Regina Mars

Sexy Versager


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       Inhaltsverzeichnis

      1. Die Abenteuer von Bengalo Stutenknaller

      2. Brötchen verdienen

      3. Jute Jecken

      4. Wettsaufen

      5. Äh …

      6. Reue, zu spät

      7. Party!

      8. Schlechter Sex

      9. Mehr schlechter Sex

      10. Gemeinsam

      11. Oscar

      12. Notruf

      13. Wettrennen

      14. Gute Taten

      15. Romantik

      16. Ein schwerer Gang

      17. Sonntagsessen

      18. Böller bauen

      19. Kallenbroich

      20. Spazierengehen

      21. Märzen-Anstich

      22. Nachwirkungen

      23. Aufwärts

      24. Mareks neues Leben

      25. Drei Worte

      26. Friedlich

       Impressum

      Sexy Versager

      Text Copyright © 2016 Regina Mars

      Alle Rechte am Werk liegen beim Autor.

      Regina Mars

      c/o

      Papyrus Autoren-Club,

      R.O.M. Logicware GmbH

      Pettenkoferstr. 16-18

      10247 Berlin

       [email protected]

       www.reginamars.de

      Alle Rechte vorbehalten

      Umschlagbild und Umschlaggestaltung: Regina Haselhorst

      Illustration Copyright © Regina Haselhorst

       www.reginahaselhorst.com

      1. Die Abenteuer von Bengalo Stutenknaller

      »Junge, jetzt sei doch mal fröhlich.«

      »Nein.«

      Ben versuchte, mit der rechten Hand das Zigarettenpapier aus der winzigen Box zu ziehen, während er mit der linken sein Handy ans Ohr hielt. Klappte nicht. Also klemmte er das Ding zwischen Schulter und Kopf, eine Haltung, die nicht nur wehtat, sondern auch so wackelig war, dass das Display schon drei Sprünge davongetragen hatte.

      Immerhin konnte er so Tabak aus der Packung rupfen. Die blaue Packung mit dem Foto, das er beim ersten Hinsehen für den Arsch einer Kuh gehalten hatte, die gerade furzte. Aber bei genauerer Betrachtung erkannte er es: Das schwarze Loch in der Mitte saß im faltigen Hals eines alten Mannes, nicht in einem Kuhhintern. »Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit«, las er. Und anscheinend verursachte es Halslöcher.

      »Junge, hörst du mir überhaupt zu?«

      Was?

      »Ja klar, Mutti.«

      »Nein, tust du nicht.« Sie klang todunglücklich. Wie immer, wenn sie mit ihm sprach. »Und du wirst nie auf mich hören. Du … dir ist ja egal, dass du uns hier zurücklässt. Ganz allein bin ich. Aber das stört den feinen Herrn ja nicht.«

      »Wieso allein?«, knurrte Ben. »Andreas und Carolin wohnen doch noch bei euch und …«

      »Carolin hat morgen einen Auftritt!« Mit einem Mal war seine Mutter wieder heiter wie ein Sommertag. »Hast du gehört? Im Gemeindehaus, mit der ganzen Truppe. Wir gehen alle hin. Willst du nicht auch kommen? Du hast es ja nicht so weit. Und an Karneval kannst du dir doch frei nehmen.«

      »Mutti, bis Kallenbroich brauch ich sechs Stunden. Minimum.«

      »Du hättest ja nicht so weit wegziehen brauchen«, zischte sie. »Du hattest doch alles hier: deine Eltern, deine Geschwister, deine Freunde … na, Freunde nicht, aber wenigstens Bekannte. Hättest nur ein bisschen glücklicher sein müssen, dann hättest du dich auch wohler gefühlt …«

      Bens Gedanken schweiften ab. Er wusste eh, was jetzt kam: Ein Vortrag darüber, was für eine dumme Idee es gewesen war, nach Hamburg zu ziehen. Dass in der Heimat alles besser war. Dass er verdammt nochmal endlich ein bisschen lachen sollte, weil seine Mutter nicht glücklich sein konnte, wenn eines ihrer Kinder unglücklich war.

      Er wusste ja auch nicht, was mit ihm nicht stimmte. Resigniert zündete er die schief gedrehte, murkelige Zigarette an und betrachtete sich in den beiden ausgeschalteten Bildschirmen: zu mager, zu mürrisch, zu blass. Die schwarzen Haare waren ungeschnitten und der graue Pullover hing von seinen knochigen Schultern wie ein leerer Mehlsack. Immerhin war er jung, was ihm in Hamburg ein paar Dates eingebracht hatte. Aber sobald die Kerle herausfanden, was er sonst noch für Probleme hatte, meldeten die sich auch kein zweites Mal.

      Ben seufzte und nahm einen tiefen Zug. Wenn er aussähe wie dieser dämliche Marek aus seinem Studiengang, würden sich die Männer um ihn reißen, das war klar. Nur wollte er nicht aussehen wie der. Wie ein geleckter Anwaltssohn oder so. Immer gebügelt und geschniegelt und …

      »… weiß auch nicht, was mit dir los ist, Junge«, sagte seine Mutter gerade. Ihre Stimme wurde immer schriller. »Du machst das doch mit Absicht! Du … du willst mich doch unglücklich machen!«

      »Will ich nicht, Mutti«, murmelte Ben. »Mach ich nur irgendwie.«

      »Ach, hör doch auf! Wenn du dir einmal Mühe geben würdest … Wenn du einmal versuchen würdest, ein glücklicher Mensch zu sein und die Sonne in dein Herz zu lassen …« Sie wurde poetisch, ein sicheres Zeichen dafür, dass das Gespräch gleich beendet sein würde. Ben wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Also rauchte er. »Ach, du hörst ja doch nicht. Du willst gar nicht hören! Ich … ich lege jetzt auf.«

      »Mach's gut, Mutti.«

      Ben hörte ein Klicken und fühlte sich ungefähr fünfhundert Kilo schwerer. Dabei wog er nicht mal siebzig. Bei starkem Wind hatte er Probleme, sich auf dem Bürgersteig zu halten und Hamburg war verdammt windig.

      Aber das sonntägliche Telefonat mit seiner Mutter hatte immer diese Wirkung auf ihn. Diese beschwerende Wirkung. Als wären ihre Worte Blei, die durch sein Ohr krochen und sich in seiner Brust festsetzten. Mist, jetzt wurde er poetisch. Das konnte kein gutes Zeichen sein.

      Ben erhob sich von seinem Schreibtischstuhl. Verlangend sah er auf die ausgeschalteten Bildschirme. War noch Zeit … Nein, war nicht. Er musste los, zur Arbeit. Sonntagszulage und so. Jetzt, wo die Klausurphase vorbei war, musste er sich um seine Finanzen kümmern. Seine wirklich sehr trostlosen Finanzen.

      »Benni!« Nora klopfte an die Tür, die er wohlweislich abgeschlossen hatte. »Benniii!«

      Aus dem Klopfen wurde ein Hämmern. Er drehte den Schlüssel im Schloss und riss die Tür auf.

      »Was?«, blaffte er.

      »Benniii!« Seine Mitbewohnerin strahlte ihn an. In ihren perfekt manikürten Händen hielt sie ein DVD-Cover. »Heute Filmabend? Bitteee!«

      Ben sah auf das Cover. »Ein Mann zum Wegwerfen«, las er. Vorne drauf eine strahlende Blondine und ein verwirrt guckender Kerl mit dunklen Haaren.

      »Ist das wieder so eine romantische Komödie?«

      »Ja, klar«, schrillte sie. »Was ist? Filmabend? Nur ich und mein schwuler bester Freund.«

      »Ich muss arbeiten.«