die anderen – Jellico, Nechayev, Ross, Nakamura – der Justiz zu überantworten. Sie waren weiter gegangen als Picard: Sie hatten an der geheimen Operation teilgenommen, die auf Zifes erzwungene Amtsniederlegung gefolgt war. Das Augenmerk würde sich insbesondere auf Ross, Nechayev und Nakamura konzentrieren, da sie Zife, seinen Stabschef Koll Azernal und den Direktor seines Militärgeheimdienstes, Nelino Quafina, an Sektion 31 ausgeliefert hatten. Nechayev und Nakamura hatten sich offenbar mitschuldig an der Ermordung Zifes und seiner Berater gemacht. Was William Ross anging, sah die Angelegenheit noch schlimmer aus: Er tauchte namentlich in verschiedenen Berichten auf und schien mit Sektion 31 eng verbunden zu sein. Owen Paris, der während der Borg-Invasion ums Leben gekommen war, konnte nicht mehr belangt werden.

      Picard dagegen stellte ein Problem dar. Er war hoch angesehen in der interstellaren Gemeinschaft – mehr noch als die Admirals, mit denen er sich gegen Zife verschworen hatte. Seine Verstrickung in die Affäre (im Zusammenspiel damit, wie viele andere Offiziere Sektion 31 unterstützt hatten) würde vernichtend für das öffentliche Ansehen der Sternenflotte sein.

      Dazu kam die Tatsache, dass Picard und die Enterprise viele Lichtjahre von der Erde entfernt unterwegs waren, um den Odysseeischen Pass zu erforschen; selbst bei maximalem Warp würde das Schiff Wochen für die Rückreise brauchen. Die Mission hatte bereits Erfolge zu verbuchen: Die Enterprise hatte mehrere Sonnensysteme mit Planeten entdeckt, die reich an Bodenschätzen waren. Erste Auswertungen der vorgenommenen Messungen deuteten auf mögliche Koloniewelten hin. Das war eine wunderbare Gelegenheit für die Sternenflotte, ihren Einflussbereich in einen weitgehend unerforschten Teil des Universums auszudehnen. Die Enterprise durch ein anderes Forschungsschiff zu ersetzen, wäre zeit- und personalaufwendig.

      Zu guter Letzt war nicht vorhersehbar, welche Wirkung die schockierenden Enthüllungen auf die Öffentlichkeit haben würden. Besonders die Zwangsabsetzung Zifes würde ganz verschiedene Reaktionen auslösen, positive wie negative. Die Sache war die: Trotz der fragwürdigen Praktiken, derer sie sich bedient hatten, hatten Picard und seine Mitverschwörer der Föderation einen Gefallen getan, als sie den Präsidenten still und leise aus dem Amt gedrängt hatten. Und hätte er sein Leben im Exil beschlossen, hätte ihre Entscheidung vermutlich gerechtfertigt werden können – sowohl den Bürgern der Föderation als auch Verbündeten und sogar Gegnern gegenüber.

      Verglichen mit den anderen Geheimnissen, die gerade ans Licht kamen, war der Putsch gegen einen skrupellosen Vertreter der Regierung kaum der Rede wert. Die lange Liste der Verbrechen von Sektion 31 und die erschütternde Erkenntnis, dass die Schattenorganisation das Leben der Bürger der Föderation seit Anbeginn beeinflusst hatte, würden für Ablenkung sorgen: Akaar würde Picard aus der Schusslinie nehmen können, zumindest fürs Erste. Vielleicht fiel Picards Rolle in der Zife-Affäre ja sogar unter den Tisch, wenn andere, auffälligere Mitglieder der Putschistentruppe zur Verantwortung gezogen wurden.

      »Wir brauchen keinen weiteren öffentlichen Skandal«, sagte er und starrte Picard zornig an, »schon gar nicht einen, dessen Mittelpunkt ein strahlender Held der Sternenflotte ist. Sie, falls Sie nicht wissen, wen ich damit meine. Öffentlich können wir Sie nicht belangen, aber inoffiziell sage ich Ihnen dies: Sie können Ihre Ambitionen vergessen, jemals Admiral zu werden. Sie haben mal zu mir gesagt, Sie wollten keine Beförderung, sondern Captain der Enterprise bleiben. Herzlichen Glückwunsch, das haben Sie erreicht! Sie werden nie einen höheren Rang bekleiden.«

      Akaar hatte eine schwere Zeit vor sich, darüber war er sich im Klaren. Doch vermutlich würde es mehr Schaden anrichten, Picard des Kommandos über