Dayton Ward

Star Trek - The Next Generation: Vorhandenes Licht


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Logik und Vernunft, was das Richtige ist, hören aber auch auf unsere Gefühle. Und ja, wir haben außerdem eine Art moralischen Kompass …« Chen klopfte leicht gegen ihr Brustbein. »Hier kommen unsere Entscheidungen her, Dina. Daran muss ich glauben können, denn sonst … Was täten wir sonst hier draußen?«

      Elfiki nickte. »Ja. Und dazu kommt … Ich kann mir sogar vorstellen, dass diejenigen, die Uräus geschaffen haben – oder das, was später Uräus werden sollte –, das in bester Absicht getan haben. Wir wissen ja, was mit Technologien alles schiefgehen kann … Die KI ist gewachsen, hat selbstständig gelernt, und irgendwann konnten ihre Schöpfer nicht mehr mithalten und waren ihr unterlegen.«

      »Und jetzt ist sie zerstört«, sagte Chen. »Aber was bedeutet das für uns? Es ist erst drei Wochen her, dass Graniv an die Öffentlichkeit gegangen ist. Es dauert bestimmt noch Monate, vielleicht sogar Jahre, bis wir wirklich Klarheit darüber haben, was Uräus bewirkt hat. Wo stehen wir dann?«

      Elfiki spielte mit ihrem leeren Glas und drehte es zwischen den Händen. »Da, wo wir immer gestanden haben, schätze ich. Uräus hat ja keinen von uns gezwungen, der Sternenflotte beizutreten, Trys. Jetzt ist es an uns zu beweisen, dass wir selbst über unser Leben bestimmen, nicht irgendein Computer.«

      Bevor Chen antworten konnte, pfiff das Interkom. Im nächsten Moment erklang die Stimme des Ersten Offiziers der Enterprise, Commander Worf.

       »Führungsoffiziere auf ihre Stationen! Captain Picard, bitte melden Sie sich auf der Brücke.«

      »Sie spielen mein Lied«, sagte Elfiki und gab ihrem Glas einen Schubs. Dann stand sie auf. »Danke, dass du mir zugehört hast, Trys.«

      Chen lächelte. »Danke dir!« Sie machte eine Geste zur Decke hinauf. »Wenn du oben bist, lass mich wissen, ob was Spannendes los ist. Du weißt schon, irgendwas, wofür man die Hilfe der freundlichen Kontaktspezialistin von nebenan brauchen könnte …«

      »Versprochen«, erwiderte Elfiki. Auf dem Weg zum Ausgang drehte sie sich noch einmal um und grinste Chen ironisch zu. »Aber komm schon. Wann passiert auf diesem Schiff schon mal was Spannendes?«

      KAPITEL 5

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      Die Enterprise glitt auf das stille, dunkle Schiff zu. Solche Augenblicke waren es, die Jean-Luc Picard daran erinnerten, warum er Beförderungen immer ausgeschlagen und es tunlichst vermieden hatte, sich in den Ruhestand zu verabschieden. Der Gedanke, der erste Mensch zu sein, der eine bisher unbekannte Welt, ein vernunftbegabtes Lebewesen oder ein Relikt wie dieses erblickte, erfüllte ihn mit Vorfreude. Deshalb war er zur Sternenflotte gegangen: um in die Fußstapfen der großen Entdecker zu treten, die er bewunderte – Shackleton, Baré, Archer und Georgiou, um nur ein paar zu nennen –, und wie sie einen bleibenden Beitrag zur Geschichte zu leisten. Auch heute noch, nach Jahrzehnten, fühlte er die gleiche gespannte Erwartung. Sein Herz schlug rascher, und alle seine Sinne waren mit einem Mal hellwach. Sogar sein Atem schien sich ein wenig zu beschleunigen.

      Selbstverständlich ließ er sich nichts anmerken: Immerhin musste die Disziplin aufrechterhalten werden.

      »Wenn wir unsere derzeitige Geschwindigkeit beibehalten, erreichen wir das Schiff in drei Minuten«, meldete Lieutenant Joanna Faur, die leitende Pilotin der Enterprise. Sie wandte sich in ihrem Sessel zu Picard um. »Es hat seinen Kurs nicht geändert, Sir.«

      »Danke, Lieutenant. Behalten Sie Abfangkurs und Geschwindigkeit bei.« Picard betrachtete das Bild auf dem Hauptschirm. Obwohl der Computer es mithilfe der Daten erstellte, die die Sensorphalanx der Enterprise sammelte, schien sich das andere Schiff in Schatten zu hüllen. Es war so gewaltig, dass es trotz niedrigerer Vergrößerungsstufe beinahe den gesamten Schirm ausfüllte. Seine Form war nicht leicht zu beschreiben: Die Achtersektion war abgerundet, darin eingelassen war eine Kugel. Drei Spitzen wuchsen nach vorn, je eine links und rechts der Kugel und die dritte darunter – dadurch erinnerte das Schiff ein wenig an eine Klaue. Überhaupt glich es eher einem Lebewesen als etwas künstlich Geschaffenem. Picard dachte unwillkürlich an Raumstationen, die nach cardassianischem Design erbaut worden waren: an die monumentalen gebogenen Streben, die als Andockrampen für Schiffe dienen konnten, die zu groß waren, um in einen der Häfen im Inneren der Station einzufliegen.

      Neben den klauenartigen Auswüchsen des Schiffes wirkte die Enterprise winzig. Die dunkle Außenhülle schien größtenteils glatt zu sein, aber Picard konnte über die verschiedenen Schiffsteile verstreut Höcker erkennen.

      »Warum ist das Bild so schlecht?«

      »Das Material, aus dem die Hülle besteht, stört unsere Messungen, Sir«, berichtete Dina Elfiki von ihrem Platz an einer der Wissenschaftsstationen. »Die Sensoren werden nicht direkt blockiert, es ist eher so, als würden unsere Scans … ›absorbiert‹, in Ermangelung eines besseren Wortes. Aber je näher wir kommen, desto klarer werden die Messwerte. Wir sollten gleich eine vollständige Darstellung sehen.« Nach einem Augenblick fügte sie hinzu: »Allerdings gibt es auf kurze Entfernung mehr Probleme mit den Langstreckensensoren, Sir. Als sei das Ding von einem Streuungsfeld umgeben.«

      Lieutenant Aneta Šmrhová bemannte die taktische Station. »Das stimmt, Sir«, sagte sie. »Die Langstreckensensoren sind betroffen. Wenn wir uns weiter auf das Schiff zubewegen, könnten sie ganz ausfallen.«

      »Behalten Sie das im Auge«, sagte Picard. Seine Aufmerksamkeit war gebannt auf den Schirm gerichtet. »Wie groß ist es genau?«

      »Der Hauptkörper misst an der breitesten Stelle über sechstausend Meter«, antwortete Elfiki. »Die Durchmesser der drei Fortsätze variieren zwischen einhundert und dreihundert Metern.«

      Kurz gesagt: Das Schiff war gigantisch. Es hätte das riesige Raumdock in der Erdumlaufbahn, ja, sogar die Poklori gil dara, das gewaltige Waffenschiff der Raqilan, im Vergleich klein erscheinen lassen.

      »Was sind das für Gebilde an der Außenhülle?«, fragte Commander Worf, der zu Picards Rechter saß. »Teile eines Waffensystems? Haben unsere Sensoren eine Bedrohung erkannt?«

      »Bis jetzt noch nicht, Commander«, sagte Glinn Ravel Dygan. Der junge Einsatzoffizier war Teil eines Austauschprogramms der Sternenflotte mit der Cardassianischen Union.

      »Und immer noch keine Lebenszeichen?«, fragte Picard. Als das Schiff entdeckt worden war und Elfiki ihren ersten Bericht abgegeben hatte, hatte es diesbezüglich noch keine Ergebnisse gegeben.

      »Nein, Sir«, erwiderte der Cardassianer. »Die Sensoren werden noch immer gestört, aber die Scans, die wir durchführen konnten, zeigen weder Lebenszeichen noch Aktivitäten, die auf die Gegenwart von Lebewesen hindeuten.«

      »Captain«, sagte die Sicherheitschefin, »soll ich Gelben Alarm geben? Bis wir sicher sein können, dass von dem Schiff keine Gefahr ausgeht …« Šmrhová war anzusehen, dass ihr die Auswirkungen des gewaltigen Schiffs auf die Sensoren der Enterprise gar nicht gefielen.

      »Tun Sie das, Lieutenant, aber aktivieren Sie nur die Schilde. Es gibt keinen Anlass, aggressiv aufzutreten.«

      Picard war bewusst, dass Šmrhová – und Worf erst recht – es vorgezogen hätten, die Waffensysteme der Enterprise einsatzbereit zu machen, doch ohne triftigen Grund war er nicht bereit dazu. Zu leicht konnte das als Provokation aufgefasst werden. Das riesige Schiff war schon vor Stunden von den Sensoren erfasst worden, und bisher hatte es keine Anzeichen dafür gegeben, dass es eine Bedrohung für die Enterprise oder ihre Besatzung darstellen könnte. Sämtliche Kommunikationsversuche waren gescheitert, Glinn Dygan konnte nicht einmal bestätigen, dass die Funksprüche empfangen worden waren. Das Schiff schien nicht viel mehr zu sein als ein verlassenes Wrack, das durchs All trieb.

      »Was ist das Ergebnis der Energiemessungen?«, fragte Picard.

      »Den Scans zufolge gibt es geringfügige Schwankungen, Sir«, berichtete Elfiki. »Es lässt sich nicht feststellen, was da drüben Energie erzeugt, der Output ist sehr