ich schon früh Gefallen an gewissen Bildern im Haus fand, ergriff sie die Gelegenheit, mit jemand anderem ihren Enthusiasmus zu teilen. Sie begann, mit mir über die Bilder zu reden und mich zu ermutigen, über die Künstler zu lesen, und ich begriff sehr schnell, welche Freude sie an ihnen hatte, und entdeckte meine eigenen Favoriten unter ihnen. Besonders gefielen mir einige der großen Seestücke und auch die Aquarelle der East-Anglia-Schule, die wunderbaren Himmel und flachen Moore – ich glaube, mein Kunstgeschmack hatte eine Menge mit meinem Vergnügen an der freien Natur zu tun. Für Porträts oder Stillleben konnte ich mich nicht erwärmen – Tante Mary allerdings auch nicht, und sie besaß auch nur wenige davon. Interieurs oder Bilder von Kirchen ließen mich kalt, und ein junger Knabe versteht noch nichts von dem Reiz der menschlichen Figur. Doch sie ermutigte mich, für alles offen zu sein, nicht ihren Geschmack nachzuahmen, sondern meinen eigenen zu entwickeln und immer darauf zu warten, von dem, was ich sah, überrascht und herausgefordert wie auch entzückt zu werden.
Meine nachfolgende Liebe zur Malerei verdanke ich ausschließlich Tante Mary und diesen glücklichen, prägenden Jahren. Als sie starb, gerade als ich nach Cambridge kam, hinterließ sie mir viele der Bilder, die du jetzt hier hängen siehst, und auch andere, von denen ich einige verkauft habe, um neue zu erwerben – wie sie es sich sicherlich von mir gewünscht hätte. Sie war eine unsentimentale Frau, und sie hätte gewollt, dass ich meine Sammlung lebendig halte, um den Erwerb neuer Gemälde zu genießen, wenn ich der alten überdrüssig geworden war.
Kurz gesagt, an die zwanzig Jahre oder länger wurde ich zu einem recht erfolgreichen Kunsthändler, ging regelmäßig zu Auktionen, und während ich meinen Spaß dabei hatte, häufte ich im Laufe der Zeit mehr Vermögen an, als es mir mit meinem akademischen Gehalt je möglich gewesen wäre. Zwischen meinen Ausflügen in die Welt der Kunst stieg ich natürlich langsam auf der akademischen Leiter nach oben, etablierte mich hier im College und veröffentlichte die Bücher, die du kennst. Mir fehlten die regelmäßigen Besuche in Devon, nachdem meine Tante und mein Onkel gestorben waren, und ich konnte meine Verbindung zu einem ländlichen Leben nur durch regelmäßige Wanderferien aufrechterhalten.
Ich habe dir in groben Zügen meine Vorgeschichte skizziert, und du weißt jetzt ein bisschen mehr von meiner Liebe zu Bildern. Aber was dann eines Tages geschah, würdest du nie erraten, und vielleicht wirst du die Geschichte nicht glauben. Ich kann nur wiederholen, was ich dir am Anfang versichert habe. Sie ist wahr.
2
Es war ein herrlicher Tag zu Beginn der Osterferien, und ich war für zwei Wochen nach London gefahren, um im Leseraum des Britischen Museums zu arbeiten und ein wenig Kunsthandel zu betreiben. An diesem gewissen Tag gab es eine Auktion mit einer Besichtigung am Morgen. Aus dem Katalog hatte ich mir zwei Zeichnungen alter Meister und ein Gemälde ausgesucht, an denen ich besonders interessiert war. Ich nahm an, dass das Gemälde für einen höheren Preis weggehen würde, als ich ihn mir leisten konnte, aber ich machte mir Hoffnungen auf die Zeichnungen, und ich fühlte mich beschwingt, als ich im Frühlingssonnenschein von Bloomsbury hinunter nach St. James ging. Die Magnolien blühten, genau wie die Kirschen, und vor dem weißen Stuck der Reihenhäuser aus dem achtzehnten Jahrhundert wirkten sie so fröhlich, dass einem das Herz aufging. Nicht dass mein Herz je traurig gewesen wäre. Ich war fröhlich und optimistisch, als ich jünger war – in der Tat war ich mit einer sonnigen und ausgeglichenen Natur gesegnet –, und ich genoss meinen Spaziergang und freute mich auf die Besichtigung und die nachfolgende Auktion. Keine Wolke war am Himmel, weder real noch metaphorisch.
Das Gemälde erwies sich dann als nicht so gut, wie es beschrieben worden war, und ich wollte nicht darauf bieten, war jedoch erpicht darauf, wenigstens eine der Zeichnungen zu kaufen; außerdem sah ich zwei Aquarelle, die sich gut für den Weiterverkauf eigneten, und ich hielt es für unwahrscheinlich, dass sie einen hohen Preis erzielen würden, da sie nicht zu der Art von Bildern gehörten, für die viele Händler zu dieser speziellen Auktion kommen würden. Ich vermerkte sie im Katalog und sah mich weiter um.
Dann fiel mir, etwas versteckt neben zwei recht überwältigenden religiösen Tafelbildern, das venezianische Ölgemälde der Karnevalsszene ins Auge. Es war in schlechtem Zustand, musste dringend gereinigt werden, und der Rahmen war an mehreren Stellen abgestoßen. Es war auch nicht die Art von Bild, die mir im Allgemeinen gefiel. Doch es hatte eine seltsame, fast halluzinatorische Ausstrahlung, und ich merkte, dass ich lange davor stehen blieb und mehrfach zurückkam. Das Bild schien mich in sich hineinzuziehen, sodass ich mir wie ein Teil der nächtlichen Szene vorkam, erleuchtet von Fackeln und Laternen, einer aus der Menge der maskierten Nachtschwärmer oder der Gruppe, die eine Gondel bestieg und über den mondbeschienenen Kanal unter eine der uralten Brücken glitt. Ich stand lange davor, spähte in alle Ecken und Winkel der Palazzi mit den hier und da geöffneten Fensterläden vor dunklen Räumen, gelegentlich von einem Kerzenleuchter oder einer Lampe erhellt, in deren Widerschein sich da und dort eine schattenhafte Figur erkennen ließ. Unter den Gesichtern der Nachtschwärmer ließen sich viele klassische Venezianer ausmachen, mit vorspringender Nase, dieselben Gesichter, die als Magier und Engel, Heilige und Päpste auf den großartigen Gemälden venezianischer Kirchen zu sehen sind. Andere gehörten jedoch erkennbar anderen Nationalitäten an, und dazwischen gab es den einen oder anderen Äthiopier und Araber. Ich verinnerlichte das Gemälde auf eine Weise, wie ich es seit langer Zeit nicht getan hatte.
Die Versteigerung sollte um zwei beginnen, und ich trat hinaus in die Frühlingssonne, um noch etwas zu mir zu nehmen, bevor ich in den Auktionsraum zurückkehrte, doch als ich an dem schummrigen Tresen in einem ruhigen Pub saß, durch dessen Fenster gelegentlich die Sonne hereinschien, war ich immer noch von der venezianischen Szenerie erfüllt. Ich wusste natürlich, dass ich das Gemälde kaufen musste. Ich konnte meinen Lunch kaum genießen und wurde ganz aufgeregt bei dem Gedanken, dass mich etwas daran hindern könnte, rechtzeitig zum Bieten in den Raum zurückzukehren, daher war ich als Erster dort. Doch aus irgendeinem Grund wollte ich hinten stehen bleiben, entfernt vom Podium, und ich hielt mich nahe bei der Tür auf, als sich der Raum zu füllen begann. Es gab einige wichtige Bilder im Angebot, und ich erblickte mehrere bekannte Kunsthändler, die im Auftrag wohlhabender Kunden dort sein würden. Keiner kannte mich.
Das Gemälde, dessentwegen ich zunächst hergekommen war, wurde für mehr verkauft, als ich erwartet hatte, und die Zeichnungen überstiegen rasch meine Mittel, aber es gelang mir fast, ein hochwertiges Cotman-Aquarell zu erwerben, das gleich nach diesen versteigert wurde, als einige der Käufer für die Lose der ersten Hälfte bereits gegangen waren. Ich sicherte mir eine kleine Gruppe guter Seestücke und musste dann ein langweiliges Jagdgemälde nach dem anderen über mich ergehen lassen – dicke Männer auf Pferden, Jäger, Pferde mit gestutztem Schweif, was ihnen eine seltsame, unausgeglichene Haltung verlieh, Pferde, die sich aufbäumten, Pferde mit gelangweilt blickenden Pferdeknechten, eines nach dem anderen, und die Hände schossen nur so in die Luft. Beinahe nickte ich ein. Doch dann, als die Auktion allmählich zu Ende ging, kam die venezianische Karnevalsszene, die hier im Raum noch dunkler und unattraktiver wirkte. Zwei halbherzige Gebote wurden abgegeben, dann trat eine Pause ein. Ich hob die Hand. Niemand machte ein Gegengebot. Der Hammer fiel gerade herunter, als hinter mir Unruhe entstand und eine Stimme ertönte. Ich blickte mich um, überrascht und bestürzt, dass ich in letzter Minute noch einen Mitbieter um das venezianische Bild haben sollte, doch der Auktionator war der Ansicht, der Hammer sei nach meinem Gebot tatsächlich gefallen und das Bieten sei beendet. Das Bild wurde mir für eine sehr bescheidene Summe zugeschlagen.
Meine Handflächen waren feucht, und mein Herz hämmerte. Nie hatte ich eine solche Beklemmung empfunden – ja, es ähnelte fast dem verzweifelten Wunsch, etwas unbedingt erringen zu wollen, und ich fühlte mich seltsam erschüttert, vor Erleichterung und auch von einem anderen Gefühl erfüllt, das ich nicht benennen konnte. Warum war ich so versessen auf dieses Bild? Welche Macht besaß es über mich?
Als ich den Verkaufsraum in Richtung Kasse verließ, um meine Erwerbung zu bezahlen, tippte mir jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um und sah einen untersetzten, schwitzenden Mann mit einer großen ledernen Künstlermappe.
»Mr …?«, fragte er.
Ich zögerte.
»Ich muss dringend mit Ihnen sprechen.«
»Wenn