Beike
Leiterin des Regio-Museums Seligenstadt
e(i)mma und e(g)inhard
Bernhard Bauser
emma liebte einhard
ihn trug sie über glitzernden neuschnee
um ihrer beider ehre willen
emma hieß jedoch imma
einhard nur verdeutscht
und romanisch eginhard
karl war allemal der große carolus
so der mönch aus lorsch
imma trug eginhard
durch obermulinheims kälte
vielleicht war’s auch in ingelheim
nicht seligenstadt, das gab’ s noch nicht
imma war emma und karls tochter
und die liebe zum schreiber
nicht schicklich, doch schön,
zu schön vielleicht, denn
emma oder imma mag eher berta
laut wilhelm von malmesburg,
des kaisers tochter auch nicht
oder rotrud, oder eine mittelgroße geroldinger
nicht tochter des königs, eher schwester
und eginhard, unser einhard,
ein anglibert und karl
wohl heinrich der dritte gewesen sein
aber imma oder emma
hielt eginhard, unseren einhard
hingebungsvoll fest
und kochte so gut
eierpfannkuchen
oder wildbret herrlich gewürzt
da war karl karl,
carolus magnus
bedeutender schlemmer
verirrt bei der sauhatz
im nachtschwarzen forst
da verzieh carolus
in hochgemuter art und sitte
den beiden bald
und einhard schrieb karls ruhm
das schuldete er ihm fortan
und selig, sagte karl,
oder erst später,
oder woanders
selig sei,
vielleicht auch im spessart
bei einer einfachen hütte,
selig sei
der ort genannt
in glitzernder sonne
so wahr und bedeutsam
seligenstadt
sei er genannt
sagte mild
der gesättigte karl
Emma und Einhard proben den Liebestod
Natalie Himmelsbach
S
ie ist eine halbe Stunde vor dem Wecker aufgewacht und aus dem Bett gestiegen und um das Bett herumgegangen. Auf seiner Seite vom Bett ist sie wieder hineingestiegen und hat sich ganz nah an ihn gelegt. Wie der Wecker geklingelt hat, ist sie liegengeblieben, und beide waren nicht wach und haben nicht geschlafen, aber gewartet.
Nach einer halben Stunde haben sie nicht mehr gewartet. Sie haben beieinander gelegen wie zwei zufriedene große Tiere, und wenn zwei große Tiere so eng und warm zusammen liegen, dann schnaufen sie sich den Atem an die Hälse oder in den Nacken, und ihre Bäuche sind weich, und manchmal furzen sie leise. Das stört sie nicht.
Wenn sie lange so liegen bleiben, tropft ihnen das Fleisch ineinander wie bei Kerzen, wenn sie schmelzen, und die Knochen flechten sich zusammen, wie Dochte gezwirbelt, Elle in Speiche und Wirbel in Bein, und die Rippen sind ein Nest für zwei Köpfe, die nicht wach sind und nicht schlafen und keine Gedanken haben, aber mit großen Zähnen lächeln.
Jetzt, wenn ihnen ein goldener Aufweckerengel sagt, dass allerhöchste Zeit zum Aufstehen ist, ist aus beiden ein zusammengesetzter Körper geworden, den die Trompeten wecken. Es ist aber kein Engel gewesen und ihnen hat eine halbe Stunde vom Tag gefehlt, aber fürs Zähneputzen und einen Kaffee reicht die Zeit immer, und sie waren bis weit in den Mittag glücklich.
emma und einhard beim nachtspaziergang
(eine laute verschweigung in leiser schrift)
Natalie Himmelsbach
du verläufst dich in meinem körper
ich verlaufe mich in deinem geist
wir sind beide zum gehen zu weit
uns muss man reiten wie grasbestandenes feld
wir sind brachland für den sämann
zum umherschweifen gemachte steppe
so weit wir die augen schließen
schläft in der erde zu unseren füßen
in ungezählten reihen kapsel neben kapsel blauer mohn
zittert unter pferdetritten
jeder huf ein eisenglockenschlag
BÄMMBÄMM bricht boden auf schießt blumen aus
rot gelbe fetzen dröhnen selig selig selig
wo wir uns erliegen die lagerstatt
Paargespräch
Sven Buchsteiner
Mein Eginhard, mein Eginhard
wispert es leis aus barockem Sarg
über den Tod hinaus sind wir verbunden
Ich lieg oben, Du liegst unten
Wie einst zu schönsten Schäferstunden
Mein Imma mein, Mein Imma mein
das kann doch bei Gottes Will’n nicht sein
nur allein der Tod, der sollt uns scheiden
Du gingst doch als erste von uns beiden
Dann folgt’ ich erlöst von allem irdisch Leiden
Ach Eginhard, Ach Eginhard
Du bleibst der Gleiche auch nach Tausend Jahren
Selbst zum Glück musst’ ich Dich tragen
Im tiefen Schnee durch kaltes Dämmerlicht
Spüre ich wie Deine Lanze an meine Rippe sticht
Mein Imma mein, mein Imma mein
Das kann doch bei Gottes Will’n nicht sein
was bracht’ uns nur an diese kalte Stelle
übertraten wir doch des Todes letzte Schwelle
und doch verkeilt sich mein Becken jetzt in deiner Elle
Du Eginhard, Du Eginhard
zwar ist die Ruhestätte hier recht hart
doch welch Glück ist uns beschieden
können hier ewig beieinander liegen
wohl von Menschhand in Gottes Frieden
Ach Immalein, Ach Immalein
Muss es denn immer Wollust sein?