Usch Hollmann

Hallo Änne, hier is Lisbeth ...


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man sich zu Weihnachten doch gut auch ’n paar Euro mit verdienen können …

      Kinder, Küche, Kirche

      … ich komm grad von Anton und Kathrina, ich kann dir sagen – da war wat los! Ehekrach! Wegen diesen Internationalen Frauentag. Wat dat für’n Blödsinn wär, sagt Anton. Den sollten se man in den Ländern feiern, wo Frauen noch wie Leibeigene gehalten würden, wat weiß ich, wo dat is, aber doch nich in diesem unserm Lande, wo’s den Frauen so gut geht wie nirgends sonst. Überall dürften se mitmischen, wenn se dazu inne Lage wären, und sie sollten sich doch nich von ein’m Rudel wildgewordene Emanzen verrückt machen lassen, die de Frauen bloß gegen de Männer aufwiegelten wegen nix und wieder nix. Kathrina sagt, wenn er schon so anfängt, dann brauchten se gar nich diskutieren, aber: „Dat laß dir man gesagt sein, mit diese berühmten drei K’s, wo ihr Männer uns immer mit abspeisen wollt, da is jetzt allmählich Schluß mit.“ Ob die neuen drei K’s denn besser wären, wo die Frauen sich jetzt mit beschäftigen: Kaffeekränzchen, Klamottenkaufen, Kalorienzählen? „Typisch Mann“, sagt Kathrina, et gäb wohl noch ein paar andere K’s: Kunst, Kultur, Karriere.“ „Sicher“, sagt Anton, „warum nich Karneval, Kartenspielen, Kaninchenzüchten?“ „Bloß dat nich“, sagt Kathrina, dat wären ja genau die Sachen, wo Männer nun echte Experten wären, dat wollten wir ihnen nich streitig machen, womöglich stellt sich nämlich auch da mitte Zeit raus, dat Frauen dat genauso gut können, wenn nich besser, und dann krichten de Männer Depressionen, dat wollten wir nich verantworten, aber sie könnten uns ja ruhig mal mitreden lassen, sagen wir mal bei ne Krisensitzung oder bei ne Kernkraftkonferenz oder dat mal ne Frau mit ins Konklave darf, aber dat würden de Männer ja nich zulassen, und darum gäb’s auch so viel Krieg, Korruption und Katastrophen.

      Da war erstmal Ruhe. Anton suchte nämlich verzweifelt nach neue K’s, aber da schlug Kathrina noch mal zu: Männer hätten im Grunde nix im Kopp als Kabelfernsehen, Kegelausflug und Ko …, dat wollte sie in Gegenwart vonne Kinder nich aussprechen.

      Anton sagte: „Laß mich in Ruhe mit dein’m Keifen, da kricht man ja Kopfschmerzen von“. „Ein Hohlraum kann gar nicht wehtun“, sagt Kathrina, und da ging Anton inne Kneipe. Und jetzt ham die ne Krise, aber dat kommt in den besten Familien vor … Und selbstverständlich geht Kathrina nach alle Veranstaltungen, die’s so rund um den Internationalen Frauentag gibt, jetzt extra! Mal sehen, sagt se, ob man nich de männliche Kraftmeierei ein bißken weibliche Klugheit, Kompetenz und Kreativität entgegensetzen kann.

      Plattdeutsche Schimpfwörter

      Hallo Änne, hier is Lisbeth. Ich wollt dir bloß sagen, dat du gestern wat verpaßt hast – wir waren mit unser Tant’ Thea in Münster. Die wollte unbedingt kucken, ob se im Ausverkauf ’n Paar schwarze Schuhe kricht für Best oder wenn se mal nache Beerdigung muß, aber dat stand von Anfang an unter kein’m guten Stern.

      Kannst dir ja wohl vorstellen, auf ein’m Freitag in Münster und denn im Schlußverkauf! Bei uns sind de Straßen ja schon voll, aber so inne Großstadt, wenn’s grade Geld gegeben hat …

      Natürlich kein Parkplatz, wat sind wir rumgegurkt! Kathrina am Steuer und unser Tant’ Thea als Steuerberater daneben. Schließlich hatten wir denn doch einen, also ab in den nächsten Schuhladen, aber natürlich gab dat nich den schwarzen Schuh für Best, den unser Tant’ Thea sich vorgestellt hatte. Und denn möglichst für 30 Euro.

      Wurde se schon knötterig, ham wer se ins Café geschleppt, da paßte ihr der Platz nich anne Heizung und der Kaffee war zu schlapp und der Kuchen nich mit gute Butter, wie sich dat für Butterkuchen gehört … Tant’ Thea sagt: „Bloß nach Hause, geh mir doch weg mitte Großstadt …“

      Wir also unverrichteter Dinge zum Auto, satt Parkgebühren bezahlt und denn Richtung Heimat.

      Tant’ Thea müde und gräsig, mischt sich in Kathrina ihre Fahrkünste und macht se nervös, die wurde auch brastig und fuhr se irgendwann bei Dunkelgelb, sprich bei Rot über ne Ampel. Und kurz drauf werden wir doch tatsächlich von ein’m Polizeiauto gestoppt: „Kann ich mal Ihren Führerschein sehen? Ist Ihnen aufgefallen, daß Sie bei Rot über die Ampel gefahren sind?“

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      Ein ganz blutjunger Polizist kramt sein Apparätken raus und will eben anfangen zu tippen, da legt unser Tant’ Thea los: Es wär noch Gelb gewesen, dat wüßte sie genau, und wenn er Rot gesehen hätte, dann läg dat daran, dat er Tomaten auffe Augen hätte …

      Sagt der Polizist, sein Kollege wär Zeuge und Tant’ Thea sollt sich in ihre Wortwahl mäßigen …

      Änne, da war der ja bei unser Tant’ Thea inne falsche Bucht gelandet – seit meine Kinderzeit hab ich die nich mehr so schimpfen gehört und alles auf platt:

      „Du Schnösel, du Quickelpinn, du Riäkel, du halbgebakkenen Piesepampel, du Buschkenbengel, Himphamp, dat du büs, du Sissemännken, du Unducht, du Tortkopp, du Ülk, du …“

      Ich sag: „Tant’ Thea, halt den Mund, dat gibt ne Klage wegen Beleidigung“, aber die war ja nich zu bremsen …

      „Du unwiesen Schmachtlapp, du verdreihte Üessel, du niegenkloge Pogge, laot Di nich bi us to Huuse blicken, ik smiet die inne Meßfall …“

      Da hab ich ihr den Mund zugehalten. Und der Polizist? Der kuckt unser Tant’ Thea ganz entzückt an:

      „Nä, wat schön! Wat häb ik dat lange nich hört! Genauso hew usse Oma immer met mi schaffuttert.“

      Änne, wat soll ich dir sagen, der hat uns fahrenlassen, ohne Strafmandat! Die Sonne hätte schräg gestanden, könnte wohl sein, dat noch so eben Gelb war …, und seine Oma hätte immer noch gesagt: „Du minn’n Möppel und du Ossenkopp!“ Keine Beleidigungsklage, nix! Wat ham wir gelacht! Tant’ Thea sagt, jetzt hätte se sich den ganzen frustigen Nachmittag mit Hilfe vonne plattdeutschen Schimpfwörter vonne Seele geschimpft, jetzt ging’s ihr wieder gut. Und wir ham auffe Heimfahrt laut gesungen: „Und de junge Dorfpolizist kricht ne Karre voll Rindermist von usse Herrn Pastor siene Kauh, jau! Sing man tau, sing man tau …“

      Rosen, Tulpen, Nelken

      … Änne, ich muß mir eben de Lachtränen abwischen! Hör mal zu, kommt dir dat irgendwie bekannt vor?

      „Wenn du einst in späten Jahren, dieses Album nimmst zur Hand, denk daran, wie froh wir waren auf der kleinen Schülerbank. Dies schrieb Dir zur Erinnerung Deine Freundin Änne.“

      Nä, da is nix zum Lachen dran, dat is rührend, aber wat sonst in mein altes Poesie-Album steht … Ich hab dat rausgesucht fürs Klassentreffen und schon mal ’n bisken durchgeblättert, dat is ja ne Fundgrube. Hier zum Beispiel:

      „Rosen, Tulpen, Nelken, alle drei verwelken, nur die eine Blume nicht, welche heißt Vergißmeinnicht. Gedenke oft an Deine Banknachbarin Ingrid.“

      Oder hier, von Anita, die heute in Holland lebt:

      „Liebe Lisbeth, werde alt, bis die Welt in Stücke knallt.“

      Und Doris schreibt:

      „Dein schönstes Kleid sei Güte und Bescheidenheit. Die Reinlichkeit sei Deine Freude, die ziert Dich mehr als Gold und Seide.“

      Wat für große Worte für so elfjährige Dötzkes, die wir damals waren! Erinnerst du dich an Helga? Die schrieb immer wat von Goethe.

      „Das Leben ist ein Kampf. Liege!“

      Dat sollte wohl „Siege“ heißen, aber in ihre Kinderschönschrift mit Schnörkel sieht dat S wie ’n L aus.

      Ich hab auch immer wat von Goethe genommen, wenn ich jemand ins Album schreiben durfte oder mußte: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“ Kurz und bündig, aber von Goethe. Mit Goethe kannste nix verkehrt machen.

      Müllers