R.L. Stine

Fear Street 48 - Das Verhängnis


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Frisur – die Haare länger und über die Schulter zurückgeworfen.

      Man hatte mir geschrieben, dass ich die Karte nur durch den Schlitz des Lesegeräts am Tor ziehen müsste, dann würde sich das elektronisch gesteuerte Schloss öffnen.

      Hastig setzte ich meinen Seesack ab, öffnete den Reißverschluss und suchte nach meinem Portemonnaie. Ich wusste, dass ich es ziemlich weit nach oben gepackt hatte.

      Der Regen strömte jetzt gleichmäßig herab und prasselte in großen Tropfen auf das Pflaster. Mein Haar war inzwischen klatschnass, mein T-Shirt total durchweicht.

      Ich wühlte herum, bis ich mein rotes Portemonnaie fand, und nahm die Plastikkarte heraus.

      Wieder fuhr ein Wagen die Straße entlang und erfasste mich für einige Sekunden mit seinen Scheinwerfern. In ihrem Licht suchte ich nach dem Lesegerät für die Ausweiskarte.

      Der Junge im Fenster des Gästehauses bewegte sich. Neben ihm tauchte ein anderer Junge auf, der mir ebenfalls den Rücken zuwandte.

      Schließlich entdeckte ich das Kästchen, das ungefähr in Brusthöhe am Zaun neben dem Tor befestigt war. Auf der Vorderseite blinkte ein winziges rotes Lämpchen. Ich zog meine Karte durch den Schlitz und wartete auf das summende Geräusch.

      Nichts passierte.

      Der Regen wurde noch heftiger. Die dicken Tropfen platschten lautstark auf den Boden.

      „Mist, ich werde ja klitschnass“, dachte ich.

      Genervt startete ich einen zweiten Versuch, die Karte durch den Schlitz zu ziehen.

      Immer noch nichts.

      Ich drehte die Karte um und probierte es von der anderen Seite. Das rote Lämpchen blinkte gleichmäßig vor sich hin. Aber das Tor öffnete sich nicht.

      Ich stieß ein frustriertes Stöhnen aus. „Was ist nur mit diesem blöden Tor los?“, fragte ich mich.

      Der Regen wurde immer stärker. Der Wind blies ihn in dichten Schleiern gegen das Haus. Inzwischen war ich völlig durchnässt. Wütend rüttelte ich am Tor.

      Ich konnte die beiden Jungen im Fenster des Gästehauses deutlich sehen.

      „Hey, kann mich irgendjemand hören?“, rief ich. „Hallo!“

      Meine Stimme wurde vom Wind verweht und durch den prasselnden Regen gedämpft.

      „Hey, lasst mich rein!“, rief ich noch einmal.

      Während ich so durch den Zaun starrte, blieb mein Blick an etwas hängen.

      Dort, in einer Ecke des Swimmingpools. Was war das?

      Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, durch den dichten Regenschleier etwas zu erkennen.

      Es verschlug mir den Atem, als ich begriff, dass es ein Mädchen war. Sie trieb mit dem Gesicht nach unten im Pool. Ihr blondes Haar trieb auf der unruhigen Wasseroberfläche und ihre bleichen Arme waren reglos zur Seite gestreckt.

      Ein Mädchen. Ein Mädchen in einem blauen Badeanzug.

      Ertrunken.

      Ich umklammerte den kalten Zaun, streckte mein Gesicht dem Regen entgegen und stieß einen schrillen Entsetzensschrei aus.

      3

      – Danny –

      Als der Regen anfing, saßen wir alle im Gemeinschaftsraum und alberten herum. Cassie Harlow schrie entsetzt auf, als es direkt vor dem Gästehaus donnerte. Sie ist die Kleine mit dem tollen Körper, den großen braunen Augen und der weißblonden Mähne.

      Es ist gar nicht so leicht, sich die vielen Namen zu merken, weil wir alle neu im Klub sind. Aber da ich nun mal der Chef der Rettungsschwimmer bin – der Big Boss sozusagen –, hab ich mir gedacht, es wäre keine schlechte Idee, mir alle Namen sehr schnell einzuprägen und dafür zu sorgen, dass sich alle wohlfühlen.

      Jedenfalls überhäuften wir Cassie wegen ihrer Angst vor Gewittern mit guten Ratschlägen. „Nein, nein, ich bin nur erschrocken“, protestierte sie mit ihrer leisen, aufregenden Stimme.

      Aber als der nächste Donnerschlag die Fensterscheiben erzittern ließ, quietschte Cassie wieder los. „Okay, okay. Ich mag nun mal keine Gewitter“, gab sie verlegen zu und zupfte nervös mit beiden Händen an einer Haarsträhne.

      Wir lachten uns alle schlapp und Arnie Wilts – so ein magerer, kleiner Kerl – sagte, er ginge gern bei Gewitter schwimmen. Das würde ihn total unter Strom setzen.

      Alle stöhnten. Ich hoffte, dass Arnie kein allzu großer Schwachkopf war. Immerhin musste ich den ganzen Sommer mit ihm verbringen. Keine Ahnung, wie viele blöde Scherze von dieser Sorte ich ertragen konnte, bevor ich ihn in den Pool warf und seinen Kopf für fünf oder zehn Minuten unter Wasser tauchte!

      Ich lehnte mich gegen das Fensterbrett. Hinter meinem Rücken trommelte der Regen gegen die Scheibe. Unauffällig ließ ich meinen Blick durch den Raum wandern.

      „Die Mädchen sind echt spitze“, dachte ich lächelnd.

      Cassie war der absolute Knaller. Und die in den pinkfarbenen Shorts und dem nabelfreien blauen Top – Deirdre Webb – war auch nicht von schlechten Eltern. Ihre kurzen, glatten schwarzen Haare hatten einen seidigen Glanz. Normalerweise stehe ich ja auf Mädchen mit längeren Haaren, aber Deirdre hatte absolut irre hellblaue Augen.

      Die Große in der Ecke, May-Ann Delacroix – wie immer man das ausspricht –, war auch nicht zu verachten. Sie hatte kurzes Haar, dessen Farbe an Kastanien erinnerte, und kühle dunkle Augen. Sie wirkte eher ruhig und zurückhaltend. Wahrscheinlich war sie ein bisschen schüchtern.

      Aber zu ihr würde ich auch nicht Nein sagen.

      Wow, Leute – das konnte ein heißer Sommer werden!

      „Wie kommt es eigentlich, dass du Chef der Rettungsschwimmer geworden bist, Danny?“, fragte Arnie grinsend. „Hast du einen Wettbewerb gewonnen oder so?“

      „Quatsch“, erwiderte ich. „Ich hab einen Wettbewerb verloren!“

      Die anderen fanden das furchtbar komisch.

      Arnie setzte an, um etwas zu sagen. Dabei grinste er, als wollte er gleich den nächsten blöden Witz loslassen.

      Aber Phil ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Hey, Danny, ist da vielleicht ’n Schluck Bier im Kühlschrank?“

      Phil sah aus wie ein typischer Rettungsschwimmer. Groß und muskulös, wie er war, hätte er sofort bei Baywatch einsteigen können. Er machte offensichtlich Fitnesstraining und hatte einen perfekten Körper. Außerdem war er schon ziemlich braun, obwohl der Sommer gerade erst angefangen hatte.

      Bei Phil dachte man sofort an den netten amerikanischen Jungen von nebenan. Er hatte lockige blonde Haare, dunkle Augen mit Lachfältchen drum herum und ein breites, freundliches Lächeln. Er sah ein bisschen aus, als hätte er sich in seinem ganzen Leben noch nie ernsthaft über etwas Sorgen machen müssen. Aber man konnte ja nie wissen.

      Jedenfalls musste man ihn einfach gernhaben. Er war echt cool.

      Phil, der sich neben Cassie auf der Ledercouch breitgemacht hatte, trug ein rotes Tuch um die Stirn. Sollte wohl der Piraten-Look sein.

      Ich trat vom Fenster weg und wollte ihm gerade einen Vortrag darüber halten, dass Bier in der Unterkunft der Rettungsschwimmer streng verboten ist, als ich von einem schrillen Schrei unterbrochen wurde.

      Ich klappte den Mund wieder zu und fuhr herum.

      Es klang, als wäre er von draußen gekommen.

      Zuerst dachte ich, es wäre das Gewitter. Der Wind oder so. Vielleicht hatte sich ja auch eine Katze im Zaun verfangen.

      Aber dann hörte ich wieder einen Schrei. Und diesmal klang er eindeutig menschlich.

      Ich stieß gegen Arnie, der bereits aus dem beschlagenen Fenster starrte.