Jacinta Nandi

Die schlechteste Hausfrau der Welt


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Nandi ist fast vierzig – und fast fertig.

      Auf dem Papier hat sie ein tolles Leben, auf dem Papier ist sie eine Feministin, freischaffende Künstlerin, freiberufliche Autorin.

      Aber ihre alltägliche Realität sieht anders aus.

      In der Realität lebt sie zusammen mit einem Kleinkind, das wegen der Kitakrise immer zu Hause ist, mit einem Teenager, der Pfandflaschen und leere Chipstüten im Schlafzimmer sammelt, als ob das sein Hobby sei – und vor allem mit einem Mann, der denkt, dass er nicht putzen muss, soll oder darf.

      So könnte der zusammenfassende Text über mein Leben lauten. Mein Leben als Blurb.

      »Ich bin ein Professor«, sagte mein Freund eines Morgens. »Ich werde nicht staubsaugen, das sage ich dir.«

      Okay. Ich entschied, dann eben alles selbst zu machen, so gut ich kann. Und was kann ich tun, um eine gute Hausfrau zu sein?

      »Das bisschen Haushalt schaffst du schon«, dachte ich mir. Mit Hilfe von bezahlten Putzkräften bei Helpling und hilfreichen Putztipps von unterschiedlichen Experten bei YouTube versuchte ich, mein Leben – und die Wäscheberge – in den Griff zu kriegen. Ich stand früher und früher auf und machte jeden Morgen die Waschmaschine an, bevor ich Kaffee kochte.

      Aber kann man wirklich glücklich sein in einer Beziehung, in der der Mann nicht putzt? Weil das einzige, was er noch ekliger findet als eine schmutzige Küche, die Vorstellung ist, dass er »mit«helfen könnte?

      Das Ungewöhnliche an meiner Situation ist nur die Tatsache, dass mein Freund zugibt, dass er nicht vorhat mitzumachen. In vielen deutschen Haushalten existiert der Mythos von einer 50/50-Mitarbeit, gleich aufgeteilt zwischen den Partnern. Was utopisch klingt – und auch echt utopisch bleibt. Denn Studien beweisen, dass sogar berufstätige Mütter 160 Minuten pro Tag Hausarbeit machen – ihre männlichen Partner aber nur 90 Minuten (die Frage ist, ob diese 90 Minuten auch solche Sachen beinhalten wie Gute-Nacht-Geschichte-Vorlesen)!

      Eine Studie vom University College London, veröffentlicht im Journal Work, Employment and Study, bewies, dass Frauen im Durchschnitt 16 Stunden pro Woche Hausarbeit machen – ihre männlichen Partner aber nur 6 Stunden. Sogar bei Paaren, wo beide Vollzeit beschäftigt sind, machen die Frauen viel mehr – es ist fünf Mal wahrscheinlicher, dass eine vollzeitbeschäftigte Frau 20 Stunden pro Woche mit Hausarbeit verbringt, als dass ein Mann es tut. 2005 fand eine Studie des University of Michigan Institute for Social Research heraus, dass Männer ihren Frauen sogar 7 Stunden Hausarbeit pro Woche zusätzlich VERURSACHEN! Während Frauen ihren Männern eine Stunde pro Woche abnehmen!

      Ich putze also und denke über Hausarbeit nach. Eine Arbeit, die eigentlich nicht als Arbeit gilt. Eine unsichtbare Arbeit. Die Männer gucken nicht hin, wenn man putzt – ihre Augen sind auf den Fernseher gerichtet! Es ist eine Arbeit, die Männer nicht machen wollen, die sie grundsätzlich ablehnen. Sie lehnen sogar die Vorstellung ab, dass Hausarbeit überhaupt gemacht werden muss. Sie finden nicht unbedingt, dass Frauen diese Arbeit machen müssen – aber es ist trotzdem sehr klar, dass sie selbst sie nicht machen werden.

      Es ist eine Arbeit, die Frauen unterdrückt. Hausarbeit ist körperliche Arbeit, eine körperliche Arbeit, die viel Zeit kostet. Es ist eine Arbeit, die Frauen Zeit und Schlaf raubt. Eine Arbeit, die ihre Körper belastet, die aber trotzdem nicht als Arbeit angesehen wird, solange sie nicht bezahlt wird!

      Denn das Komische ist, dass, wenn man fürs Putzen bezahlt wird, es dann doch Arbeit ist – eine Drecksarbeit, sicher, aber doch Arbeit. Man kriegt einen Stundenlohn – vielleicht ist er nicht angemessen, aber man kriegt Geld dafür, aber noch wichtiger: man hat Feierabend. Das (vielleicht) schlecht bezahlte Hausmädchen kriegt Feierabend – doch die unbezahlte Hausfrau nie!

      In dieser Sammlung kurzer, lustiger, aber sehr wütender Texte beschreibe ich meinen Versuch, eine gute Hausfrau zu werden, wie sehr es mich angekotzt hat, alles alleine machen zu müssen – und warum ich gescheitert bin.

      Kann man eine Beziehung haben mit einem Mann, der überhaupt nicht putzen will? Ist das überhaupt eine Beziehung? Warum denken Männer offenbar, dass sie nur putzen müssen, wenn sie keine Frau in der Wohnung haben, die das für sie machen sollte? Was ist los mit denen?

      Eine feministische Hausfrau

      Der Feminismus ist cool.

      Der Feminismus ist geil geworden.

      Alle wollen über Feminismus reden, über geile, coole Themen, die junge Frauen ansprechen. Über gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit, zum Beispiel, oder Körperbehaarung. So was.

      Was nicht geil ist: Hausarbeit. Was niemanden interessiert: die Unterdrückung der Hausfrau.

      Frauen wollen befreit werden, Frauen sollen frei sein. Jemand, der sich freiwillig entscheidet, Hausfrau zu werden? Selbst schuld! (Und auch megapeinlich.) Hausfrauen sind fast so uncool wie die Hausarbeit selbst.

      Als ich eine Teenagerin war, nannte ich mich Feministin. Mit 14 liebte ich Courtney Love, den roten Lippenstift, die weißblonden Haare, die coolen Posen mit der Gitarre. Ich glaube, ich mochte auch die Lieder – aber der Look war für mich total wichtig, supercool. Ich wollte sein wie sie – ich musste Feministin werden. Ich nannte mich Feministin und ich habe es ernst gemeint. Ich habe Gedichte über Frauen mit dicken Bäuchen gelesen und Gedichte geschrieben über Frauen, die die Toilettenwand mit Menstruationsblut beschmieren. Ich war Feministin. Wie Courtney Love.

      Meine Mama war Hausfrau, mein Stiefvater half nie. Na ja, vielleicht ist dieses »nie« übertrieben, vielleicht gehört ein »so gut wie« davor. Einmal pro Monat sollte er kochen, und seine Miene war dann wie in Deutschland bei den Menschen in einer langen Schlange im Postamt am Heiligen Abend. Meine Mama arbeitete am Wochenende im Altersheim – unter der Woche passte sie auf meinen kleinen Bruder auf, der nie zur Kita ging, sondern nur in playgroups, und meine Schwester und ich kamen um 16 Uhr nach Hause. Jahrelang war die Waschmaschine kaputt, unsere Kleidung sammelte meine Mama im Kinderwagen und schob sie zum Waschsalon. Sie verbrachte so viele Stunden in der Woche dort, dass sie jetzt immer noch richtig gut befreundet ist mit der Dame, die da arbeitete.

      Meine Mama kämpfte mit der Hausarbeit. Sie war immer am Arbeiten, aber unser Haus sah irgendwie trotzdem immer scheiße aus. Andere Kinder hatten beige Sofas, flauschige Teppiche, gekehrte Böden. Bei uns war immer Chaos – meine Mama versank in der Arbeit, ertrank in ihren Aufgaben. Und wir halfen nicht.

      Ich habe ihr nicht geholfen. Ich half nur dann, wenn sie mich zwang, ich habe sie dafür verachtet, dass sie diese Arbeit schwer fand.

      »Das ist eigentlich dein Job«, sagte ich, wenn sie mich bat, die Kartoffeln zu schälen. »Du bist nur eine Hausfrau. Was machst du den ganzen Tag, wenn wir in der Schule sind? Trinkst Kaffee, stimmt’s?«

      Ja, die Wut darüber, dass Frauen, die ihr Leben mit unbezahlter Arbeit füllen – Kinderbetreuung, Putzen, Wäsche, Kochen –, manchmal heiße Getränke dabei trinken, ist ziemlich alt. »Coffee Mornings?«, hat mein Stiefpapa immer gesagt. »Latte-Macchiato-Mamas«, lästert der Berliner über die Mamas in Prenzlauer Berg. In London ist es kein Latte, sondern Cappuccino, und nicht Prenzlauer Berg, sondern Primrose Hill – aber die Hausfrau als Genießerin, die nur Kaffee schlürft, diese Idee existiert da auch.

      »Sie tut so, als wäre sie eine Yogalehrerin!«, erzählt mir eine Bekannte über eine andere Bekannte. »Eigentlich ist sie Hausfrau. Latte-Macchiato-Mama. Das wäre nichts für mich, so langweilig!«

      Ich glaube, es macht die Menschen deswegen wütend, dass die Mütter vom Kollwitzplatz, die Hausfrauen Berlins, Kaffee trinken dürfen – obwohl die Arbeit, die sie machen, kein Geld einbringt, obwohl die Arbeit, die sie machen, keine Lohnarbeit ist –, genau deswegen, weil der Kaffee ein Symbol des Kapitalismus ist. Ein Symbol für Genuss, für Exportwaren, für viel Schaffen. Und diese faulen Frauen, die nichts beitragen zum Kapitalismus, genießen seine Früchte – wie dekadent! Wie unfair!

      Für viele ist eine Mutter, die, während sie ihre Kinder betreut,