Georg Markus

Tausend Jahre Kaiserschmarrn


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Fälschungsaffäre im Hause Habsburg

       Rudolf der Fälscher, auch der Stifter genannt

       Strafanzeige …

       gegen Herrn Georg Franz Kolschitzky, Cafétier

       »Wir sind der Meinung«

       Die (ganz) große Koalition

       König Ottokars Glück und kein Ende

       oder Wie uns die Habsburger wirklich eroberten

       Von der Hofoper in die Großfeldsiedlung

       Ein Architekt bereut

       »Mundl« beim Kaiser

       Ein Wiener Original verirrt sich ins Spanische Hofzeremoniell

       Ein Tag wie jeder andere

       Der 12. November 1918 im Café Central

       »Ich brauche viel Platz für meine Menagerie«

       Prinz Eugen läßt das Belvedere bauen

       Freud kann Hitler nicht heilen

       Eine Therapie, die die Welt hätte verändern können

       »In meinem Reich geht die Sonne nicht unter«

       Gespräch bei Sonnenuntergang

       Einer wird verlieren!

       Der gütige Kaiser in »Kulis« Fernsehquiz

       Aufregung in der Kapuzinergruft

       Nach dem Grabraub der Mary Vetsera

       »Mir blieb doch was erspart«

       Ein Besuch beim alten Kaiser

       Die Österreich-Operette

       Die Zweite Republik ist kein Operettenstaat. Oder doch?

       Anhang

       Kurzbiographien

       Quellenverzeichnis

      »Sie leben doch im falschen Zeitalter«

       Meine Reise ins Jahr 996

      Was tragen Sie denn für eigenartige Kleidung?« fragte der Herr, der mir an einem Sonntag vor wenigen Monaten in einem Landgasthof im Herzen der Wachau in die Arme lief.

      »Was soll denn an meinem Gewand eigenartig sein?« wunderte ich mich und sah auf meinen einwandfreien Zweireiher hinunter, auf meine Seidenkrawatte und das lederne Schuhwerk. Innerlich mußte ich lachen, denn der Fremde hatte naturfarbene, bis zu den Waden reichende Wollhosen an, einen knielangen Leibrock und Stiefel ohne Absätze. Wenn hier jemand eigenartig gekleidet war, dann war er es, nicht ich. Noch konnte ich nicht ahnen, daß mich die seltsame Begegnung veranlassen würde, eine Zeitreise durch Österreichs tausendjährige Geschichte zu unternehmen.

      Ein Blick auf meine Uhr informierte mich, daß es fünf vor zwölf war. Schön und gut, aber welcher Tag, welcher Monat, welches Jahr?

      »Heute ist der 1. November«, erriet der Herr in Wollhosen meine Gedanken, »der 1. November 996.«

      »Sagten Sie 1996?«

      »Machen Sie keine dummen Witze«, maßregelte er mich. Jetzt erst bemerkte ich, daß ich ins falsche Jahrtausend geraten war. Ich sah mich in der düsteren, notdürftig mit Kienspan beleuchteten Stube um, in der tatsächlich nichts zu mir paßte. Ein paar Tische standen da und primitive Holzschemel, aber keine einzige Espressomaschine.

      Die hübsche Wirtstochter, die herbeieilte, um meine Bestellung aufzunehmen, trug ein ausgeschnittenes grobes Leinenkleid, das um die Taille mit einer Schnur zusammengehalten wurde. Und ihr langes, dunkles Haar war altmodisch geflochten.

      Ich befand mich in der Geburtsstunde Österreichs, man schrieb den 1. November 996. So also sah es damals aus, dachte ich und versuchte die Kluft eines Jahrtausends durch ein paar launige Worte zu überbrücken: »Heut’ ist ein bedeutender Tag für Österreich«, sagte ich.

      »Österreich?« Der Fremde starrte mich mit großen Augen an.

      »Herr Luitpold, ich glaub’, der Gast im Zweireiher ist nicht ganz normal«, flüsterte die Wirtstochter meinem Gegenüber zu.

      »Wart’s ab, Hemma«, nahm mich Luitpold fairerweise in Schutz, weil er mir noch eine Chance geben wollte.

      »Sie meinen wohl Ostarrichi?«

      »Ach, richtig«, bat ich um Verzeihung, »ich bin ja um tausend Jahre jünger als Sie. Ich habe mich in Ihre Zeit verirrt.«

      »Sie sind ein Mensch aus 1996?« Luitpold blieb vor Staunen der Mund offen, und er betrachtete mich fortan als Weltwunder (das ich ja tatsächlich war). Dennoch hätte er mich möglicherweise nicht für verrückt gehalten, wäre nicht just in diesem Augenblick der schrille Pfeifton meines Handys losgegangen. Ich zog es aus der Sakkotasche und sagte »Hallo«.

      »Der ist mit dem Teufel im Bunde«, murmelte die in den Minuten seit meiner Ankunft schreckensbleich gewordene Wirtstochter. Sie wich, während es klingelte, einen Schritt zurück und bekreuzigte sich.

      Mein Chefredakteur war am Apparat. Auf seine Frage, wann er endlich mit meiner nächsten Kolumne rechnen könnte, antwortete ich, daß sie bereits im Computer sei, jedoch nicht auf Hardware, sondern digital auf Diskette. »Okay?« Als er wissen wollte, wie lang die