»Frauen in guten Stellungen.« Kathy Porter nahm diesen Faden auf. »Was kann man sich darunter vorstellen?«
»Fünf Frauen wurden bisher terrorisiert, Miß Porter«, schickte der Butler voraus. »Zwei von ihnen wurden in Garagen überfallen. Alle betroffenen Personen sind leitende Angestellte in Behörden oder Privatfirmen.«
»Und wie kam es zu dieser Bezeichnung, Mister Parker?«
»Die kriminelle Person stellte sich in allen Fällen als Frauenjäger vor. Am Telefon, aber auch in den jeweiligen Garagen. Er legte eindeutig Wert darauf, sich so zu bezeichnen.«
»Ein Geistesgestörter«, ließ die passionierte Detektivin sich erneut vernehmen. »Anders kann ich mir sein Verhalten nicht erklären.«
»Mister McWarden geht davon aus, daß der sogenannte Frauenjäger mit Sicherheit noch weitere Frauen belästigt hat, die sich aber aus Angst und Scham nicht gemeldet haben.«
»Damit hat er meine Ansicht übernommen«, behauptete Lady Agatha triumphierend.« Inzwischen habe ich bereits zwei Subjekte, die als Frauenjäger in Betracht kommen könnten. Ist es nicht so, Mister Parker?«
»In etwa durchaus«, gab der Butler höflich, aber mehr als vage zurück, »Die Herren Stiller und Wilmings machten im Gegensatz zu dem Frauenjäger allerdings eindeutig Beute.«
»Um Spuren zu verwischen«, mutmaßte die ältere Dame umgehend. »Man kennt doch diese Verwirrspiele.«
»Wo stecken die beiden Kerle jetzt?« wollte Mike Rander wissen. »Sie gehören doch hinter Schloß und Riegel.«
»Sie halten sich abrufbereit bei einer Person auf, die in Myladys Schuld steht«, entgegnete der Butler. »Sie werden dort so lange festgehalten, bis geklärt ist, daß sie ihre Opfer nicht verletzt haben. Die Beute wird man Chief-Superintendent McWarden zuspielen.«
»Ich will mal richtig neugierig sein, Parker«, schickte Mike Rander voraus. »Welche Person kümmert sich jetzt um die beiden Kerle?«
»Mister Horace Pickett war so entgegenkommend, für eine standesgemäße Unterbringung zu sorgen«, erwiderte der Butler. »Man muß davon ausgehen, daß die Herren Stiller und auch Wilmings möglicherweise mehr über den Frauenjäger wissen, als sie bisher zu erkennen gaben.«
»Mir ist da gerade eine Idee gekommen«, ließ Agatha Simpson sich plötzlich vernehmen, worauf Kathy Porter und Mike Rander leicht zusammenzuckten. Parker hingegen zeigte keine Reaktion.
»Ich werde mich wieder mal als Lockvogel anbieten«, erklärte die ältere Dame begeistert. »Ich werde mich in einigen Garagen zeigen und den Frauenjäger anlocken. Was halten Sie davon, Mister Parker?«
»Mylady haben vor, sich bis zur Selbstaufgabe einzusetzen.«
»So sehe ich das auch«, pflichtete sie ihm bei. »Aber man muß schließlich Opfer bringen. Suchen Sie mir eine hübsche Tiefgarage aus, Mister Parker.«
»Wie Mylady zu wünschen geruhen.« Der Butler deutete eine Verbeugung an. Er war erfahrungsgemäß durch nichts zu erschüttern.
»Er wird sein blaues Wunder erleben, wenn er mich anfällt«, prophezeite sie. »Ich werde aber sicherheitshalber noch einen Blick in das Astrologie-Handbuch werfen.«
»Danach müssen Mylady für heute noch mit Überraschungen rechnen«, erinnerte der Butler.
»Bis Mitternacht«, schränkte sie ein. »Wie meine Bestrahlung danach ist, wird sich noch zeigen.«
*
Parker saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und hatte Shepherd’s Market hinter sich gelassen. Ihm kam die nächtliche Ausfahrt durchaus gelegen, denn er ging davon aus, daß James Falconer aktiv war. Der Gangster vermißte inzwischen immerhin vier von seinen Mitarbeitern. Zwei durften sich als Myladys Gäste betrachten, die beiden anderen Männer hielten sich im Brunnenschacht auf.
Parker wunderte sich also überhaupt nicht, daß sich bereits Verfolger zeigten. Sie hatten auf der Durchgangsstraße vor dem ausgedehnten Grundstück des altehrwürdigen Hauses gewartet und folgten hartnäckig.
Es handelte sich um einen Toyota, in dem sich drei Männer befanden. Falconer unternahm also einen weiteren Versuch, an Mylady und ihn heranzukommen. Dieser Gangster brauchte unbedingt ein schnelles Erfolgserlebnis, um sein erschüttertes Selbstvertrauen wieder aufpolieren zu können.
»Habe ich Ihnen schon gesagt, wie meine Bestrahlung ab Mitternacht aussehen wird, Mister Parker?« erkundigte sich Lady Agatha. Breit und entspannt saß sie im Fond des Wagens. Da die Trennscheibe versenkt war, konnte sie sich ohne die Bordsprechanlage mit Parker unterhalten.
»Mylady machten bereits einige Andeutungen«, erwiderte der Butler und warf einen Blick in den Rückspiegel. Der Toyota hatte sich etwas zurückfallen lassen, folgte jedoch nach wie vor.
»Jemand wird versuchen, meine Position zu untergraben, Mister Parker«, zitierte sie aus dem Gedächtnis. »Ich darf einem Unbekannten auf keinen Fall vertrauen und muß mit Konflikten rechnen, die aber zu meinen Gunsten ausgehen werden.«
»Eine ungemein eindeutige und präzise Warnung, Mylady.« Parkers Stimme klang neutral.
»Dieses Handbuch ist einmalig gut«, lobte sie ihren Kauf. »Sie denken aber hoffentlich nicht, daß ich abergläubisch bin, Mister Parker, wie?«
»Auf keinen Fall, Mylady«, lautete Parkers spontane Antwort.
»Was ich mir aber auch ausgebeten haben möchte«, redete sie munter weiter. »Für mich zählt allein der kühle Verstand.«
»Wie Mylady ununterbrochen unter Beweis stellen.«
»Das ist richtig.« Sie nickte nachdrücklich. »Haben Sie sich inzwischen für eine hübsche Tiefgarage entschieden?«
»In der City gibt es einige Garagen dieser Art, Mylady, die bis in die frühen Morgenstunden frequentiert werden.«
»Solche Frauenfallen sollten eigentlich abgeschafft werden«, ärgerte sie sich und fand ein neues Thema. »Die unterirdischen Abstellplätze sind durchweg zu schlecht beleuchtet. In den meisten Fällen fehlt auch so etwas wie Wachpersonal. Ich kann Frauen sehr gut verstehen, die sich nicht in diese Garagen trauen.«
»Was auch durchaus für manche Männer gilt, Mylady.«
»Hinter jedem Pfeiler, hinter jedem Wagen kann der Täter lauern.«
»Die Betreiber der Garagen dürften die Personalkosten für Wachleute fürchten, Mylady.«
»Dann muß so etwas eben per Gesetz geregelt werden«, meinte die ältere Dame. »Ich werde mich darüber mal mit meinem Abgeordneten unterhalten. Erinnern Sie mich daran.«
»Mylady werden übrigens verfolgt«, meldete der Butler.
»Ich wußte es«, meinte sie und nickte wohlwollend. »Der Frauenjäger ist mir bereits auf der Spur.«
»Es handelt sich um drei Verfolger männlichen Geschlechts, Mylady.«
»Irgendwie ahnte ich es gleich, daß es hier um mehrere Frauenjäger geht, Mister Parker.«
»Mylady wünschen die drei Männer zu stellen?«
»Selbstverständlich, Mister Parker. Der gute McWarden wird sich wundern, wenn ich ihm zum Frühstück den gelösten Fall präsentiere. Es hat sich also bereits jetzt gelohnt, daß ich mich als Köder angeboten habe.«
Parker war auf keinen Fall leichtsinnig und überschätzte seine Möglichkeiten nie. Man hatte es mit drei Verfolgern zu tun, die mit Sicherheit professionelle Schläger waren. Er mußte sicherheitshalber davon ausgehen, daß sie sogar Schußwaffen trugen und den Auftrag hatten, sie auch zu benutzen. Er durfte Mylady auf keinen Fall in Gefahr bringen.
So entschloß er sich zu einem neuen Verfahren, um die Verfolger außer Gefecht zu setzen. In diesem Zusammenhang kam ihm die intime Kenntnis der City von London zugute. Er wußte genau, wie er die Verfolger verunsichern