Summe werden wir in Kürze zusammen haben, damit Sie’s nur wissen.«
»Wer trägt dafür Sorge, daß dieses Geld die Bedürftigen auch wirklich erreicht?« wollte die Detektivin wissen und sah »Robin Hood« streng an. »So viel Geld ist eine große Versuchung, junger Mann. Wer sagt mir, daß Ihre angebliche Hilfsaktion nichts als ein neuer Trick ist, um an viel Geld zu kommen?«
»So können wirklich nur Leute wie Sie reden!«
»Brother Tuck« trat vor und baute sich drohend vor Agatha Simpson auf. »Das mag ja in Ihren Kreisen üblich sein, da sind Betrügereien und Korruption an der Tagesordnung, aber unterstellen. Sie so was gefälligst nicht uns!« Er maß die ältere Dame mit flammenden Blicken und ballte unwillkürlich die schweren Fäuste.
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet, junger Mann: Wer sorgt für die Verteilung des Geldes?« ließ sie nicht locker und musterte unbeeindruckt den vor ihr stehenden zornigen »Brother Tuck«, der über eine beeindruckende Figur verfügte.
»Ein Komitee, das eigens zu diesem Zweck gebildet wurde«, antwortete »Robin Hood« anstelle seines Mitstreiters. »Sie können sicher sein, daß das Geld auch wirklich dahin kommt, wo es gebraucht wird.«
»Papperlapapp, ich werde mich mit Mister Parker beraten und dann noch mal zurückkommen, falls ich weitere Fragen an Sie habe«, verkündete die Detektivin und zog sich zur Tür zurück. »In der Zwischenzeit können Sie darüber nachdenken, was Sie mir erzählen wollen.«
»Gar nichts werden wir Ihnen erzählen. Wir denken nicht daran, mit dem Klassenfeind zu kooperieren«, fauchte der Pseudo-Robin Hood. »Außerdem werden wir hier gegen unseren Willen festgehalten.«
»Sie können nach dem Frühstück jederzeit gehen«, versprach Parker nochmal. »Obwohl die Herren sich gut überlegen sollten, ob das für Sie überhaupt das ist, was man gemeinhin einen Vorteil nennt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Brother Tuck« sah den Butler nachdenklich an und runzelte die Stirn.
»Möglicherweise weiß Ihre Bande inzwischen, wo die Herren sich aufhalten«, erklärte Parker gemessen. »Man wird sich sicher fragen, welche Aussagen Sie hier gemacht haben.«
»Aber wir haben doch nichts verraten, das wissen Sie doch selbst!« empörte sich »Robin Hood« umgehend. »Und unsere Kameraden wissen ganz genau, daß keiner von uns ein Sterbenswörtchen über die Organisation sagen würde; das haben wir uns gegenseitig geschworen.«
»Du lieber Himmel, sind Sie naiv, junger Mann!« Agatha Simpson lachte dröhnend und sah ihr Gegenüber kopfschüttelnd an. »Ihre Leute werden natürlich glauben, Sie hätten aus der Schule geplaudert, das ist doch wohl sonnenklar.«
»Aber das haben wir doch nicht!« Auch »Brother Tuck« zeigte sich entrüstet und verstand nicht, worauf die Hausherrin hinauswollte.
»Möglicherweise zieht man es vor, die Herren trotzdem aus sogenannten Sicherheitsgründen aus dem Verkehr zu ziehen – ein Verfahren, das in der Unterwelt in solchen Fällen durchaus üblich ist«, gab Parker zu bedenken.
»Wir sind doch keine Banditen! Was denken Sie denn von uns? Nein, das ist völlig ausgeschlossen. Wir vertrauen einander«, verkündete »Robin Hood«, aus dessen Stimme deutlich eine Spur von Unsicherheit klang.
»Jedenfalls wünscht man viel Glück, wenn die Herren nachher das Haus verlassen«, schloß Parker das Thema ab. »Soweit meine bescheidene Wenigkeit beobachten konnte, ist Myladys Anwesen seit einiger Zeit von Angehörigen Ihrer Organisation umstellt, die sich freuen werden, Sie wieder unter sich haben zu dürfen.«
»Tatsächlich, Mister Parker?« staunte die Detektivin umgehend. »Weshalb erfahre ich erst jetzt davon?«
»Die diversen Belagerer machen im Augenblick einen mehr oder weniger passiven Eindruck, so daß meine bescheidene Wenigkeit keine Veranlassung sah, Mylady deshalb zu stören. Mit echten Aktivitäten dürfte erst zu rechnen sein, wenn Myladys Gäste das Haus verlassen wollen.«
»Sie meinen, man wird versuchen, sie umzubringen?« erkundigte sich die Detektivin stirnrunzelnd. »Nun ja, es sollte mich nicht wundern, Mister Parker!«
*
»Diese Lümmel können mir keinen Sand in die Augen streuen, Mister Parker, mir macht man kein X für ein U vor!« verkündete Agatha Simpson in der großen Wohnhalle und ließ sich auf ihrem Lieblingssofa nieder.
»Mylady sind in der erfreulichen Lage, sich bereits ein Bild von dem vorliegenden Fall machen zu können?« erkundigte sich Parker gemessen, während er seiner Herrin einen sogenannten Kreislaufbeschleuniger servierte, um ihre angegriffene Gesundheit durch entsprechende Präventivmaßnahmen zu stärken.
»Das ist doch alles nur Theaterdonner, Mister Parker. Darauf fällt eine Lady Simpson nicht herein!« grollte sie und leerte ihr Glas erstaunlich routiniert. »Nein, nein, Mister Parker, das ist nur ein neuer Dreh, um andere Leute ausnehmen zu können. Diese Strolche haben sich nur einen fadenscheinigen Vorwand für ihre Raubzüge geschaffen, weiter nichts.« Sie nickte energisch und wußte wieder mal genau, daß sie recht hatte und der Fall so gut wie gelöst war.
»Mylady pflegen wie stets sicher alle Möglichkeiten ins Kalkül zu ziehen«, ließ sich Parker gemessen vernehmen. »Deshalb fragen sich Mylady möglicherweise, ob man die jungen Leute nicht nur ausnutzt und ohne deren Wissen zu kriminellen Zwecken mißbraucht.«
»Ich habe mich schon gefragt, wann Sie endlich darauf kommen würden«, verkündete die ältere Dame und übernahm ungeniert Parkers These als ihre eigene. »Man soll sich nie vom ersten Anschein täuschen lassen, Mister Parker! Meine Intuition sagt mir, daß die enthusiastischen jungen Menschen von skrupellosen Kriminellen nur mißbraucht werden, aber zum Glück gibt es noch eine Lady Simpson, die für klare Verhältnisse sorgen wird.«
»Mylady haben sich noch nie täuschen lassen und werden jeden noch so raffinierten Plan offenlegen«, wußte Parker. »Auch die Aktion ›Robin Hood‹ ist deshalb zwangsläufig zum Scheitern verurteilt.«
»Obwohl sie mir vom Grundgedanken her nicht schlecht gefällt, Mister Parker«, überlegte die Detektivin und lächelte dabei schadenfroh. »Ehrlich gesagt, einigen der Opfer gönne ich ihre Verluste durchaus.«
»Wobei, abgesehen von dem eindeutig kriminellen Vorgehen bei dieser Art Spendensammlung, zu bemängeln ist, daß damit keinesfalls den Bedürftigen geholfen wird, Mylady.«
»Richtig, Mister Parker, aber zum Glück habe ich mich eingeschaltet. Ich werde diesen Banditen ihre Beute abjagen und dafür Sorge tragen, daß sie an die richtige Adresse gerät.«
»Was ohne die Zustimmung ihrer rechtmäßigen Eigentümer nicht unbedingt den Anforderungen bestehender Gesetze und Vorschriften entsprechen dürfte«, wandte Parker höflich ein und deutete eine leichte Verbeugung an.
»Ich werde dafür sorgen, daß diese Zustimmung vorliegt, Mister Parker«, grollte sie. »Ich werde eine Provision für die Wiederbeschaffung der Beute fordern und diese dann nach Abzug meiner eigenen Unkosten selbstverständlich entsprechenden Organisationen zukommen lassen.«
»Myladys soziales Engagement ist nicht genug zu rühmen«, zollte Parker dem Vorwand seiner Herrin Applaus. »Wahrscheinlich erwägen Mylady sogar, die sogenannte Wiederbeschaffungsprämie in voller Höhe weiterzureichen.«
»Nun ja, Mister Parker, warum eigentlich nicht? Meine Unkosten kann ich mir ja auch von den Banditen ersetzen lassen, ich muß schließlich auch rechnen, denn meine Vermögenslage erlaubt mir keine großen Sprünge, wie Sie wissen.«
»Um so bewundernswerter, wie uneigennützig und ohne Rücksicht auf die dabei anfallenden Kosten sich Mylady einsetzen«, lobte Parker ungeniert und verbeugte sich erneut.
*
»Genieren Sie sich nicht, treten Sie hinaus in die Freiheit«, forderte Parker die unfreiwilligen Gäste des Hauses auf, die sich allerdings – nun, da sie endlich gehen durften – merkwürdigerweise ein wenig zierten.
»Wenn