Madeleine Puljic

Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12)


Скачать книгу

Exemplar. Es handelt sich um das Beiboot, das wir Curcaryen Varantir für eine Weile überlassen hatten. Du erinnerst dich, dieser algorrianische Potenzial-Architekt?«

      Anchi nickte. Er hatte Varantir nie direkt gesehen, kannte ihn nur von Holos und aus Berichten. Er galt als genial und anstrengend, die meisten Solaner hatten ihn unerträglich gefunden.

      »Er hat daran einige Umbauten vorgenommen und das Schiff mit kosmokratischer Technik hochgerüstet«, erläuterte Danton weiter. »Keiner weiß genau, welche Technik er eigentlich in die Korvette eingebaut hat. Aber was wir wissen: Die CALAMAR verfügt über einen besonders leistungsfähigen Ortungsschutz.«

      Während Perry Rhodans Sohn redete, betraten sie über ein Transportband die CALAMAR und gingen durch die Korridore des Beiboots. Fast ohne dass es Anchi bewusst geworden war, führte Danton ihn auf direktem Weg von seinem Quartier zu den Mannschaftsquartieren der Korvette.

      »Es tut mir leid, dass ich dich so schnell zu diesem kleinen Umzug bewegen musste«, sagte Danton. »Sieh dich in deinem neuen Quartier um und komm dann in die Zentrale. Wir werden die Tarneigenschaft der CALAMAR nämlich nutzen, um die SOL unauffällig zu verlassen ... das heißt, unbemerkt von BARILS Rittern. Wir starten in fünfzehn Minuten. Danach werden wir für unbestimmte Zeit keine Verbindung mehr zur SOL haben. Du bist doch dabei?«

      Das Schott öffnete sich, und Anchi warf einen ersten Blick in seine neue Kabine. Sie war kleiner als seine alte Unterkunft auf der SOL.

      »Ich bin dabei!«, bestätigte er verdutzt. Er staunte über die fabelhafte Karriere, die er gerade hinlegte.

      *

      »Mit Danton auf einer Erkundungsmission? Das ist ja Hypertakt!« Nadarrs Stimme überschlug sich fast.

      Den Unsinn mit dem Hypertakt hatte er wohl bei den Kindern aufgeschnappt, die durch die SOL tollten. Der Ausdruck bezeichnete eigentlich das Triebwerk der SOL, mit dem das Raumschiff in 1230 sogenannten weichen Transitionen pro Sekunde zwischen Hyperraum und Normalraum wechselte und dabei vielmillionenfache Lichtgeschwindigkeit erreichen konnte. Die Kinder der SOL benutzten das Wort bei jeder Gelegenheit für alles, was sie besonders großartig fanden.

      Anchi sah darüber hinweg und lehnte sich zurück. »Er ist persönlich zu mir gekommen und sagte, dass er mich dabeihaben wollte«, sagte er zu dem sommersprossigen Kopf, der im Holo einen Meter vor ihm schwebte. »Ist wohl eine Art Geheimmission, von der niemand in Yahouna etwas wissen darf. Deswegen hat er die Korvette auch CALAMAR genannt.«

      »CALAMAR?«

      »Das ist ein Tintenfisch, der sich gut tarnen kann. Es ist die Spezialkorvette, die Curcaryen Varantir gebaut hat, der geniale Algorrian, du weißt schon, geeignet für Sondereinsätze. Wir haben ... hm, ein paar besondere Waffensysteme und einen Ortungsschutz, mit dem wir völlig unerkannt durch die Galaxis fliegen werden!«

      »Ohhh!«, machte Nadarr.

      Anchi gefiel es, wie beeindruckt der Junge war. Auch wenn es leicht war, Nadarr zu beeindrucken. Anchi hatte nichts weiter referiert als das, was Danton ihm in aller Kürze berichtet hatte, mit leichten Übertreibungen. Immerhin stimmte das mit dem Ortungsschutz.

      Nadarr hatte tausend Fragen. »Algorrian, das ist der, der aussieht wie ein Pferd, nicht wahr, und der so schlecht riecht? Was macht ihr da draußen im Weltall? Wann kommt ihr zur SOL zurück? Bist du damit in die Akademie aufgenommen? Bist du dann ein Raumsoldat? Bekommst du ein Rangabzeichen?«

      »Ich kann dir das alles gerade nicht erzählen. Das meiste davon ist geheim, und ich befinde mich schon an Bord. Wir haben uns ganz unauffällig eingeschlichen, vorbei an den Wachrobotern, die uns fast erwischt hätten. Wir brechen bereits in wenigen Minuten auf. Keine Zeit für eine Abschiedsfeier. Sagst du den anderen, dass ich eine Weile weg bin?«

      Wieder machte Nadarr: »Ohhh!« Dann wurde sein Gesichtsausdruck besorgt. »Du kommst doch zurück? Eure Geheimmission ist bestimmt gefährlich!«

      Anchi legte ein Gesicht auf, das die Solaner aus unbekanntem Grund Tekener-Grinsen nannten. »An irgendwas muss ja jeder sterben!«, sagte er cool. »Aber keine Sorge: Ich komme garantiert zurück. Und erzähle dir, wie es gewesen ist!«

      Sofort war der Junge wieder vergnügt und brabbelte irgendwas von phantastischen Abenteuern mit Roi Danton und seiner Spezialtruppe.

      Anchi hörte gar nicht mehr genau hin. Nadarrs Sorge hatte etwas in ihm angerührt. Ob es gefährlich war, im Tarnflug durch eine unbekannte Galaxis zu reisen, um im Alleingang irgendwelchen kosmischen Geheimnissen auf die Spur zu kommen? Und wie das gefährlich war! Hypertakt-gefährlich!

      *

      Heimlich, still und leise schleuste die CALAMAR aus der SOL aus. Es gab keinen Stapellauf, keine Abschiedsfeier, keine große Verabschiedung der Helden.

      Die Korvette schlüpfte mit aktiviertem Ortungsschutz aus einer Schleuse des Mutterschiffs, beschleunigte, ging auf Überlicht und jagte im rechten Winkel zur Ekliptik des Diulusystems in den kalten Leerraum der unbekannten Galaxis. Bald war Diulu nur noch ein Stern von vielen, die SOL und die sie umgebenden Ritterschiffe verschwunden in der Ferne.

      Ennyas Anchi wippte nervös mit dem Bein, während er den Flug ihres Schiffs auf dem großen Holo in der Hauptzentrale der Korvette verfolgte.

      Die Besatzung bemerkte nichts von der Beschleunigung und dem Wechsel auf Überlicht. Dafür sorgten Antigravgeneratoren, die eine künstliche Schwerkraft erzeugten. Sie hatte einen Wert, der für alle Besatzungsmitglieder angenehm war. Er entsprach etwa der Schwerkraft auf der Erde, der Heimat der Menschheit, ebenso dem Wert, der im Althanos-Segment auf Evolux geherrscht hatte, in dem die Gestrandeten gelebt hatten. Wie Anchi inzwischen wusste, war auch dieser Schwerkraftwert künstlich erzeugt worden.

      Etwa zwanzig Solaner hatten sich in der Hauptzentrale der CALAMAR versammelt, Männer und Frauen, von denen Anchi einige kannte, andere noch nie gesehen hatte. Die meisten standen in entspannter Haltung da und verfolgten den Kurs der Korvette auf dem Holoschirm. Zusätzlich zum Außenblick blendete die Schiffspositronik verschiedene Positionsdaten ein.

      Anchi bemühte sich, ebenso gelassen dazustehen. Doch wenn er sein Bein dazu zwang, ruhig zu sein, begannen seine Finger ohne sein Zutun damit, nervös auf den Oberschenkel zu trommeln. Tausende Jahre Raumfahrtgeschichte, auf denen die Konstruktion dieser Korvette beruhte, und algorrianisch-kosmokratische Supertechnik hin oder her: In einer sechzig Meter durchmessenden Soloniumhülle durch die eisige Kälte einer fremden Galaxis geschossen zu werden, war wie der Ritt auf einer Flammenkugel.

      War das wirklich das große Abenteuer, nach dem er sich gesehnt hatte? Anchi fragte sich noch immer, warum Danton ihn eigentlich mitgenommen hatte. Und ob er nicht lieber auf der SOL geblieben wäre und Rytanaia erzählt hätte, dass er sich einfach einen Planeten suchen wollte, auf dem er bleiben konnte. Eine Welt, die es zu erobern galt. Vielleicht wäre sie ja sogar mitgekommen.

      »Das war's«, sagte Danton, der aufmerksam das Zentralholo und die eingespielten Daten betrachtet hatte. Der Kommandant der CALAMAR stand ganz vorn, mit hinter den Rücken gelegten Armen, und drehte sich in diesem Moment zu seinen Leuten um.

      Er lächelte. Irgendwie wirkte er unnahbarer, geschäftsmäßiger als der Danton, der Anchi in seiner Kabine aufgesucht und vom Fleck weg rekrutiert hatte.

      »Wir können keine Verfolger orten«, fuhr er fort. »Das heißt, es ist uns gelungen, unerkannt davonzukommen. Oder die haben einfach einen besseren Tarnschirm als wir.«

      Erleichtertes Gelächter füllte die Zentrale der CALAMAR.

      Danton machte ein paar Schritte, sah dem einen oder anderen in die Augen, klopfte sogar einer jungen Frau freundschaftlich auf die Schulter. Ausgerechnet vor Anchi blieb er stehen.

      »Wir sind die stille Eingreifreserve der SOL«, sagte er ruhig. »Die SOL ist ein beeindruckendes Raumschiff und kaum zu übersehen, selbst wenn man es mit kosmischen Mächten zu tun hat. Nach den Ereignissen im Diulusystem werden die Ritter BARILS sie genau im Blick haben. Wir dagegen sind klein und unauffällig und nach allem, was wir wissen, sogar so gut wie unsichtbar. Wenn die SOL