Sigrid-Maria Größing

Der goldene Apfel


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auch den Eltern König Wenzel I. und seiner Gemahlin Kunigunde von Schwaben Sorge bereitete. Denn der aufgeweckte Knabe, der wahrscheinlich im Jahre 1233 das Licht der Welt erblickt hatte, fand nicht nur Grund, sich mit Gleichaltrigen im Kampfe zu messen, er legte sich auch schon sehr bald mit dem eigenen Vater an, obwohl sein Erzieher, Philipp von Kärnten, immer wieder versuchte, den unbändigen jungen Mann in die Schranken zu weisen und ihm eine entsprechende Bildung zu vermitteln. Bis heute ist es nicht klar, ob Ottokar lesen und schreiben konnte, wahrscheinlich beherrschte er die deutsche Sprache leidlich, auch das Lateinische dürfte ihm nicht ganz fremd gewesen sein. Aufgrund seiner mäßigen Bildung war es umso erstaunlicher, dass Ottokar im Laufe seines Lebens Pläne entwickelte, die durchaus für seine Länder positiv gewesen wären, hätte er sie zu Ende führen können. Aber viele Ereignisse hinderten ihn daran, wahrhaft Großes zu erreichen.

      Wahrscheinlich hatte sein Vater Wenzel ganz andere Vorstellungen von der Zukunft seines zweitgeborenen Sohnes, aber der frühe Tod des älteren Vladislav, der die Nachfolge des Vaters hätte antreten sollen, machte Ottokar überraschend mit vierzehn Jahren zum Markgrafen von Mähren. Große Aufgaben warteten auf den jungen Mann, denn sechs Jahre vorher hatten die Mongolen das Land verwüstet. Jetzt galt es, für Ruhe und Ordnung, aber vor allem für einen wirtschaftlichen Aufschwung der Gebiete zu sorgen. Bei den Methoden, die Ottokar dabei anwandte, kam er erstmals in Konflikt mit seinem Vater, da er mit dem Feldzug Wenzels nach Österreich nicht einverstanden war, der zu einer Revolte der Adeligen geführt hatte. Obwohl Ottokar Přemysl nicht direkt in den Aufstand verwickelt war, ließ er sich doch, als ihm das Angebot gemacht wurde, zum »jüngeren König« in Prag wählen. Die Aufständischen hatten aber gegen die Mannen König Wenzels keine Chance, sodass auch der Sohn klein beigeben musste. Der Vater war trotz anschließender neuerlicher Kampfhandlungen, die Ottokar vom Zaun gebrochen hatte, nicht nachtragend. Er räumte dem Sohn 1249 den Platz eines Mitregenten ein, was Ottokar aber nicht davon abhielt, weiterhin gegen den Vater zu opponieren. Erst als ihn Papst Innozenz IV. offiziell exkommunizierte, da er sich den Staufern gegenüber freundlich gezeigt hatte und er dadurch viele Anhänger verlor, schien er zur Einsicht gekommen, dass er sich endgültig mit seinem Vater aussöhnen sollte. Aber König Wenzel war schon zu oft von seinem Sohn enttäuscht worden. Sicherheitshalber verfügte er, dass sein Sohn auf die westböhmische Festung Pfraumberg gebracht wurde, wo er mehrere Monate als Gefangener lebte.

      Kaum war Ottokar wieder in Freiheit, als er überraschender Weise auf der Seite seines Vaters mit angeheuerten deutschen Rittern in Niederbayern einfiel.

      Die Ritter hatten längst ihre Ideale vergessen und richteten schon in Böhmen viel Böses an, »indem sie plünderten, sengten und brannten«, das Vieh aus den Ställen trieben und die unglücklichen Menschen in den Städten an der Donau um Hab und Gut brachten. Für die gequälte Bevölkerung waren die Böhmen eine Landplage, die erst durch ein Treffen mit dem Stauferkönig Konrad IV. in Cham im Bayerischen Wald ein Ende zu haben schien.

      Aber König Wenzel war immer noch nicht kampfesmüde. Längst hatte er ein Auge auf Österreich geworfen, nachdem ihm von den österreichischen Ständen signalisiert worden war, dass er im Lande, in dem nach dem Tod des letzten Babenbergers Friedrich II. das Chaos herrschte, willkommen war. Und da er 1250 sicherlich schon die Absicht hatte, sich allmählich aus dem politischen Geschehen zurückzuziehen, setzte er seinen Sohn Ottokar zum Statthalter in Österreich ein, den er ein Jahr später noch einmal zum Markgrafen von Mähren ernannte. Damit war der böhmische Thron für Ottokar gesichert!

      Aber all dies war dem jungen ehrgeizigen Přemysliden nicht genug. Eine eheliche Verbindung mit der Erbin der babenbergischen Besitzungen sollte seine Position in Österreich verstärken. Obwohl Margarete, die Schwester Friedrichs des Streitbaren, über 30 Jahre älter war als er, schleppte er sie am 11. Februar 1252 fast gewaltsam in der Burgkapelle von Hainburg zum Altar, denn Margarete hatte nach dem Tod ihres Gemahls ein Gelübde abgelegt, nie mehr zu heiraten.

      Wahrscheinlich wäre der Kampf zwischen Vater und Sohn in den nächsten Jahren erneut aufgeflammt, hätte sich nicht König Wenzel, müde von den politischen und privaten Intrigen, mehr und mehr ins Privatleben zurückgezogen, um endlich seiner wahren Leidenschaft, der Jagd, nachzugehen.

      Wenzel sollte sich seines Ruhestandes nicht lange erfreuen, er starb schon drei Jahre später, wodurch endlich Ottokar in den Besitz der ganzen přemyslidischen Macht kam, was für ihn natürlich weiterhin Kampf auf allen Linien bedeutete. Denn das Kriegsglück war ihm zunächst hold, er besiegte die Ungarn 1260 in der Schlacht bei Kressenbrunn, wodurch er den Magyaren die Steiermark, ein wichtiges wirtschaftliches Land, entreißen konnte, das an die Ungarn verloren gegangen war. Denn hier befanden sich die Silbergruben von Zeiring, auf die Ottokar sofort die Hand legte, nachdem er Herzog der Steiermark geworden war. Nicht nur ließ er die Silbervorräte ausbeuten, sondern er schuf einmalige Sozialgesetze, die den Bergleuten Schutz im Krankheitsfalle und Pensionen garantierten. Es war eine Tragik im Leben Ottokars, dass mit seiner Person – bis heute – hauptsächlich negative Vorstellungen verbunden waren. Aber seine Ideen fanden in dieser düsteren Zeit wenig Widerhall, obwohl er versuchte, auf allen Gebieten Besserungen einzuführen, indem er verwüstete Gebiete und entvölkerte Dörfer durch ins Land gerufene Schwaben wieder besiedeln ließ, neue Städte wie Leoben oder Bruck an der Mur gründete und hoch im Norden den Anstoß zur Gründung der Stadt Königsberg gab. Er wäre ein politischer Allrounder gewesen, hätte er den Bogen nicht überspannt. Aber er war in seinem Ehrgeiz nicht zu bremsen. Als er es für opportun hielt, ließ er sich von der ältlichen Margarete scheiden, um Kunigunde von Halitsch zu ehelichen, eine junge, blühende Frau, die ihm vier Kinder gebar. Und da er so mancher schönen Hofdame, wie Anna von Chuenring, nicht widerstehen konnte, war es nur zu erklärlich, dass er auch auf eine stattliche Zahl von unehelichen Nachkommen blickte.

      Als König von Böhmen, Herzog von Österreich, der Steiermark und Kärnten war Ottokar sicherlich der mächtigste Kurfürst im Reich, der sich 1273 um die deutsche Königskrone bewarb. Dass er die Wahl gegen den habsburgischen Grafen Rudolf verlor, war der Beginn der Katastrophe seines Lebens. Als Rudolf die Herausgabe der unrechtmäßig angeeigneten Reichsterritorien wie das Egerland von Ottokar verlangte, weigerte sich der Böhmenkönig, dieser Aufforderung nachzukommen. Rudolf verhängte die Reichsacht über ihn. Plötzlich war Ottokar umringt von Feinden, denn viele seiner ehemaligen Sympathisanten fielen von ihm ab, sodass der Böhmenkönig schließlich gezwungen war, klein beizugeben. Im Frieden von Wien 1276 blieben ihm nur seine Stammländer.

      Es war die Ruhe vor dem Sturm. Denn zwei Jahre später wollte er sein Glück in der Schlacht noch einmal versuchen. Im August 1278 trafen die beiden Kontrahenten Ottokar und Rudolf auf dem Marchfeld aufeinander. Noch heute wird sowohl an den siegreichen Rudolf von Habsburg als auch an den unglücklichen König Ottokar, der nicht nur die Schlacht, sondern aus Privatrache auch sein Leben verlor, am 15. August mit einem großartigen Fest in Jedenspeigen gedacht.

      Der Zufall spielte Schicksal im Leben einer ungewöhnlichen Frau

      Johanna von Pfirt war keineswegs mehr ein junges Mädchen, als sie überraschenderweise dem Habsburger Herzog Albrecht II. die Hand fürs Leben reichte.

      Es waren vor allem ihre Besitzungen im Elsass, Sundgau, den südlichen Vogesen und die Burgunder Pforte gewesen, die die 24-jährige Frau plötzlich attraktiv erscheinen ließen, denn bis zum Jahre 1324 hatte man wenig Notiz von den beiden Töchtern Ulrichs III. von Pfirt genommen. Als der Graf in diesem Jahr die Augen für immer schloss und die Erbregelung, die man getroffen hatte, erkennen ließ, dass die ältere der beiden Töchter Johanna die gesamten Landgebiete erben würde, rückte diese von einem Tag auf den anderen ins Licht der Öffentlichkeit. Um eventuelle Streitigkeiten der Schwestern zu vermeiden, hatte nämlich die Mutter der Mädchen Johanna von Mömpelgard in kluger Voraussicht die jüngere Tochter Ursula anderweitig abgefunden. In dieser Situation begann man sich allerorts Gedanken zu machen, wem wohl das Rennen um die Hand der reichen Braut gelingen würde. Zwar war zu dieser Zeit noch niemand auf den Gedanken gekommen, dass das »glückliche Österreich« heiraten sollte, anstatt sich auf dem Schlachtfeld Ruhm und Ehre zu holen, da aber die Hauptinteressen der Habsburger damals noch im Westen konzentriert waren, machte Leopold, ein Sohn des 1308 ermordeten Königs Albrecht, seinem jüngsten Bruder Albrecht, der noch unbeweibt