Usch Hollmann

Hallo Änne, hier is Lisbeth ...


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ist, macht Kabarett, u. a. in ihrer Muttersprache Schweizerdeutsch, und tritt als „Lisbeth“ öffentlich und im Funk auf. Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, die immer wieder aufgelegt werden. Sie ist Kulturpreisträgerin des Kreises Steinfurt und lebt in Rheine.

      Vorwort

      „Hallo Änne, hier is Lisbeth …“ – so eröffnete Usch Hollmann jahrelang Samstag für Samstag um 10 Uhr 10 bei radio RST ihre Kolumne – und der Kreis lauschte.

      Vermeintlich locker plauschend, seziert sie als Quasselstrippe den münsterländischen Alltag und hält Männlein und Weiblein mit einer nahezu wollüstigen Wonne am feinen Wort einen Spiegel ganz dicht vor die Nase – sie weiß einfach, wovon sie redet.

      Lisbeth beschäftigt sich mit den Dingen, die uns im Alltag bewegen: „Wo schläft Yvonne ihr neuer Freund? Wieso darf Änne nich Schützenkönigin werden?“

      Lisbeth weiß, wie man die täglichen Klippen meistert. Sie zeigt uns münsterländischen Männern, die wir am Anfang des Jahrtausends zwischen Softie und Macho herumzappen, wo’s langgeht. Und nicht nur im Münsterland haben ihre „Weisheiten“ Gültigkeit – man wird sie auch andernorts verstehen.

      „Unser Lisbeth“ hat längst Kultstatus erreicht. Ein Glück für einen Lokalsender, der auf der Suche nach Comedytalenten auf solch ein Juwel gestoßen ist.

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      Kristof Jünemann

      (ehem. Chefredakteur, radio RST)

      Frohes Fest – danke gleichfalls

      Hallo Änne, hier is Lisbeth. Also dies Jahr muß Weihnachten der absolute Knaller werden, ein Mega-Fest sozusagen. Warum? Weil so oft wie dieses Jahr ham se mir noch nie „Frohes Fest“ oder „Schöne Feiertage“ gewünscht …

      Dat fing schon im November an, so wie se Donnerstag immer schon anfangen mit „Schönes Wochenende“. Dat müßte demnach mittem Deibel zugehn, wenn dat nich ein Ultra-Top-erste-Sahne-Weihnachtsfest wird.

      Müllers Nelli war de erste; wir hatten uns auffem Markt getroffen und ’n kurzes Schwätzchen gehalten. Beim Weggehn drückt se mir de Hand, kuckt mir tief inne Augen und sagt mit schicksalsschwere Stimme: „Is zwar noch etwas früh, aber falls wir uns nich mehr sehen sollten – schöne Feiertage.“

      Die nächste war Anfang Dezember die Verkäuferin im Schuhladen, wo ich mir dicke Pantoffeln gekauft hatte: „Frohe Feiertage.“ Dann die Friseuse nache Dauerwelle: „Frohe Feiertage.“ Ab 2. Adventssonntag ging’s inne Apotheke los: „Frohe Feiertage.“ Dat die einem nich gesunde Feiertage wünschen, liegt auffe Hand. Dann anne Tankstelle: „Frohe Feiertage.“ Und jetzt geht dat Schlag auf Schlag: beim Metzger, beim Bäcker, anne Kasse vom Supermarkt, inne Reinigung, bei de Fußpflege …, und ich sag denn immer: „Danke gleichfalls.“ Beim Kartoffelmann, inne Lottoannahmestelle, im Kaffeegeschäft, „Frohe Feiertage.“ „Danke gleichfalls.“

      Der letzte mit „Frohe Weihnachten“ is immer der Papst auffem ersten Feiertag im Fernsehen. Auffem zweiten Feiertag kommen schon die sich für Witzbolde halten mit „Frohen Rest“ oder „Wünsche frohe Feiertage verlebt zu haben.“ „Danke gleichfalls.“ Und denn natürlich die Neujahrswünsche: „Alles Gute im neuen Jahr.“ „Danke gleichfalls.“ Dat geht so bis Ende Januar mit Variationen: „Hab ich dir schon ein gutes neues Jahr gewünscht? Noch ham wer 335 Tage, und gute Wünsche kann man immer brauchen, hahaha.“ „Danke gleichfalls.“

      Kurz nach Lichtmeß fängt dat an mit: „Is zwar noch etwas früh, aber falls wir uns nicht mehr sehen sollten – Frohe Ostern.“ „Danke gleichfalls.“ Glaubst du, dat wär mir dies Jahr auch nur einmal gelungen, dat ich die erste war mit gute Wünsche? Mir bleibt immer nur „Danke gleichfalls.“

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      Grünkohl und Co.

      … hast dich erkältet? Du hörst dich nach Schnupfen an. Paß gut auf, vor Weihnachten geht der Teufel auf Stelzen. Mußt tüchtig Gemüse essen, gerade in Wintergemüse is viel Vitamin C drin. Unsere Altvorderen wußten dat wohl, warum se im Winter unsere heimischen Gemüse aßen, und zwar mehr Gemüse als Fleischbeilage.

      Unser Oma kochte früher montags, wenn Waschtag und Wintertag war, immer Steckrübeneintopf. Dann wurde ’n Stücksken dicke Rippe mit Zwiebelringe aufgesetzt und vorgekocht und eine Stunde vor Mittag kamen de kleingeschnittenen Steckrüben und Kartoffelstückskes mit in’n Pott und dat schmöttkete dann so langsam vor sich hin. Bisken Pfeffer und Salz dran, feddich! Bei de heutigen Rezepte wird immer noch ’n Becher Sahne mit zugeschüttet, aber dat hat’s früher nich gegeben, Sahne auf ein’m Wochentag. Kein Wunder, dat heute so viele Leute zu dick sind. Nach so ein’m Essen kann man wohl ne Stunde Holzhacken, aber nich ’n halben Tag in’n Computer glotzen.

      Wat mochte unser Papa unsere westfälischen Spezialitäten gern: Leberbrot und Wurstebrot mit gedünstete Apfelscheiben. Oder Buchweizenpfannekuchen mit Speckfenster, Preiselbeeren und Schwarzbrot, hmm! Und Bratkartoffeln mit Topfsülze! Und denn die ganzen Kohlsorten: Kohlrouladen mit dicke braune Tunke oder Rosenkohl und natürlich Grünkohl, wenn’s gefroren hat. Wat? Ja, da muß einmal der Frost drüber gewesen sein, dat die Bitterstoffe raus sind. Und denn: viel Grünkohl, wenig Kartoffeln und noch weniger Wurst oder höchstens ’n Stücksken Speck mit bei. Nach sowat kricht man Heimweh inne Ferne. Und nich nach dem, wat se heute manchmal inne Gaststätten auffe Speisekarte ham: Grünkohltopf aus dem Ofen, mit einer Ananasscheibe und herzhaftem Käse überbacken! Ja, wat denn noch?

      Hummerwochen im Gourmet-Tempel

      … Änne, ich kann jetzt mitreden, wenn vonne gehobene Gastronomie de Rede is: Vorgestern hab ich dat erste Mal in mein’m Leben Hummer gegessen. Wieso? Dat hat mit Größenwahn nix zu tun. Yvonne ihren neuen Freund wollte sich vonne beste Seite zeigen und hat uns alle in ein’n Gourmet-Tempel eingeladen. Änne, dat muß man ja mal mitgemacht haben, wie dat bei vornehme Herrschaften zugeht!

      Schon am Eingang stürzten se sich mit drei Mann auf uns, nahmen uns de Mäntel ab und geleiteten uns an einen großen, rosa gedeckten Tisch, wo ’n rosa Schild drauf stand: RESERVIERT. Alles andere war auch rosa, de Servietten, de Kerze, de künstlichen Blumen.

      Ein Ober kam und machte de rosa Kerze an und brachte uns de rosa Speisekarte. Da dacht ich schon, der Abend wär für mich gelaufen, weil ich feststellen mußte, dat ich meine Lesebrille vergessen hatte. Aber sowat is in ein’m besseren Lokal heutzutage kein Problem mehr: Ein anderer Ober brachte mir ein rosa Etui mit acht Brillen drin, alle mit dunkelrosa Gestelle, aber mit unterschiedliche Sehstärken. Konnt ich mir eine aussuchen.

      Dat hat mich tief beeindruckt, und konnt