Lilly Grünberg

Dein, Sein, Mein


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angrenzenden Zimmer befand und warum daraus nicht leise Musik erklang. Es hätte sie ein wenig beruhigt. Trotzdem erschrak sie, als die Stimme so plötzlich zu ihr sprach.

      »Guten Abend Sophie Lorato.«

      Die Stimme war tief, dunkel und so sexy, dass Sophie ein Prickeln überkam. Es war eigenartig, mit vollem Namen angesprochen zu werden. Nicht Frau Lorato oder einfach nur Sophie, nein, Sophie Lorato. Ob sie diesem Umstand eine Bedeutung beimessen sollte?

      Sophie sah in den Spiegel und bemühte sich, nicht erschrocken oder ängstlich auszusehen. Ich bin ich, dachte sie. Aber wie selbstbewusst durfte eine Sub wirken, um trotzdem noch als devot durchzugehen?

      »Vielen Dank, dass Sie bereit sind, mich zu empfangen, Herr«, versuchte sie gleichermaßen höflich seine Begrüßung zu erwidern. »Ich weiß das zu schätzen.«

      »Davon gehe ich aus. Aber halten wir uns nicht lange mit Floskeln auf, sondern kommen gleich zum Grund dieses Treffens. Warum hast du um ein Gespräch mit mir gebeten?«

      Sophie atmete tief durch. Bisher hatte sie sich mit jedem Top geduzt, aber das war im Moment vielleicht nicht angebracht, zumal ihr der strenge Unterton nicht verborgen geblieben war. Eigentlich kannte er den Grund, aber gut, wenn er ihn aus ihrem Mund hören wollte, dann würde sie gehorchen.

      »Ich habe viel über Sie gehört, Herr, und wollte Sie in aller Höflichkeit fragen, ob Sie interessiert sind, mein Dom zu werden.« Verflixt, sie hatte sich besser formulierte Sätze zurecht gelegt. Das lange Warten hatte ihr nicht gut getan.

      Nach kurzem Schweigen antwortete er. »Nun, Sophie, das weiß ich und es ist nicht die Antwort, die ich hören wollte. Du verfolgst mich jetzt schon seit fast einem Jahr. Ich dachte, es wäre vielleicht einfacher, ein klärendes Gespräch zu führen und diese Angelegenheit zuende zu bringen, als dir weiterhin auszuweichen.«

      »Sie sind mir ausgewichen, Herr? Warum?«, fragte Sophie überrascht und hoffte, dass es nicht zu unhöflich war, um eine Erklärung zu bitten. Sie hätte ihn also schon längst treffen können, statt sich auf der Suche verrückt zu machen? Wo waren sie sich begegnet?

      »Du hast mit vielen Tops in dieser Stadt gespielt. Sehr vielen.«

      Es fiele ihr leichter, mit ihm von Angesicht zu Angesicht zu sprechen, als nur mit seiner Stimme konfrontiert zu sein.

      »Das stimmt, ich habe mit vielen gespielt. Aber nur weil nicht der Richtige für mich dabei war. Ich hoffe, das spricht nicht gegen mich?«, fragte Sophie ein wenig verunsichert.

      »Nicht generell, abgesehen von deinem viel zu rasch ersterbenden Interesse. Du hast eine starke Neigung, deine Tops auszuprobieren ohne dir die Mühe zu machen, sie richtig kennenzulernen oder dich anzupassen. Auch Dominanz kann sich entwickeln, indem man sich nach und nach mehr aufeinander einlässt. Erst kommt das Vertrauen, dann die Demut und mit ihr die Lust. Stattdessen wechselst du voller Ungeduld zum Nächsten. Ein netter Verschleiß, das muss man dir echt lassen.« Trotz der glasklaren Kritik klang die Stimme eher belustigt als rügend.

      »Kein einziger von ihnen strahlte wahre Dominanz aus«, setzte Sophie nach und biss sich auf die Unterlippe. Verdammt. Hatte sie sich nicht vorgenommen, sich unterwürfiger zu geben statt zu widersprechen? Sie starrte in den Spiegel und hoffte inständig, dass ihn die Antwort dazu herausforderte, sich selbst als einen Top mit wahrhafter Dominanz zu sehen und beweisen zu wollen.

      »Soso, junge Dame …«

      Überhaupt – was sollte diese Diskussion? Gefiel ihm denn nicht, was er sah? Er war doch auch nur ein Mann, der für weibliche Reize empfänglich sein musste. Davon kam jedoch überhaupt nichts herüber. War sie vielleicht zu artig angezogen?

      »… und was lässt dich glauben, dass ich dominant genug bin, dich zu zähmen?«

      Plötzlich lag Verärgerung in seiner Stimme, als würde sie ihm die Zeit stehlen. Sophie fühlte sich unbehaglich. Das Gespräch verlief nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte, nicht mal ansatzweise. Zumal sie davon ausgegangen war, ihm leibhaftig gegenüber zu stehen und zu sehen, mit wem sie es zu tun hatte. Schließlich wollte sie das absolut Besondere. Einen Mann, der sowohl dominant als auch attraktiv war. Allerdings lag auch ein gewisser Reiz in dem Geheimnisvollen und es erregte sie, dass er nicht einfach zustimmte, sondern nachhakte.

      »Na ja, Herr. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus …«, sie zögerte.

      Wie viel sollte sie ihm von sich selbst erzählen? Von einem zunächst ängstlichen, dann enthusiastischen Neuling hatte sie sich zu einer erfahrenen Expertin weiterentwickelt. Aber der Hype, den sie zu Anfang empfunden hatte, das Kennenlernen verschiedener Spielvarianten, war mit jeder neuen Session, mit jedem neuen Top, immer schneller verflogen und hatte sie süchtig gemacht nach Mehr.

      »Ich suche jemanden, der seine Dominanz nicht nur spielt, nicht nur für einige Stunden herauslässt, sondern lebt. Oder kurz gefasst: Ich suche jemanden, der die personifizierte Dominanz ist«, erwiderte sie schließlich mit klopfendem Herzen. Jedes Wort war wichtig, jede Betonung. Ihr Schoß mahnte sie voller Begierde, ihre Sache gut zu machen, aber die mehr und mehr steigende Erregung war trug nicht dazu bei, sich zu konzentrieren. »Ich brauche jemanden, der mich gekonnt unterwirft, der gerecht, unnachgiebig und streng ist.« Und der zuallererst mal meinen Stolz bricht, der wahre Unterwerfung nicht zulässt, fügte sie in Gedanken hinzu, aber das brauchte er nicht zu wissen. Wenn er gut war, würde er es selbst herausfinden, ohne dass sie es ihm auf die Nase band. Wichtig war jetzt nur noch, ihre Vorzüge hervorzuheben. »Meine Erfahrung ist durchaus von Vorteil. Sie werden es bestimmt erregend finden, mit mir zu spielen, Herr.«

      »Es geht hier um viel mehr, am allerwenigsten jedoch um Erregung«, erwiderte er kalt.

      Worum geht es denn dann, fragte sich Sophie ernüchtert, traute sich aber nicht, das laut auszusprechen. Jedes Widersprechen, jedes Infrage stellen konnte ihr Ziel zunichte machen. Er musste den Eindruck gewinnen, dass es ihr ernst damit war, ihn als ihren Dom anzuerkennen, falls er sie seinerseits für geeignet befand.

      »Nenn mir einen einzigen stichhaltigen Grund, warum ich es mit dir versuchen sollte, und fang nicht wieder mit Banalitäten wie deiner Erfahrung an.«

      Sophie brach der Schweiß aus. So unauffällig wie möglich atmete sie tief durch. Matchball. Nun kam es absolut darauf an, das Richtige zu sagen und es überzeugend rüberzubringen, sonst war die Chance endgültig vertan. Bislang war kein Interesse herauszuhören, aber der Ruf, der diesem Mann vorauseilte, ließ nur einen Schluss zu: er war der Richtige.

      »Sie sind ein Mysterium, Herr, eine lebende Legende. Ein Raunen liegt über der Szene und verkündet, Sie seien der beste Dom in der Stadt.« Am liebsten hätte sie sich ausgezogen, vor dem Spiegel hingekniet und sich ihm nackt dargeboten. Aber das war es nicht, was eine solche Beziehung ausmachte. Falls er ein wahrer Dom war, würde ihn das nicht beeindrucken. Sie durfte nicht zulassen, dass das Adrenalin in ihren Adern ihr Denken lähmte.

      »Lebende Legende? Klingt ein wenig wie gestorben, nun ja, du glaubst also, der beste Dom sei gerade mal gut genug für dich?«, erwiderte er voller Spott.

      »Ja. Äh, nein.« Sophie presste die Lippen zusammen. Sie hatte keine Kontrolle über den Verlauf dieser Unterhaltung und war auf dem besten Weg sich als Idiotin darzustellen.

      Reiß dich zusammen! Er hat es nicht nötig, dich anzunehmen. Er kann jede haben, wenn er will, und es gibt genügend Subs, die sich zehnmal devoter geben als du! Blöde Kuh!

      »Ich – ich finde bei niemandem wahre Befriedigung, Herr. Bisher war einfach niemand stark genug, mich zu zähmen. Alles ist so kurzlebig, so vergänglich …« Sophies Stimme erstarb. Das klang jämmerlich und war mehr als peinlich.

      »Jetzt kommen wir der Wahrheit näher. Ich halte fest: Du stellst deine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund«, meinte er emotionslos.

      »Herr, wenn Sie mich als Ihre Sub akzeptieren, werde ich mich selbstverständlich zurücknehmen und mich vor allem um Sie und Ihre Bedürfnisse kümmern«, antwortete Sophie hastig. »Das ist doch selbstverständlich als Sub.«

      Er sollte keinesfalls den Eindruck